Widerspruch gegen Verwaltungsakte – Versicherte sind schriftlich über ihre Rechte zu informieren


450160_web_R_K_by_Thorben Wengert_pixelio.deEin schriftlicher oder schriftlich bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen, wenn der Beteiligte durch diesen Verwaltungsakt beschwert ist (vgl. § 36 SGB X). Der Sozialversicherungsträger hat die Beteiligten damit über den Rechtsbehelf und die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, deren Sitz, die einzuhaltende Frist und die Form schriftlich zu belehren.

Beispiel

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei……….(Name und Anschrift des Sozialversicherungsträgers, der den Verwaltungsakt erlassen hat; Ausgangsbehörde) schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.

Belehren, wenn der Beteiligte beschwert ist

Die Rechtsbehelfsbelehrung ist sowohl bei der vorgeschriebenen als auch bei der gewillkürten Schriftform oder einer schriftlichen Bestätigung erforderlich, wenn der Beteiligte beschwert ist. Für den Betroffenen ist damit eine Belastung jeder Art verbunden. Dieses kann auch bei einem begünstigenden Verwaltungsakt so sein, wenn damit ein Dritter belastet wird.

Die Belehrung muss richtig und vollständig sein

Eine Rechtsbehelfsbelehrung genügt den durch die Rechtsprechung entwickelten rechtsstaatlichen Anforderungen, wenn sie richtig und vollständig ist. Sie darf außerdem nicht durch weitere Informationen überfrachtet werden, durch Umfang, Kompliziertheit, Hervorhebung des Unwichtigen u. ä Verwirrung stiften oder gar den Eindruck erwecken, die Rechtsverfolgung sei schwieriger, als dies in Wahrheit der Fall ist . Bei derartigen Unklarheiten kann eine Gesamtwertung ergeben, dass die Rechtsbehelfsbelehrung als unrichtig anzusehen, möglicherweise für fristbezogene Irrtümer ursächlich und daher zum Ingangsetzen der Monatsfrist ungeeignet gewesen ist.

Der Inhalt der Belehrung ist gesetzlich vorgeschrieben

In der Rechtsbehelfsbelehrung ist zunächst der Rechtsbehelf zu bezeichnen, der gegen den konkreten Verwaltungsakt zulässig ist. Rechtsbehelfe sind Widerspruch und Klage. Sind aufgrund mehrerer selbstständiger Verfügungssätze des Verwaltungsakts verschiedene Rechtsbehelfe zulässig, ist darauf in der Belehrung einzugehen. In den meisten Fällen wird gegen den Verwaltungsakt nur ein Widerspruch zulässig sein (vgl. §§ 78, 83 SGG).

Die zuständige Behörde ist anzugeben

Im Falle des Widerspruchs ist die Behörde anzugeben, bei welcher der Rechtsbehelf einzureichen ist. Behörde in diesem Sinne ist der Sozialversicherungsträger, welcher den Verwaltungsakt erlassen hat (vgl. § 84 Abs. 1 SGG). Im Falle der Klage ist das örtlich zuständige Sozialgericht anzugeben (vgl. § 90 SGG).

Widerspruch oder Klage können auch bei anderen Stellen eingereicht werden (vgl. §§ 84 Abs. 2 Satz 1, 91 Abs. 1 SGG). Eine Belehrung darüber ist nicht erforderlich. Entschließt sich der Sozialversicherungsträger jedoch, über diese alternativen Möglichkeiten zu belehren, muss die Belehrung richtig und vollständig sein; sie darf nicht irreführend sein.

Sitz der Behörde ist die Gemeinde, in der sich der Sozialversicherungsträger befindet. Straße und Hausnummer müssen nicht angegeben werden, wenn der Rückschluss vom Namen der Behörde auf den Sitz eindeutig und ohne jeden Zweifel gezogen werden kann (z. B. aufgrund eindeutiger Angaben im Briefkopf).

Die Frist ist eindeutig zu benennen

Die Frist für Widerspruch oder Klage beträgt bei Bekanntgabe bzw. Zustellung des Verwaltungsakts im Inland einen Monat (vgl. §§ 84 Abs. 1, 87 Abs. 1 SGG). Widerspruch oder Klage gegen einen Verwaltungsakt, der im Ausland bekannt gegeben oder zugestellt wird, ist innerhalb von drei Monaten zu erheben (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Belehrung muss eindeutig den Zeitpunkt bezeichnen, zu dem die Frist beginnt (z. B. durch ein Datum oder durch die Bezeichnung des die Frist auslösenden Ereignisses der Bekanntgabe oder der Zustellung). Über Besonderheiten des Fristenlaufs, die mit der Kürze des Monats Februar oder mit dem Fristende an einem Sonnabend, Sonntag oder Feiertag zusammenhängen, ist nicht zu belehren. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn eine längere Frist als von einem Monat angegeben wird.

Auf die Schriftform ist einzugehen

Die Rechtsbehelfsbelehrung muss darauf eingehen, dass der Rechtsbehelf schriftlich oder zur Niederschrift einzureichen ist (vgl. § 84 Abs. 1, § 90 SGG). Es ist über beide Möglichkeiten zu informieren.

Der elektronische Rechtsverkehr hat noch keine große praktische Bedeutung

Klagen können auch elektronisch an ein Gericht übermittelt werden können (vgl. § 65a Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Teilnahme eines Gerichts am elektronischen Rechtsverkehr richtet sich nach Landesrecht bzw. Bundesrecht (z. B. für das Bundessozialgericht). In die spezifischen Vorschriften über Rechtsbehelfe (vgl. z. B. § 90 SGG) ist die elektronische Form bisher nicht eingeführt worden. Ein Hinweis auf diese Möglichkeit in einer Rechtsbehelfsbelehrung ist deswegen nicht erforderlich

Die Rechtsbehelfsfrist kann ein Jahr dauern

Eine unterbliebene, fehlerhafte oder unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung führt dazu, dass die Frist für den Rechtsbehelf nicht in Gang gesetzt wird. Der Rechtsbehelf kann vielmehr innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Jahr eingelegt werden (vgl. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Sozialversicherungsträger kann eine fehlerfreie und vollständige Rechtsbehelfsbelehrung nachträglich innerhalb der Jahresfrist mit der Folge erteilen, dass durch die Bekanntgabe der Lauf der Monatsfrist nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG beginnt.

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