Gebärdensprachdolmetscher – Die Krankenkasse trägt die Kosten


Hör- oder sprachbehinderte Menschen können bei der Ausführung von Sozialleistungen und im Verwaltungsverfahren die deutsche Gebärdensprache, lautsprachbegleitende Gebärden oder andere geeignete Kommunikationshilfen verwenden. Durch die Anwendung dieser Kommunikationshilfen können Kosten entstehen,
z. B. durch den

  • Gebärdensprachdolmetscher,
  • Schriftdolmetscher,
  • Simultanschriftdolmetscher,
  • Oraldolmetscher oder
  • Kommunikationsassistenten.

Diese Kosten werden von den zuständigen Sozialleistungsträgern übernommen. Die Vergütung von Gebärdensprachdolmetschern ist gesetzlich geregelt. Die zu tragenden Kosten richten sich nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (§ 17 Abs. 2 Satz 3 SGB I, § 19 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 4 SGB X und § 5 KHV).

Personenkreis

Hör- oder sprachbehinderte Menschen können eine deutsche Gebärdensprache oder andere Kommunikationshilfen einsetzen. Zum Personenkreis gehören

  • gehörlose Menschen (taub geborene oder bis zum 7. Lebensjahr ertaubte Menschen),
  • hochgradig schwerhörige Menschen, deren Restgehör trotz Hörhilfe (z. B. Hörgerät oder Cochlear-Implantat) nicht zur Sprachaufnahme ausreicht,
  • vollständig (nach dem 7. Lebensjahr) ertaubte Menschen,
  • taubblinde Menschen.

Ebenfalls berechtigt sind behinderte Menschen mit starker Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit (z. B. wegen autistischer Störung, einer Aphasie oder Dysarthrie). Nicht zum berechtigten Personenkreis der hörbehinderten Menschen zählen Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen (z. B. Gedächtnis- und Denkstörungen, Psychosen).

Ausführung von Sozialleistungen

Hör- oder sprachbehinderte Menschen haben das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen eine deutsche Gebärdensprache oder andere Kommunikationshilfen zu verwenden. Dies gilt insbesondere bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen. Voraussetzung dafür ist, dass ohne die Gebärdensprache die sozialen Rechte nicht oder nicht vollständig wahrgenommen werden können.

Zu den Sozialleistungen gehören in der Krankenversicherung u. a. die

  • stationäre Behandlung in einem Krankenhaus,
  • vertragsärztliche/-zahnärztliche Behandlung (einschließlich einer Behandlung im Krankenhaus im Rahmen einer Ermächtigung),
  • Abgabe von Heil- oder Hilfsmitteln,
  • Eingliederung von Zahnersatz,
  • besonderen Therapieformen (z. B. ambulante Psychotherapie, logopädische Behandlung),
  • Schwangerschaftsgymnastik.

Der hör- oder sprachbehinderte Mensch darf nicht darauf verwiesen werden, sich schriftlich zu äußern.

Amtssprache im Verwaltungsverfahren

Hör- oder sprachbehinderte Menschen dürfen zur Verständigung in der Amtssprache (deutsch) die Gebärdensprache oder andere Kommunikationshilfen verwenden. Zum Verwaltungsverfahren gehören u. a.

  • die Einleitung des Verfahrens durch einen Antrag (z. B. Leistungsantrag),
  • ein Ersuchen um Auskunft oder Beratung,
  • die Beteiligung innerhalb eines Verfahrens (z. B. aufgrund von Mitwirkungspflichten, Anhörung, Akteneinsicht) oder
  • die Wahrnehmung von Rechten und Pflichten innerhalb eines Widerspruchsverfahrens.

Höhe der Kostenübernahme

Dolmetscher erhalten eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz (JVEG). Ersetzt werden nur die Kosten des nächstgelegenen Dolmetschers am Einsatzort.
Der Anspruch auf Kostenübernahme beschränkt sich auf die deutsche Gebärdensprache und die deutsche Lautsprache. Kosten, die durch einen Fremdsprachendolmetscher bzw. eine ausländische Gebärdensprache (zusätzlich) entstehen, werden nicht übernommen.

Ein hörbehinderter Mensch kann nicht fordern, dass Leistungen in seiner Muttersprache angeboten werden (z. B. Verhaltenstherapie durch einen griechischen Muttersprachler).

Vergütung/Abrechnung

Die Vergütung für den Gebärdensprachdolmetscher regelt das Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz (JVEG). Alternativ können die Sozialleistungsträger den Einsatz und die Vergütung von Gebärdensprachdolmetschern in Verträgen vereinbaren.

Zuständiger Sozialleistungsträger

Die Kosten für einen Gebärdendolmetscher werden von dem Sozialleistungsträger übernommen, der für die Leistung zuständig ist oder das Verwaltungsverfahren durchführt.

Vertretung des hör- oder sprachbehinderten Menschen

Ein hör- oder sprachbehinderter Mensch kann im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Leistungen oder im Verwaltungsverfahren vertreten werden (z. B. ein Elternteil des minderjährigen und nicht handlungsfähigen Kindes). Wenn der Vertreter ein hör- oder sprachbehinderter Mensch ist, sind die Kosten für einen Gebärdensprachdolmetscher von dem Leistungsträger zu übernehmen, der für die Leistung oder das Verwaltungsverfahren zuständig ist.

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