Krankengeld – Einmalzahlungen


Beitragspflichtige Teile aus Einmalzahlungen der letzten 12 Kalendermonate vor der Arbeitsunfähigkeit werden bei der Berechnung des Regelentgelts berücksichtigt. Sie ergeben einen Hinzurechnungsbetrag, der gemeinsam mit dem Regelentgelt aus dem laufenden Arbeitsentgelt das kumulierte Regelentgelt bildet. Beim Vergleich mit dem Nettoarbeitsentgelt ist ebenfalls ein Hinzurechnungsbetrag zu berücksichtigen. Insgesamt darf das Krankengeld 100 % des laufenden Nettoarbeitsentgelts nicht überschreiten.

Rechtsgrundlagen

Der Hinzurechnungsbetrag des kumulierten Regelentgelts wird nach § 47 Abs. 2 Satz 6 SGB V berechnet. Der Hinzurechnungsbetrag des Nettoarbeitsentgelts richtet sich nach § 47 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Die Begrenzung auf 100 % des laufenden Nettoarbeitsentgelts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 4 SGB V.

Die Berechnung der Hinzurechnungsbeträge erläutert das Gemeinsame Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Kranken- und Unfallversicherungsträger (GR v. 3.12.2020).

Regelentgelt

Hinzurechnungsbetrag, kumuliertes Regelentgelt

Hinzurechnungsbetrag ist 1/360 des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts. Dabei handelt es sich um Zuwendungen des Arbeitgebers, die nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden (§ 23a Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Berücksichtigt werden Einmalzahlungen, von denen in den letzten 12 Kalendermonaten vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit Beiträge zur Krankenversicherung berechnet wurden. Der zusammenhängende Zeitraum endet stets mit dem letzten abgerechneten Kalendermonat, der für die Berechnung des Krankengeldes aus dem laufenden Arbeitsentgelt maßgebend ist.

Bei der Berechnung des Bemessungsentgelts (Regelentgelt) als Grundlage der Beitragsberechnung sind auch beitragspflichtige Einmalzahlungen zu berücksichtigen. Diese werden mit dem Anteil berechnet, der im jeweiligen Versicherungszweig (Pflege-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung) beitragspflichtig ist.

Eine Einmalzahlung ist in Höhe der Differenz zwischen dem laufenden Arbeitsentgelt und der anteiligen Jahres-Beitragsbemessungsgrenze beitragspflichtig (§ 23a Abs. 3 Satz 1 SGB IV).

Beispiel – Beitragspflichtiger Teil der Einmalzahlung
Laufendes Arbeitsentgelt (mtl. Gehalt)3.250 EUR
Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt vom 15.6.202210.000 EUR
Monatliche Beitragsbemessungsgrenze (KV 2022)4.837,50 EUR
Anteilige Beitragsbemessungsgrenze Januar bis Juni 202229.025 EUR
Laufendes beitragspflichtiges Arbeitsentgelt Januar bis Juni 202219.500 EUR
Differenz zwischen bisherigem laufenden Arbeitsentgelt und anteiliger Beitragsbemessungsgrenze9.525 EUR
Beitragspflichtiger Teil des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts9.525 EUR

Innerhalb des Zeitraums von 12 Kalendermonaten sind beitragspflichtige Einmalzahlungen verschiedener Arbeitgeber zu berücksichtigen. Das gilt auch für Beschäftigungsverhältnisse, die in der Vergangenheit beendet wurden. Bei einem Wechsel der Krankenkasse sind Einmalzahlungen von der aktuell zuständigen Krankenkasse zu berücksichtigen, auch wenn die Beiträge an eine früher zuständige Krankenkasse abgeführt wurden.

Die Addition des Regelentgelts aus dem laufenden Arbeitsentgelt und des Hinzurechnungsbetrags ergibt das kumulierte Regelentgelt.

Beispiel – Hinzurechnungsbetrag
Bruttoarbeitsentgelt (festes Monatsgehalt)2.300 EUR
beitragspflichtige Einmalzahlungen4.500 EUR
Regelentgelt (2.300 EUR : 30 =)76,67 EUR
Bruttohinzurechnungsbetrag (4.500 EUR : 360 =)12,50 EUR
kumuliertes Regelentgelt89,17 EUR

Das kumulierte Regelentgelt darf das maßgebliche Höchstregelentgelt nicht überschreiten (2022: 161,25 EUR).

12-Monats-Zeitraum

Es werden nur die Einmalzahlungen aus den letzten 12 Kalendermonaten vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt. Die Jahresfrist wird unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses und möglicher Unterbrechungen (z. B. durch Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit) gebildet. Es sind auch Einmalzahlungen verschiedener Arbeitgeber zu berücksichtigen. Dieses gilt unabhängig davon, ob die Beiträge an Krankenkassen abgeführt wurden, die nicht für die aktuelle Krankengeldzahlung zuständig sind.

In der Praxis endet die Jahresfrist mit dem Kalendermonat, aus dem das laufende Arbeitsentgelt für die Berechnung des Regelentgelts stammt. Eine Auslegung am Wortlaut des Gesetzes kann zu anderen Ergebnissen führen.

Beispiel – Bestimmung des 12-Monats-Zeitraums
Beginn der Arbeitsunfähigkeit13.1.2022
Bemessungszeitraum für das RegelentgeltDezember 2021
12-Monats-Zeitraum für die Berücksichtigung der Einmalzahlungen1.1.2021 bis 31.12.2021

§ 47 Abs. 2 Satz 6 SGB V sowie die Begründung hierzu nennen keine Tatbestände, die zur Verlängerung der Jahresfrist führen. Daher ist z. B. auch bei zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit oder zwischenzeitlicher Familienversicherung des Arbeitsunfähigen immer von einem zusammenhängenden 12-Monats-Zeitraum auszugehen.

März-Klausel

Die „März-Klausel“ wird nicht berücksichtigt. Entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem die Einmalzahlung dem Versicherten zugeflossen ist. Damit wird vermieden, dass es ggf. zu Nachberechnungen des Krankengeldes aus dem Vorjahr kommt.

Nettoarbeitsentgelt

Das Nettoarbeitsentgelt wird zunächst aus dem laufenden Arbeitsentgelt ohne Berücksichtigung von Einmalzahlungen ermittelt. Es wird anschließend um einen kalendertäglichen Hinzurechnungsbetrag erhöht. Hierzu ist das Verhältnis zwischen dem Regelentgelt und dem kalendertäglichen Nettoarbeitsentgelt aus dem laufenden Arbeitsentgelt zu ermitteln. Der Hinzurechnungsbetrag des Regelentgelts wird in diesem Verhältnis als Hinzurechnungsbetrag für das Nettoarbeitsentgelt berücksichtigt.

Beispiel – Hinzurechnungsbetrag vom Nettoarbeitsentgelt
Bruttoarbeitsentgelt (laufendes Arbeitsentgelt)3.500 EUR
Nettoarbeitsentgelt (laufendes Arbeitsentgelt)2.200 EUR
in der Krankenversicherung beitragspflichtiger Teil der Einmalzahlung (brutto)3.500 EUR
Regelentgelt (3.500 EUR : 30)116,67 EUR
Hinzurechnungsbetrag (Regelentgelt; 3.500 EUR : 360)9,72 EUR
kumuliertes Regelentgelt126,39 EUR
Netto-Arbeitsentgelt (2.200 EUR : 30)73,33 EUR
Hinzurechnungsbetrag (Netto-Arbeitsentgelt; ((73,33 EUR : 116,67 EUR) x 9,72 EUR)6,11 EUR
kumuliertes Netto-Arbeitsentgelt79,44 EUR

Bei der Berechnung des Hinzurechnungsbetrags wird das rechnerisch ermittelte Regelentgelt aus dem laufenden Arbeitsentgelt berücksichtigt. Es wird auch dann herangezogen, wenn es das Höchstregelentgelt übersteigt. Anderenfalls würde die „individuelle Brutto-/Nettolohnrelation“ verfälscht.

Beispiel – Hinzurechnungsbetrag vom Nettoarbeitsentgelt
Brutto-Arbeitsentgelt (laufendes Arbeitsentgelt)4.800,00 EU
Netto-Arbeitsentgelt (aus dem laufenden Arbeitsentgelt)3.000 EUR
in der Krankenversicherung beitragspflichtiger Teil der Einmalzahlung (brutto)3.000 EUR
Regelentgelt (4.800 EUR : 30)160 EUR
Hinzurechnungsbetrag (Regelentgelt; 3.000 EUR : 360)8,33 EUR
kumuliertes Regelentgelt168,33 EUR
Begrenzung auf das Höchstregelentgelt (2022)161,25 EUR
Netto-Arbeitsentgelt (3.000 EUR : 30)100 EUR
Hinzurechnungsbetrag Netto-Arbeitsentgelt ((100 EUR : 160 EUR) x 8,33 EUR)5,21 EUR
kumuliertes Netto-Arbeitsentgelt105,21 EUR

Höhe des Krankengeldes

Das Krankengeld beträgt 70 % des (Höchst-)Regelentgelts. Es ist auf 90 % des kumulierten Netto-Arbeitsentgelts zu begrenzen. Der so ermittelte Zahlbetrag darf 100 % des aus dem laufenden Arbeitsentgelt ermittelten kalendertäglichen Nettoarbeitsentgelts nicht überschreiten. Es sind somit ein weiterer Vergleich und ggf. eine weitere Begrenzung vorzunehmen. Damit ist sichergestellt, dass durch die Berücksichtigung von Einmalzahlungen die wirtschaftliche Situation des Versicherten nicht verzerrt und dieser möglicherweise bessergestellt ist, als er ohne Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gestellt gewesen wäre.

Beispiel – Begrenzung auf das laufende Nettoarbeitsentgelt
Brutto-Arbeitsentgelt (laufendes Arbeitsentgelt)4.380,00 EUR
Netto-Arbeitsentgelt (laufendes Arbeitsentgelt)2.700,00 EUR
in der Krankenversicherung beitragspflichtiger Teil der Einmalzahlung (brutto)6.000 EUR
Regelentgelt (4.380 EUR : 30)146 EUR
Hinzurechnungsbetrag (Regelentgelt; 6.000,00 EUR : 360)16,67 EUR
kumuliertes Regelentgelt162,67 EUR
Begrenzung auf das Höchstregelentgelt (2022)161,25 EUR
Krankengeld (70 % des Höchstregelentgelts)112,88 EUR
Netto-Arbeitsentgelt (2.700 EUR : 30)90 EUR
Hinzurechnungsbetrag Netto-Arbeitsentgelt ((90 EUR : 146 EUR) x 16,67 EUR)10,28 EUR
kumuliertes Netto-Arbeitsentgelt100,28 EUR
Krankengeld (Begrenzung auf 90 % des Netto-Arbeitsentgelts)90,25 EUR
Vergleich mit dem laufenden Netto-Arbeitsentgelt90 EUR
Zahlbetrag des Krankengeldes90 EUR

Die Begrenzung auf 100 % des aus dem laufenden Arbeitsentgelt ermittelten kalendertäglichen Netto-Arbeitsentgelts ist nur dann zulässig, wenn die berücksichtigten Einmalzahlungen überwiegend aus Vergütungsbestandteilen bestehen, die der Arbeitgeber trotz krankheitsbedingter Fehltage zahlen muss oder allenfalls aufgrund einer Vereinbarung nach § 4a EFZG kürzen darf (BSG, Urteil v. 21.2.2006, B 1 KR 11/05 R).

Wenn im Fall der Arbeitsunfähigkeit vollständig wegfallende Sonderzahlungen mehr als 1/3 der berücksichtigten Einmalzahlungen ausmachen, dann ist eine Begrenzung des Krankengeldes auf 100 % des aus dem laufenden Arbeitsentgelt ermittelten kalendertäglichen Netto-Arbeitsentgelts nicht zulässig.

Besondere Personengruppen

Mehrfachbeschäftigte

Die Regel- und Nettoarbeitsentgelte sind für jedes Beschäftigungsverhältnis zu errechnen. Die „individuelle kalendertägliche Brutto-/Nettolohnrelation“ ist in den jeweiligen Beschäftigungsverhältnissen erfahrungsgemäß unterschiedlich hoch. Daher sind die Hinzurechnungsbeträge zum Regelentgelt und zum Nettoarbeitsentgelt für die Einmalzahlungen aus jedem Beschäftigungsverhältnis gesondert zu ermitteln.

Beispiel – Berechnung bei Mehrfachbeschäftigten
Beginn der Arbeitsunfähigkeit20.3.2022
letzter abgerechneter KalendermonatFebruar 2022
12-Monats-Zeitraum für die Berücksichtigung der Einmalzahlungen1.3.2021 bis 28.2.2022
Beschäftigung A
Bruttoarbeitsentgelt1.350,00 EUR
Nettoarbeitsentgelt1.050,00 EUR
beitragspflichtige Einmalzahlungen1.350,00 EUR
Beschäftigung B
Bruttoarbeitsentgelt3.200,00 EUR
Nettoarbeitsentgelt2.000,00 EUR
beitragspflichtige Einmalzahlungen3.200,00 EUR
Berechnung des Regelentgelts
Beschäftigung A
Regelentgelt1.350 EUR : 3045 EUR
Hinzurechnungsbetrag Einmalzahlung1.350 EUR : 3603,75 EUR
kumuliertes Regelentgelt48,75 EUR
Beschäftigung B
Regelentgelt3.200 EUR : 30106,67 EUR
Hinzurechnungsbetrag Einmalzahlung3.200 EUR : 3608,89 EUR
kumuliertes Regelentgelt115,56 EUR
Berechnung des Regelentgelts
Kumulierte Regelentgelte (Summe)164,31 EUR
Höchstregelentgelt 2022161,25 EUR
Regelentgelt A(161,25 EUR : 164,31 EUR ) x 48,75 EUR47,84 EUR
Regelentgelt B(161,25 EUR : 164,31 EUR) x 115,56 EUR113,41 EUR
Regelentgelt (gesamt)161,25 EUR
Berechnung des Nettoarbeitsentgelts
Beschäftigung A
Nettoarbeitsentgelt1.050 EUR : 3035,00 EUR
Netto-Hinzurechnungsbetrag (35 EUR : 45 EUR) x 3,75 EUR)2,92 EUR
Kumuliertes Nettoarbeitsentgelt37,92 EUR
Beschäftigung B
Nettoarbeitsentgelt2.000 EUR : 3066,67 EUR
Netto-Hinzurechnungsbetrag(66,67 EUR : 106,67 EUR) x 8,89 EUR5,56 EU
Kumuliertes Nettoarbeitsentgelt72,23 EUR
Berechnung des Krankengeldes
Beschäftigung A
70 % des Regelentgelts (47,84 EUR)33,49 EUR
90 % des kumulierten Nettoarbeitsentgelts (37,92 EUR)34,13 EUR
Krankengeld33,49 EUR
Beschäftigung B
70 % des Regelentgelts (113,41 EUR)79,39 EUR
90 % des kumulierten Nettoarbeitsentgelts (72,23 EUR)65,01 EUR
Krankengeld65,01 EUR
Krankengeld gesamt
Beschäftigung A33,49 EUR
Beschäftigung B65,01 EUR
Krankengeld98,50 EUR
100 % des laufenden Nettoarbeitsentgelts aus A + B101,67 EUR
Die Höchstgrenze von 100 % des laufenden Nettoarbeitsentgelts wird nicht erreicht.

Bezieher von Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III

Die Bezieher von Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld erhalten Krankengeld in Höhe der Leistung nach dem SGB III. Beim Arbeitslosengeld werden auch Einmalzahlungen berücksichtigt. Entsprechend höhere Leistungen führen im Fall der Arbeitsunfähigkeit unmittelbar zu einem höheren Krankengeld. Bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes bleiben Einmalzahlungen außer Betracht.

Das aus dem Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld ermittelte Krankengeld wird nicht nach § 70 SGB IX angepasst.

Beschäftigungsverhältnis neben Arbeitslosengeldbezug

Besteht Versicherungspflicht in der Krankenversicherung sowohl aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses als auch aufgrund eines Arbeitslosengeldbezugs, dann hat der Versicherte im Fall der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich aus beiden Versicherungsverhältnissen einen Krankengeldanspruch. Der Berechnung von Arbeitslosengeld liegen auch die beitragspflichtigen Einmalzahlungen aus einem beendeten Beschäftigungsverhältnis zugrunde, sodass das Krankengeld nach § 47b SGB V bereits erhöht ist. Die Einmalzahlungen aus dem beendeten Beschäftigungsverhältnis werden daher bei der Berechnung des Krankengeldes nach § 47 SGB V nicht mehr berücksichtigt.

Bild: Thorben Wengert, pixelio.de


2 Antworten zu “Krankengeld – Einmalzahlungen”

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