Betriebliches Eingliederungsmanagement – Arbeitnehmer stufenweise belasten


Die stufenweise Wiedereingliederung in das Arbeitsleben erleichtert arbeitsunfähigen Arbeitnehmern, in das aktive Erwerbsleben zurückzukehren. Dies geschieht durch eine allmähliche Steigerung der beruflichen Belastung. Der Arbeitnehmer ist während der Wiedereingliederung arbeitsunfähig. Unterhaltssichernde Leistungen zahlt die Krankenkasse oder die Rentenversicherung. Ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht während dieser Zeit nicht, kann aber im Stufenplan vereinbart werden. Die Wiedereingliederung kann von der Krankenkasse angeregt werden.

Die Maßnahme wird durch den Arbeitgeber im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements durchgeführt. Darüber ist mit dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung zu treffen. Für unterhaltssichernde Leistungen ist vorrangig der Rentenversicherungsträger zuständig. Daraus kann sich ein Erstattungsanspruch der Krankenkasse ergeben. Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers sind auf das Kranken- oder Übergangsgeld anzurechnen.

Ziel

Die stufenweise Wiedereingliederung eines Arbeitnehmers soll

  • dessen medizinische Rehabilitation unterstützen,
  • ihn zügig in das Arbeitsleben integrieren und
  • den Erhalt des Arbeitsplatzes sichern.

Dabei kooperieren Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Arzt und Krankenkasse (oder ein anderer Rehabilitationsträger). Jeder Beteiligte kann eine stufenweise Wiedereingliederung anregen. Ärzte sollen in geeigneten Fällen auf die Maßnahme hinweisen. Das Ziel ist erreicht, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, seine bisherige Tätigkeit wieder aufnimmt und das Arbeitsverhältnis erhalten bleibt. Die Rehabilitationsträger sind aufgefordert, aktiv die Voraussetzungen für eine stufenweise Wiedereingliederung zu prüfen und darauf hinzuwirken.

Voraussetzungen

Medizinische und ergänzende Leistungen sollen entsprechend der Zielsetzung einer besseren Wiedereingliederung in das Erwerbsleben erbracht werden, wenn arbeitsunfähige Versicherte

  • nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten können und
  • dies durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser gelingen wird.

Unter den gleichen Voraussetzungen ist die stufenweise Wiedereingliederung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung geregelt. Die Regelungen im SGB IX und SGB V haben gemeinsam, dass der behinderte Mensch

  • arbeitsunfähig ist,
  • seine bisherige Tätigkeit nur teilweise verrichten kann und
  • durch stufenweise Wiederaufnahme dieser Tätigkeit voraussichtlich eine bessere Wiedereingliederungsmöglichkeit erhält.

Hinweis

Die Vorschriften sind Soll-Vorschriften. Die Leistungsträger haben danach nur ein eingeschränktes Ermessen und müssen die Normen beachten. Nur im Ausnahmefall ist dem Leistungsträger ein Ermessen eingeräumt. Als Ausnahme kommt z. B. eine atypische Fallgestaltung in Betracht.

Beteiligung des Arbeitgebers

Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen der stufenweisen Wiedereingliederung stets zustimmen. Außerdem muss der Arbeitnehmer arbeitsunfähig sein und darf seine bisherige Tätigkeit nur teilweise verrichten können. Die stufenweise Wiedereingliederung zielt darauf ab, das vorhandene Arbeitsverhältnis zu erhalten. Die Zustimmung des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers ist freiwillig.

In einem Wiedereingliederungsplan vereinbaren der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, wie die stufenweise Wiederaufnahme ablaufen soll. Der Plan geht vor allem darauf ein,

  • mit welchem Zeitaufwand der Arbeitnehmer an die Arbeitsbelastung herangeführt wird,
  • in welchen Intervallen die Belastung gesteigert wird und
  • welche arbeitsbedingten Belastungen zu vermeiden sind.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Die stufenweise Wiedereingliederung wird im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements vereinbart. Die Vorschrift gilt für alle Arbeitnehmer und ist nicht auf behinderte Menschen beschränkt. Es ist durchzuführen, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist. Bei schwerbehinderten Arbeitnehmern greift das Prinzip der Freiwilligkeit ebenfalls nicht. Den Arbeitgeber trifft vielmehr eine Mitwirkungspflicht, personenbedingte Schwierigkeiten durch eine Wiedereingliederung zu beseitigen, um das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft fortsetzen zu können. Der Arbeitgeber hat ggf. zu begründen, warum eine stufenweise Wiedereingliederung nicht möglich ist.

Indikationen/Dauer

Grundsätzlich kann nach jeder schweren oder chronischen Erkrankung eine stufenweise Wiedereingliederung angebracht sein. Als Indikation kommen vor allem

  • Krankheiten des Herzens und der Gefäße,
  • rheumatische Erkrankungen und Arthrosen,
  • Krankheiten und Zustand nach Operationen an Rücken und Gelenken, Atmungsorganen, Verdauungsorganen oder Nieren und Harnwegsorganen,
  • Stoffwechselkrankheiten,
  • neurologische Krankheiten,
  • Krebserkrankungen oder
  • psychische Erkrankungen

in Betracht. Die Dauer richtet sich nach den medizinischen und betrieblichen Bedingungen und kann zwischen 6 Wochen und 6 Monaten liegen.

Stufenplan

Die stufenweise Wiedereingliederung kann von einer Rehabilitationseinrichtung, der Krankenkasse oder anderen Stellen angeregt werden. Auch Arbeitgeber können die stufenweise Wiedereingliederung anregen. Über die Maßnahme wird ein Stufenplan erstellt, dem der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zustimmen müssen. Der Stufenplan enthält insbesondere

  • Beginn und Ende der Maßnahme,
  • Einzelheiten über die verschiedenen Stufen,
  • ein Rücktrittsrecht vor dem vereinbarten Ende,
  • Gründe für einen Abbruch,
  • Ruhen von Bestimmungen im Arbeitsvertrag während der Dauer der stufenweisen Wiedereingliederung und
  • Höhe eines eventuellen Arbeitsentgeltes.

Der Stufenplan ist fortzuschreiben, wenn sich die Verhältnisse ändern.

Krankengeld

Wenn der Arbeitnehmer krankenversichert und arbeitsunfähig ist und der Anspruch noch nicht erschöpft ist, erhält er während der Wiedereingliederung Krankengeld von seiner Krankenkasse. Krankengeld wird nicht gezahlt, wenn der Rentenversicherungsträger vorrangig zuständig ist und Übergangsgeld zahlt. Das Krankengeld ruht dann in voller Höhe. Arbeitgeberleistungen werden unabhängig von ihrer Art (Zuschuss oder Arbeitsentgelt) leistungsrechtlich gleich behandelt. Eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers wird auf das Krankengeld angerechnet, wenn das Arbeitsentgelt und Krankengeld zusammen das Netto-Arbeitsentgelt um nicht mehr als 50 EUR im Monat überschreiten.

Übergangsgeld

Wenn die stufenweise Wiedereingliederung spätestens 4 Wochen nach einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger beginnt und von der Rehabilitationseinrichtung angeregt wurde, zahlt dieser Übergangsgeld. Außerdem sind die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Rehabilitation zu erfüllen. Der Anspruch auf Krankengeld ruht in dieser Zeit in voller Höhe.

Verfahren

Die Rehabilitationseinrichtung oder der behandelnde Arzt beurteilt, ob eine stufenweise Wiedereingliederung notwendig ist und leitet diese ein. Dazu ist Einvernehmen mit dem Arbeitgeber und dem Versicherten herzustellen, die der Maßnahme zuzustimmen haben. Alternativ dazu kann die Krankenkasse innerhalb von 14 Tagen nach der Entlassung aus der Rehabilitationseinrichtung eine stufenweise Wiedereingliederung beim Rentenversicherungsträger anregen. Bedarf es längerer Zeit, die Zuständigkeit der Kranken- oder Rentenversicherung zu klären, erhält der Versicherte von der Krankenkasse einen Vorschuss in Höhe des Übergangsgeldes.

Bild: Martin Büdenbender  / pixelio.de


3 Antworten zu “Betriebliches Eingliederungsmanagement – Arbeitnehmer stufenweise belasten”

  1. Ich bin seit Oktober 2017 wegen einem Tennisarm krank und wurde letzte Woche operiert. Hab ich Anspruch auf eine Wiedereingliederung

  2. Hätte da mal eine Frage !
    Wird Reha (Kur) bzw Wiedereingliederung auf die 78 Wochen Krankengeld angerechnet?
    Zu meine Fall : Ich bezog von 11.06.2012 bis 08.12.2013 Krankengeld kam dann 12.09.2013 bis 03.10.2013 in Reha und machte anschließend Wiedereingliederung und bekam ab dem 04.10.2013 meine Leistung von der Deutschen Rentenversicherung bis zu Ende der Wiedereingliederung die genau mit dem „Ablauf“ des Krankengeld endete sprich 08.12.2013.Die genau Frage wäre ob die Leistung von der Deutschen Rentenversicherung von 04.10.2013 bis 08.12.2013 bezahlt wurde also 3 Monat auf mein Krankengeld angerechnet werden weil würde man die 12 Wochen von den 78 abziehen hätte ich keine 78 Wochen Krankengeld bezogen sondern nur 66 Wochen !!!

    Mit freundlichen Grüßen

    Martin Häussler