Archiv 2007


 

BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 19/06 R

Krankengeld: Die freiwillige Mitgliedschaft eines „höherverdienenden“ Arbeitnehmers bleibt über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus bestehen. Der Antrag auf Krankengeld wird durch einen Verwaltungsakt abgelehnt, wenn die Arbeitsunfähigkeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses eintritt. Auf einen nachgehenden Leistungsanspruch kann sich der Versicherte nicht berufen.

BSG, Urteil vom 19. April 2007, B 3 KR 9/06 R –

Hilfsmittelversorgung: Der behinderungsgerechte Umbau eines PKW kann im Einzelfall in die Leistungspflicht einer Krankenkasse fallen, wenn damit die Benutzung eines PKW ermöglicht und die Unfähigkeit zu gehen ausgeglichen wird. Es ist dazu erforderlich, dass der Nahbereich des Versicherten ohne den Umbau nicht erschlossen werden kann. Der behinderungsgerechte Umbau eines PKW gehört nicht in die Leistungspflicht einer Krankenkasse, wenn der Versicherte in seinem Nahbereich auch ohne PKW Ärzte, Apotheken und Therapeuten erreichen kann.

BAG, Urteil vom 14. März 2007, 5 AZR 514/06

Entgeltfortzahlung: Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung für eine Wiederholungserkrankung entsteht erneut für längstens sechs Wochen, wenn der Arbeitnehmer vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war. Alternativ besteht ein neuer Anspruch, wenn seit dem Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei einer Wiederholungserkrankung setzt voraus, dass die erneute Arbeitsunfähigkeit nach dem Ablauf der Frist von 12 Monaten beginnt.

BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, B 7a AL 2/06 R-

Rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt: Ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt ist nach § 44 Abs. 1 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewendet worden ist und Sozialleistungen deswegen nicht erbracht worden sind. Die Regelung gilt auch für unanfechtbare Entscheidungen. Ermessen hinsichtlich der rückwirkenden Aufhebung ist nicht eingeräumt.

BSG, Urteil vom 7. November 2006, B 1 KR 24/06 R

Leistungsausschluss bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen: Die Vorschriften des SGB V, nach denen neue ärztliche Behandlungsmethoden von der Leistungsverpflichtung ausgeschlossen sind, sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die verfassungskonformen Regelungen des SGB V werden allerdings verfassungswidrig ausgelegt, wenn sich eine Krankenkasse darauf auch bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheiten beruft.

BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006, B 10 EG 6/04 R

Verwaltungsakt mit Dauerwirkung: Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. In bestimmten Fällen soll der Sozialversicherungsträger den Verwaltungsakt rückwirkend vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufheben. Bei typischen Fallgestaltungen muss rückwirkend aufgehoben werden. Nur in atypischen Fällen ist Ermessen eingeräumt und muss betätigt werden.

BSG, Urteil vom 6. Juli 2006, B 9a VG 1/05 R

Entschädigung nach dem OEG: Opfer von Gewalttaten erhalten wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer gesundheitlichen Schädigung Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG). Leistungen sind ohne Ermessensspielraum durch die Versorgungsbehörde zu versagen, wenn eine Entschädigung aus im eigenen Verhalten des Anspruchstellers liegenden Gründen unbillig wäre (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 OEG).

BSG, Urteil vom 30. Mai 2006, B 1 KR 14/05 R

Krankengeld und Rente: Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und dadurch Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen entgeht (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Ausgeschlossen vom Krankengeldanspruch sind nur bestimmte Versicherte (z. B. Familienversicherte; vgl. § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Der Krankengeldanspruch steht auch Versicherten in der Krankenversicherung der Rentner zu, wenn durch die Arbeitsunfähigkeit ein Arbeitseinkommen entgeht. Der Anspruch auf Krankengeld ist allerdings ausgeschlossen, wenn eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder eine Vollrente wegen Alters bezogen wird (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V).

BSG, Urteil vom 30. Mai 2006, B 1 KR 19/05 R

Krankengeld: Wenn die Arbeitsunfähigkeit in einem „jungen Arbeitsverhältnis“ vor dem Ablauf des relevanten Bemessungszeitraums eintritt, dann ist das Krankengeld vorrangig nach den individuellen Verhältnissen zu berechnen, die gewissenhaft zu schätzen sind. Für das aus Arbeitsentgelt berechnete Regelentgelt ist als Bemessungszeitraum der letzte vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechnete und mindestens vier Wochen umfassende Entgeltabrechnungszeitraum heranzuziehen (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V).

BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 21/05 R

Krankenversicherung der Arbeitslosen: Der Maßstab für eine Arbeitsunfähigkeit ergibt sich für Bezieher von Arbeitslosengeld aus deren aktuellem Versicherungsverhältnis. Eine frühere Beschäftigung wird dabei nicht berücksichtigt, wenn die Arbeitsunfähigkeit erst nach deren Beendigung und während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB III eingetreten ist. Ein „Berufsschutz“ für die ersten sechs Monate der Arbeitslosigkeit lässt sich aus dem zeitlich abgestuften Arbeitsentgeltschutz nach § 121 Abs. 3 SGB III nicht herleiten.

BSG, Urteil vom 2. Februar 2006, B 10 EG 9/05 R

Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch: Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. § 27 SGB X) ist davon abhängig, dass eine gesetzliche Frist ohne Verschulden nicht eingehalten wurde. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Wiedereinsetzungsanspruch bei höherer Gewalt möglich. Daneben ist das richterrechtliche Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu prüfen, weil die Rechtsinstitute der Wiedereinsetzung und des Herstellungsanspruchs nicht deckungsgleich sind.

BSG, Urteil vom 8. November  2005, B 1 KR 30/04 R

Krankengeld: Der Anspruch auf Krankengeld (Umfang des Versicherungsschutzes) richtet sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt wirksam ist, zu dem der Anspruch auf Krankengeld entsteht. Für diesen Zeitpunkt ist grundsätzlich auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit abzustellen. Nur innerhalb enger Grenzen kann Krankengeld vom Zeitpunkt der Feststellung an rückwirkend beansprucht werden. Die Frist aus § 44 Abs. 4 SGB X ist zu beachten.

BSG, Urteil vom 27. September 2005, B 1 KR 28/03 R

Extrakorporale Stoßwellentherapie: Die extrakorporale Stoßwellentherapie ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 SGB V. Sie darf nicht zu Lasten einer Krankenkasse erbracht werden, da es an einer entsprechenden Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (vgl. § 91 SGB V) fehlt. Eine Kostenerstattung nach erfolgter Behandlung ist ausgeschlossen. Davon kann nur abgewichen werden, wenn Versicherte an einer lebensbedrohlichen oder tödlichen Erkrankung leiden.

BSG, Urteil vom 10. Mai 2005, B 1 KR 22/03 R

Aufwendungsausgleichsgesetz: Arbeitgeber, die am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (bis zum 31. Dezember 2005: Lohnfortzahlungsgesetz) teilnehmen, haben Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur berufsständischen Alterssicherung.

BSG, Urteil vom 19.2.2003, B 1 KR 1/02 R

 

Chirurgische Behandlung der extremen Adipositas: Die Implantation eines Magenbands fällt als Ultima Ratio in die Leistungspflicht einer gesetzlichen Krankenkasse. Eine Einzelfallprüfung ist erforderlich. Adipositas ist unter bestimmten Voraussetzungen eine behandlungsbedürftige Krankheit und begründet einen Anspruch auf die Leistungen der Krankenbehandlung. Diese umfasst auch die chirurgische Behandlung in einem Krankenhaus zum „Gastric Banding“, wenn u. a. konservative Behandlungsmethoden als Alternativen ausgeschieden sind.

 

 

 

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