Entgeltfortzahlung – Anspruch, Dauer, Ausschluss

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  • Beitrag zuletzt geändert am:2. April 2021
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Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt für alle Arbeitnehmer die Entgeltfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen und im Krankheitsfall. Arbeitnehmer in diesem Sinne sind Arbeiter, Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten (vgl. § 1 Abs. 2 EFZG).

Heimarbeiter, Hausgewerbetreibende und ihnen Gleichgestellte erhalten im Krankheitsfall keine Entgeltfortzahlung, sondern einen Zuschlag zum Arbeitsentgelt (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 EFZG). Personen, die verkürzt arbeiten und Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz erhalten, sind für Zeiten, an denen sie zur Arbeitsleistung verpflichtet sind, ebenfalls als Arbeitnehmer anzusehen.

2 Voraussetzungen

2.1 Räumlicher Anwendungsbereich

Der räumliche Geltungsbereich des EFZG umfasst unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Arbeitsvertragsparteien die Bundesrepublik Deutschland. In diesem Gebiet muss der Beschäftigungsort liegen. Auf den Wohn- oder Aufenthaltsort des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers kommt es nicht an. Das EFZG gilt auch dann, wenn die außerhalb der Bundesrepublik ausgeübte Beschäftigung als Ausstrahlung der inländischen Beschäftigung anzusehen ist (vgl. § 4 SGB IV). Umgekehrt haben Personen, deren Beschäftigung in der Bundesrepublik als Einstrahlung im Sinne des § 5 SGB IV anzusehen ist, keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem EFZG.

Bei einer Entsendung oder einem im Ausland geschlossenen Arbeitsvertrag gelten die Grundsätze des internationalen Privatrechts (vgl. Art. 27 ff. Einführungsgesetz des BGB-EGBGB). Die Vertragsparteien können grundsätzlich wählen, ob deutsches Recht oder das Recht am Arbeitsort Anwendung finden soll (vgl. Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) . Für die Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Entsendung ins Ausland kommt es also entscheidend darauf an, welches Recht arbeitsvertraglich vereinbart worden ist. Folgende Wahlmöglichkeiten sind denkbar:

  • Das EFZG findet auf den im Ausland tätigen Arbeitnehmer uneingeschränkt Anwendung, wenn deutsches Recht vereinbart wurde.
  • Es gilt das Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, wenn keine Rechtswahl getroffen wurde und keine überzeugenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Vertragsparteien deutsches Recht für die Tätigkeit im Ausland nicht vereinbaren wollten (vgl. Art. 30 Abs. 2 Ziffer 1 EGBGB). Für einen aus Deutschland ins Ausland entsandten Arbeitnehmer gelten also bei fehlender Rechtswahl grundsätzlich die Regelungen des EFZG. Sofern ein Arbeitnehmer allerdings gewöhnlich nicht in demselben Staat seine Arbeit verrichtet, gilt das Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat (vgl. Art. 30 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB). Weist der Arbeitsvertrag engere Verbindungen zu einem anderen Staat auf, ist abweichend das Recht dieses anderen Staates anzuwenden (vgl. Art. 30 Abs. 2 2. Halbsatz EGBGB). Dieses kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein ausländischer Beschäftigter nur zur Vertragsunterzeichnung nach Deutschland kommt, die Arbeitsleistung aber von Anfang an in einer Betriebsstätte an seinem ausländischen Wohnort erbracht wird.
  • Wenn die Anwendung ausländischen Rechts vereinbart wurde, darf die freie Rechtswahl nicht dazu führen, dem Beschäftigten den Schutzrahmen des deutschen Arbeitsrechts zu entziehen (vgl. Art. 30 Abs. 1 EGBGB). Sind die ausländischen Regelungen zur Entgeltfortzahlung eindeutig ungünstiger als die deutschen und wäre bei fehlender Rechtswahl deutsches Recht anzuwenden, gelten trotz Vereinbarung ausländischen Rechts die Regelungen des EFZG.

Indizien für die Wahl deutschen Rechts sind

  • Vereinbarung eines deutschen Gerichtsstands,
  • Bezugnahme auf deutsche Rechtsvorschriften,
  • Verwendung juristischer Klauseln, die auf deutsches Recht zugeschnitten sind,
  • Vereinbarung eines gemeinsamen Erfüllungsorts in Deutschland,
  • Entgeltzahlung in deutscher Währung oder
  • Vertragsabschluss in Deutschland.

Grenzen der freien Rechtswahl setzt Art. 30 Abs. 1 EGBGB. In grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen darf zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht, das ohne die Rechtswahl zur Anwendung käme, nicht ausgeschaltet werden. In diesen Fällen kann es zu einem „Mischrecht“ aus zwei verschiedenen Rechtsordnungen kommen. Dann ist ein Günstigkeitsvergleich zwischen den Normen des gewählten und des deutschen Arbeitnehmerschutzrechts erforderlich. Dieser ist zwischen den Gruppen sachlich zusammenhängender Regelungen vorzunehmen, nicht aber zwischen den Gesamtrechtsordnungen oder anhand einzelner Vorschriften.

Durch die Rechtswahl einer fremden Rechtsordnung kann zudem nicht von international zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts abgewichen werden (vgl. Art. 34 EGBGB). Diese Normen haben Vorrang; einen Günstigkeitsvergleich gibt es nicht (vgl. §§ 17 ff. KSchG, §§ 9, 11 f. MuSchG, §§ 15, 18 BErzGG).

Ohne Rechtswahl gilt das Arbeitsrecht des gewöhnlichen Arbeitsorts. Das gilt auch bei einer vorübergehenden Entsendung in einen anderen Staat (vgl. Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB). Bei einer Erfüllung des Arbeitsvertrags in verschiedenen Staaten gilt das Recht des Arbeitgebers an dem Betriebssitz, an dem der Arbeitnehmer eingestellt wurde (vgl. Art. 30 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB). Der gewöhnliche Arbeitsort ist bei Eingliederung in einen Betrieb der Betriebssitz, ansonsten der Ort, an dem die Tätigkeit schwerpunktmäßig ausgeübt wird .
Kann ein gewöhnlicher Arbeitsort infolge ständig wechselnder Einsatzorte nicht festgestellt werden (z. B. bei Monteuren oder Flugpersonal), gilt das Recht am Ort der einstellenden Niederlassung (vgl. Art. 30 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB).

2.2 Sachlicher Anwendungsbereich

Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt

  • für Arbeitnehmer
    • die Entgeltfortzahlung
      • an gesetzlichen Feiertagen (vgl. § 2 EFZG),
      • im Krankheitsfall (vgl. § 3 Abs. 1 EFZG),
      • aufgrund einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft (vgl. § 3 Abs. 2 EFZG) und
      • bei einer Spende von Organen, Geweben oder Blut (vgl. § 3a EFZG),
  • für Heimarbeiter
    • die wirtschaftliche Sicherung im Krankheitsfall (vgl. § 10 EFZG) und die Feiertagsbezahlung (vgl. § 11 EFZG)

(vgl. § 1 Abs. 1 EFZG).

Das Entgeltfortzahlungsgesetz enthält keine abschließenden gesetzlichen Regelungen. Diese werden vielmehr durch Normen anderer Gesetze ergänzt (vgl. z. B. §§ 48, 52a SeemG). Darüber hinaus ist das Recht der Entgeltfortzahlung oft Gegenstand vertraglicher Regelungen (z. B. in Tarif- oder Arbeitsverträgen).

Das Konkurrenzverhältnis von Entgeltfortzahlung und Leistungen der Sozialleistungsträger (z. B. Krankengeld, Übergangsgeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld) ist Gegenstand sozialrechtlicher Vorschriften (vgl. z. B. §§ 44 Abs. 3, 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).

2.3 Persönlicher Anwendungsbereich

2.3.1 Arbeitnehmer

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung steht allen Arbeitnehmern zu (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG). Arbeitnehmer in diesem Sinne sind Arbeiter, Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten (vgl. § 1 Abs. 2 EFZG).

Arbeitnehmer sind von selbstständigen Dienstverpflichteten oder freien Mitarbeitern abzugrenzen. Personen, die aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrags tätig sind, haben keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen gegen Entgelt zur Leistung weisungsgebundener, fremd bestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist . Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen.

Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann . Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt.

Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend.

Auszubildende sind alle Personen, denen innerhalb eines Betriebs im Rahmen eines staatlich anerkannten Ausbildungsberufs (vgl. § 4 Abs. 2 BBiG) berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden. Dabei ist nicht erheblich, wie die Vertragsparteien die Betätigung rechtlich einordnen oder wie sie sie in ihrem Vertrag bezeichnen. Entscheidend ist vielmehr, wie die Parteien ihr Vertragsverhältnis tatsächlich ausgestalten und durchführen.

Die Höhe des Arbeitsentgelts, die Art und Weise oder die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses haben auf den Entgeltfortzahlungsanspruch keine Auswirkungen. Wenn allerdings ein anderes Vertragsverhältnis als das des Berufsausbildungsvertrags gewählt wird, ist dieses nichtig (vgl. § 4 Abs. 2 BBiG i. V. m. § 134 BGB). Auf das Rechtsverhältnis sind die Regeln über das fehlerhafte (faktische) Arbeitsverhältnis anzuwenden.

2.3.2 Geringfügig Beschäftigte

Ein Ausschluss geringfügig Beschäftigter (vgl. § 8 Abs. 1 SGB IV) vom Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist nicht vorgesehen. Mithin erhalten auch

  • Arbeitnehmer in einem auf nicht mehr als zwei Monate oder 50 Arbeitstage befristeten Arbeitsverhältnis – längstens bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. § 8 Abs. 2 EFZG) – sowie
  • geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer, deren Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat 450 € nicht übersteigt,

im Krankheitsfalle das Entgelt fortgezahlt.

2.3.3 Abgrenzung zum selbstständig Tätigen

Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremd bestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Die vertraglich geschuldete Leistung ist in einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen. Die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer, Ort oder sonstige Modalitäten der zu erbringenden Tätigkeit betreffen. Die persönliche Abhängigkeit kann sich auch aus einer sehr detaillierten und den Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung stark einschränkenden rechtlichen Vertragsgestaltung oder tatsächlichen Vertragsdurchführung ergeben.

Der Arbeitnehmer grenzt sich vom selbstständig Tätigen ab. Selbstständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB). Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist das letztere maßgebend. Dabei kommt es auf eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls an.

2.3.4 Fehlerhaftes (Faktisches) Arbeitsverhältnis

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist von einem Arbeitsverhältnis abhängig. Dabei handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, das in aller Regel durch einen Arbeitsvertrag begründet wird (vgl. §§ 611 ff. BGB). Die Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag (Arbeitsleistung und Entgeltzahlung) entstehen zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt.

Das Arbeitsverhältnis entsteht aber auch durch tatsächliche Eingliederung in den Betrieb, wenn der Arbeitsvertrag nichtig ist oder wirksam angefochten wurde (faktisches Arbeitsverhältnis; Arbeitsverhältnis auf fehlerhafter Grundlage).In einem “faktischen” Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer Arbeit ohne wirksame Vertragsgrundlage geleistet.

Die Nichtigkeit eines Arbeitsverhältnisses hat keine rückwirkende Kraft. Es ist für den Zeitraum, in dem es trotz der ihm anhaftenden Mängel in Funktion gesetzt war, wie ein fehlerfrei zustande gekommenes Arbeitsverhältnis zu behandeln. Ausnahmen bestehen im Falle eines besonders schweren Mangels. Hier ist die Nichtigkeit des Arbeitsverhältnisses in vollem Umfang zu beachten; die erbrachten Leistungen werden nach Bereicherungsrecht rückabgewickelt. Beim Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot ergibt sich die Rechtsfolge aus Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes.

Nimmt ein Arbeitnehmer seine Tätigkeit auf, ohne dass ein wirksamer Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, erbringt er seine Arbeitsleistung ohne Rechtsgrundlage (vgl. Bsp. 1). Es besteht ein faktisches Arbeitsverhältnis. Ein faktisches Arbeitsverhältnis setzt immer voraus, dass die Arbeit einvernehmlich erbracht worden ist. Erforderlich ist eine zunächst von beiden Parteien gewollte Beschäftigung des Arbeitnehmers. Mag sich die vertragliche Grundlage auch als nichtig oder fehlerhaft erweisen, so muss doch stets jedenfalls dem Tatbestand nach ein Vertragsschluss vorgelegen haben.

An einem wirksamen Arbeitsvertrag fehlt es z. B. bei mangelnder Geschäftsfähigkeit eines Vertragspartners oder bei Verstößen gegen gesetzliche Verbote oder gegen die guten Sitten.

Bsp. 1: Nichtiger oder anfechtbarer Arbeitsvertrag

• Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung (vgl. §§ 119 ff. BGB)
• Verstoß gegen Formvorschriften (z. B. Schriftlichkeit des Arbeitsvertrags; vgl. § 125 BGB)
• Begründung eines anderen Vertragsverhältnisses als das aufgrund eines Ausbildungsvertrags (vgl. § 4 Abs. 2 BBiG iVm. § 134 BGB)
• ursprüngliche Unmöglichkeit der Arbeitsleistung (vgl. § 306 BGB)
• Verstöße gegen gesetzliche oder tarifliche Einstellungs- und Beschäftigungsverbote (vgl. § 134 BGB)
• Sittenwidrigkeit (vgl. § 138 BGB)
• fehlende Geschäftsfähigkeit bzw. Mängel in der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (vgl. §§ 107 , 108, 112, 113 BGB)
• Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften (vgl. § 119 Abs. 2 BGB)
• illegale Arbeitnehmerüberlassung (vgl. § 9 AÜG)

Solange das faktische Arbeitsverhältnis besteht, richten sich die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers grundsätzlich nach den Regeln für ein wirksames Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer ist aber nicht zur weiteren Arbeitsleistung verpflichtet. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können das faktische Arbeitsverhältnis ohne Kündigung durch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung für die Zukunft beenden.

2.3.5 Besondere Personenkreise

Keine Arbeitnehmer im Sinne des EFZG sind

  • Bezieher einer Mehraufwandsentschädigung nach § 16d Satz 2 SGB II (Ein-Euro-Job),
  • Beamte,
  • Richter,
  • Soldaten,
  • Dienstleistende im Bundesfreiwilligendienst,
  • Strafgefangene in Justizvollzugsanstalten,
  • behinderte Menschen in Werkstätten für behinderte Menschen oder Blindenwerkstätten,
  • Personen in Einrichtungen der Jugendhilfe,
  • Personen, die im Betrieb familienhaft mitarbeiten,
  • arbeitsunfähige Personen, die an einer betrieblichen Wiedereingliederungsmaßnahme teilnehmen.

2.4 Verhinderung an der Arbeitsleistung

Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, wenn der Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ohne Verschulden an seiner Arbeitsleistung verhindert ist (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG). Es ist nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer die Arbeit (erstmalig) tatsächlich aufgenommen hat.

Der Arbeitsverhinderung durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit gleichgestellt sind Arbeitsverhinderungen, die durch

  • eine nicht rechtswidrige Sterilisation,
  • einen nicht rechtswidrigen Abbruch der Schwangerschaft (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 EFZG) oder
  • eine Spende von Organen, Geweben oder Blut (vgl. § 3a Abs. 1 Satz 1 EFZG)

verursacht werden.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung teilt das rechtliche Schicksal des Vergütungsanspruchs aufgrund der Arbeitsleistung . Das gilt u. a. hinsichtlich seiner Fälligkeit, des Erfüllungsorts und zu beachtender Fristen. Daran ist auch ein Sozialleistungsträger gebunden, wenn dieser einen übergegangenen Anspruch auf Entgeltfortzahlung beim Arbeitgeber geltend macht (vgl. § 115 SGB X).

2.4.1 Wartezeit

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entsteht frühestens nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber (vgl. § 3 Abs. 3 EFZG) . Der Anspruch setzt voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit nach dem Abschluss des Arbeitsvertrags eintritt. Die Frist von vier Wochen wird vom vereinbarten Arbeitsbeginn an berechnet. Das gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis vertraglich an einem Tag beginnt, an dem tatsächlich nicht gearbeitet wird (weil es sich z. B. um einen gesetzlichen Feiertag handelt).

Die Berechnung der Frist richtet sich nach §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB.

Die Wartezeit stellt eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung dar; sie verkürzt nicht die Anspruchsdauer. Die vor dem Ablauf von vier Wochen liegende Zeit der Arbeitsunfähigkeit ist nicht auf die Dauer des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung anzurechnen.

Jedes rechtlich selbstständige Arbeitsverhältnis ist mit der Wartezeit ausgestattet . Zwei aufeinander folgende rechtlich selbstständige Arbeitsverhältnisse mit demselben Arbeitgeber können ausnahmsweise wie ein einheitliches Arbeitsverhältnis behandelt werden, wenn zwischen diesen Arbeitsverhältnissen ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht. Dieses ist jedenfalls dann der Fall, wenn es sich um eine kurze Unterbrechung von knapp drei Wochen handelt und ein tariflich vereinbarter Wiedereinstellungsanspruch besteht. Eine neue Wartezeit ist damit nicht verbunden.

Ein Statuswechsel des Arbeitnehmers (z. B. nahtloser Wechsel vom Ausbildungsverhältnis in ein sich anschließendes Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber) begründet ebenfalls keine Unterbrechung; eine neue Wartezeit entsteht nicht. Das gilt ebenso bei einem Betriebsübergang auf einen neuen Arbeitgeber.

Eine tatsächliche Unterbrechung innerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses (z. B. durch Urlaub oder Krankheit) begründet keine neue Wartezeit.

2.4.2 Grund der Arbeitsverhinderung

2.4.2.1 Arbeitsunfähigkeit

Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit entspricht dem im Krankenversicherungsrecht verwendeten Begriff. Krankheit als Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung ist ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit ärztlicher Heilbehandlung und zugleich oder allein Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig wird ein Zustand angesehen, der von der Norm, also vom Leitbild des gesunden Menschen, abweicht . Behandlungsbedürftigkeit ist gegeben, wenn der regelwidrige Zustand ohne ärztliche Hilfe nicht mit Aussicht auf Erfolg behoben, mindestens aber gebessert oder vor Verschlimmerung bewahrt werden kann oder wenn ärztliche Behandlung erforderlich ist, um Schmerzen oder sonstige Beschwerden zu lindern. Eine Verschlimmerungsgefahr braucht nicht in der Weise unmittelbar zu drohen, dass ohne sofortige Behandlung mit einer Wesentlichen Verschlimmerung zu rechnen ist. Arbeitsunfähigkeit ist nicht ausgeschlossen, wenn eine besonders schwere Erkrankung des Arbeitnehmers besteht, die zeitweise oder dauernd volle Erwerbsminderung zur Folge hat.
Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist die zuletzt ausgeübte oder eine ähnlich geartete Beschäftigung oder Tätigkeit.
Die Arbeitsunfähigkeit besteht auch, wenn die Behandlungsbedürftigkeit beendet ist, da die Krankheit die wesentliche Ursache der Arbeitsunfähigkeit ist, z. B. bei Erblindung oder beim Defekt eines Hilfsmittels. Ein Dauerzustand steht der Annahme von Arbeitsunfähigkeit nicht entgegen. Davon sind auch Regelwidrigkeiten erfasst, die auf einen Alterungsprozess zurückzuführen sind. Wenn diese Regelwidrigkeiten behandlungsbedürftig werden oder bzw. und Arbeitsunfähigkeit bedingen, begründen sie den Versicherungsfall der Krankheit.

Die Fortsetzung oder Aufnahme einer Arbeit auf Kosten der Gesundheit (Zwischenbeschäftigung) schließen das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit nicht aus. Dass der Arbeitnehmer möglicherweise eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben könnte, ist unerheblich.

2.4.2.2 Stufenweise Wiedereingliederung

Medizinische und die sie ergänzenden Leistungen sollen entsprechend der Zielsetzung einer besseren Wiedereingliederung in das Erwerbsleben erbracht werden, wenn arbeitsunfähige Leistungsberechtigte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten können und dies durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser gelingen wird (vgl. § 28 SGB IX). Für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung sieht § 74 SGB V die stufenweise Wiedereingliederung unter gleichen Voraussetzungen ausdrücklich vor. Beiden Vorschriften gemeinsam ist, dass der Versicherte arbeitsunfähig ist, seine bisherige Tätigkeit nur teilweise verrichten kann und durch stufenweise Wiederaufnahme dieser Tätigkeit voraussichtlich eine bessere Wiedereingliederungsmöglichkeit besteht.
Die stufenweise Wiedereingliederung setzt neben der Zustimmung des Arbeitgebers und des Versicherten voraus, dass der Versicherte oder der Leistungsberechtigte arbeitsunfähig ist und seine bisherige Tätigkeit nur teilweise verrichten kann. Außerdem ist die Zielsetzung der medizinischen Rehabilitation in Gestalt einer stufenweisen Wiedereingliederung auf den Erhalt des vorhandenen Arbeitsverhältnisses ausgerichtet.

Die stufenweise Wiedereingliederung wird im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements vereinbart (vgl. § 84 Abs. 2 SGB IX). Die Vorschrift gilt für alle Arbeitnehmer und ist nicht auf behinderte Menschen beschränkt . Es ist durchzuführen, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist.

Bei schwerbehinderten Arbeitnehmern greift das Prinzip der Freiwilligkeit ebenfalls nicht. Den Arbeitgeber trifft vielmehr eine Mitwirkungspflicht, personenbedingte Schwierigkeiten durch eine Wiedereingliederung zu beseitigen, um das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft fortsetzen zu können (vgl. § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 84 Abs. 2 SGB IX).

Während der stufenweisen Wiedereingliederung ruhen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag. Arbeitsrechtlich bedarf die Maßnahme wegen der vom Arbeitsvertrag abweichenden Beschäftigung grundsätzlich der Zustimmung des Arbeitgebers; Entgeltansprüche entstehen nicht. Für die Beurteilung des Anspruchs auf Entgeltzahlung kommt es auf die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an. Krankengeld ist in voller Höhe zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer nach der Vereinbarung keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt hat. Ein Erstattungsanspruch der Krankenkasse gegen den Arbeitgeber nach § 115 SGB X besteht nicht.

Eine teilweise Arbeitsfähigkeit oder Arbeitsunfähigkeit gibt es nicht. Die Begriffe Arbeitsfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit schließen sich vielmehr gegenseitig aus. Wird der Kranke (z. B. nach einem Herzinfarkt) stufenweise (z. B. mit zunächst 4 und später 6 Arbeitsstunden täglich; z. B. sog. „Hamburger Modell“) wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert, ergeben sich daraus keine Auswirkungen auf die Arbeitsunfähigkeit. Während der Arbeitserprobung wird eine Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt. Das Krankengeld ruht allerdings, wenn und soweit während der Wiedereingliederung Arbeitsentgelt erzielt oder Übergangsgeld gezahlt wird (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 1, 3 SGB V).

2.4.2.3 Sterilisation, Schwangerschaftsabbruch

Der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit sind weitere Tatbestände gleichgestellt (vgl. § 3 Abs. 2 EFZG). Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit gilt auch eine Arbeitsverhinderung aufgrund einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 EFZG). Dasselbe gilt für einen rechtswidrigen aber nicht strafbaren Abbruch der Schwangerschaft innerhalb von 12 Wochen nach der Empfängnis (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 EFZG).

Arbeitsunfähigkeit ist nicht nur für die Zeit gegeben, in der die Verhinderung an der Arbeitsleistung durch die mit der Sterilisation oder dem Schwangerschaftsabbruch im Zusammenhang stehenden ärztlichen Maßnahmen vorliegt, sondern auch für die Zeit, in der wegen der Nachwirkungen des Eingriffs nicht gearbeitet werden kann. § 3 Abs. 2 EFZG erfasst auch die Fälle, in denen eine durch die Sterilisation oder den Schwangerschaftsabbruch ausgelöste Krankheit Ursache für die Arbeitsunfähigkeit ist.

Nicht rechtswidrig ist

  • eine Sterilisation, wenn sie nach freier Entscheidung der/des Betroffenen vorgenommen wird,
  • ein Schwangerschaftsabbruch, wenn Gefahr für das Leben oder Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren besteht oder wenn dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass das Kind, wenn es zur Welt käme, an einer nicht behebbaren Gesundheitsschädigung leiden würde (medizinische oder eugenische Indikation) oder
  • ein Schwangerschaftsabbruch bis zum Ende der 12. Woche nach der Empfängnis z. B. aufgrund einer Vergewaltigung, einer sexuellen Nötigung oder eines sexuellen Missbrauchs von Kindern oder Widerstandsunfähigen (ethische oder kriminologische Indikation).

Beim Schwangerschaftsabbruch ist zwischen einem nicht rechtswidrigen und einem rechtswidrigen, aber straffreien Schwangerschaftsabbruch zu unterscheiden. Hinsichtlich des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung wird zwischen diesen Tatbeständen allerdings nicht differenziert. Der unverschuldeten Arbeitsunfähigkeit i. S. des § 3 Abs. 1 EFZG ist deshalb sowohl ein nicht rechtswidriger Abbruch der Schwangerschaft als auch ein Abbruch der Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt gleichzustellen, wenn die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 EFZG).

Wenn ein Arzt wegen eines Schwangerschaftsabbruchs Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein nicht rechtswidriger Schwangerschaftsabbruch oder ein rechtswidriger, aber straffreier Schwangerschaftsabbruch vorliegen. In jedem Falle handelt es sich um eine unverschuldete Verhinderung an der Arbeitsleistung.

2.4.2.4 Organ-, Gewebe- oder Blutspende

Ein Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er infolge

  • einer Spende von Organen oder Geweben, die nach den §§ 8, 8a des Transplantationsgesetzes erfolgt, oder
  • einer Blutspende zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes
    arbeitsunfähig ist

(vgl. § 3a Abs. 1 EFZG).

Die Arbeitsverhinderung gilt als unverschuldet. Die Spende muss nach §§ 8, 8a Transplantationsgesetz oder § 9 Transfusionsgesetz erfolgen. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach dem Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei einer Krankheit. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit gegenüber seinem Arbeitgeber nachzuweisen (vgl. § 3a Abs. 2 letzter Satz EFZG). Eine Wartezeit bei „jungen“ Arbeitsverhältnissen wie in § 3 Abs. 3 EFZG ist nicht vorgesehen.

Wenn der Organempfänger bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert ist, dann werden dem Arbeitgeber von dieser Krankenkasse die Entgeltfortzahlung sowie die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und zur betrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung in voller Höhe erstattet (vgl. § 3a Abs. 2 Satz 1 EFZG). Es handelt sich um einen eigenständigen Erstattungsanspruch unabhängig von der Betriebsgröße des Arbeitgebers. Das Aufwendungsausgleichsgesetz (vgl. 8) ist nicht anzuwenden.

Wenn der Organempfänger bei einem Unternehmen der privaten Versicherungswirtschaft versichert ist, dann erstattet dieses dem Arbeitgeber auf Antrag die Kosten in Höhe des tariflichen Erstattungssatzes (vgl. § 3a Abs. 2 Satz 2 EFZG).

Die Wartezeitregelung (vgl. § 3 Abs. 3 EFZG; 2.4.1) ist auf den Anspruch nach § 3a Abs. 1 EFZG nicht anwendbar. Der Anspruch besteht deshalb vom Beginn des Arbeitsverhältnisses an.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen einer Organspende ist vom Anspruch aufgrund einer Krankheit abzugrenzen. Vorrangig ist der Anspruch wegen einer Organspende zu befriedigen.

Ein Gesundheitsschaden im Verlauf der Spende von Organen, Geweben oder Blut, welcher über die regelmäßig entstehenden Beeinträchtigungen hinausgeht und mit der Spende im ursächlichen Zusammenhang steht , ist ein Arbeitsunfall (vgl. § 12 a SGB VII). Damit wechselt der Leistungsträger für die Sozialleistungen. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung richtet sich vom Zeitpunkt des Leistungsträgerwechsels an nicht mehr nach § 3a EFZG sondern nach § 3 EFZG (vgl. Bsp. 3).

Bsp. 3: Arbeitsunfall

Ein Arbeitnehmer befindet sich vom 3.6.2015 an wegen einer Organspende in stationärer Behandlung. Der Eingriff wird am 5.6.2015 durchgeführt. Dabei kommt es zu einem Gesundheitsschaden, für den der Unfallversicherungsträger entschädigungspflichtig ist.
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung richtet sich für die Zeit vom 3. bis zum 5.6.2015 nach § 3a EFZG. Vom 6.6.2015 an richtet sich der Anspruch nach § 3 EFZG.

2.4.3 Arbeitsunfähigkeit als alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung

Die Arbeitsunfähigkeit muss die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung sein (Monokausalität). Ist die Arbeitspflicht bereits aus einem anderen Grund aufgehoben, besteht kein Entgeltfortzahlungsanspruch. Der Anspruch auf Entgelt kann sich aber nach anderen Vorschriften als dem EFZG richten.

Dadurch werden arbeitsfähige und arbeitsunfähige Arbeitnehmer gleichgestellt. Der Entgeltfortzahlungsanspruch setzt also voraus, dass der erkrankte Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit einen Vergütungsanspruch gehabt hätte . Das bedeutet aber nicht, dass alle hypothetischen Geschehensabläufe zu berücksichtigen sind. Vielmehr muss es sich um reale Ursachen handeln, die im konkreten Fall für den Ausfall der Arbeit auch wirksam geworden sind.

Die Darlegungs- und Beweislast für die Arbeitsunfähigkeit trägt der Arbeitnehmer, der dieser regelmäßig durch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügt. Damit kann zunächst die Monokausalität unterstellt werden. Legt der Arbeitgeber konkrete Umstände dar, die einer Monokausalität entgegen stehen, dann hat der Arbeitnehmer den Beweis zu erbringen, dass die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung ist.

Erkrankt der Arbeitnehmer während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses, wird die Zeit des Ruhens nicht auf den Anspruchszeitraum angerechnet. Der Anspruchszeitraum beginnt deshalb nicht mit der Erkrankung, sondern erst mit der tatsächlichen Verhinderung an der Arbeitsleistung infolge der Arbeitsunfähigkeit. Das ist der Zeitpunkt der Aktualisierung des Arbeitsverhältnisses. Der Zweck der Entgeltfortzahlung, dem arbeitsunfähig kranken Arbeitnehmer längstens sechs Wochen den Vergütungsanspruch zu erhalten, verbietet es, diesen Zeitraum um die Tage zu verkürzen, an denen die Arbeitspflicht aus anderen Gründen suspendiert war und unabhängig von der Arbeitsfähigkeit kein Vergütungsanspruch bestand. Es wäre nicht gerechtfertigt, den Arbeitgeber von seiner sozialen Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung freizustellen, solange der gesetzlich vorgeschriebene Zeitraum nicht erschöpft ist.

2.4.3.1 Altersteilzeit

Das in der Praxis typische „Blockmodell“ gliedert sich in eine Arbeits- und eine Freistellungsphase. Für eine Erkrankung während der Freistellungsphase leistet der Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung. Wegen der fehlenden Arbeitspflicht kann der Arbeitnehmer nicht mehr arbeitsunfähig werden. Der Arbeitnehmer verliert nicht seinen Anspruch auf seine Bezüge; der Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis besteht fort.

Erkrankt der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach den allgemeinen Grundsätzen.

2.4.3.2 Annahmeverzug des Arbeitgebers und Betriebsrisiko

Gerät der Arbeitgeber hinsichtlich der Arbeitsleistung in Annahmeverzug (z. B. aufgrund einer unwirksamen Kündigung ; vgl. § 615 Satz 1 BGB), hat der Arbeitnehmer weiterhin einen Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. bei Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Fortzuzahlen ist das vertraglich zustehende Entgelt.

Steht den arbeitsfähigen Arbeitnehmern eines Betriebs ein Vergütungsanspruch zu, weil der Arbeitgeber das Betriebsrisiko eines Arbeitsausfalls zu vertreten hat (betriebsbedingte Ursachen; vgl. § 615 Satz 3 BGB), besteht auch für den arbeitsunfähigen Arbeitnehmer ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

2.4.3.3 Arbeitsverhinderung wegen Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes

Die sich aus familienrechtlicher Pflicht ergebende Notwendigkeit, ein krankes Kind beaufsichtigen, betreuen oder pflegen zu müssen, stellt für den Arbeitnehmer einen in seiner Person liegenden Grund im Sinne des § 616 Satz 1 BGB dar. In diesen Fällen ist ihm insoweit eine Arbeitsleistung nicht zuzumuten. Der Vergütungsanspruch stützt sich für alle Arbeitnehmer auf § 616 BGB, es sei denn, die Ansprüche sind einzel- oder tarifvertraglich abbedungen. Für den Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit wegen Pflege eines erkrankten Kindes kommt es nicht entscheidend auf die Schwere der Erkrankung an; maßgebend ist vielmehr, ob wegen der Erkrankung die Pflege des Kindes unerlässlich ist.

Ein Arbeitnehmer, der während der Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes arbeitsunfähig erkrankt, hat keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beginnt erst an dem Tag nach Beendigung des Verhinderungstatbestands nach § 616 BGB. Beginnt die Arbeitsunfähigkeit erst während der Erkrankung eines Kindes und kann der Arbeitnehmer deshalb das Kind nicht weiter pflegen, besteht sofort ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

2.4.3.4 Arbeitszeitverlagerungen

Während der Zeit, in der ein Betrieb infolge Vor- oder Nacharbeit stillgelegt wird, hat der erkrankte Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Die Dauer des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung wird durch einen Zeitraum ohne Anspruch auf Entgelt nicht verlängert. Ein erkrankter Arbeitnehmer erhält als Ausgleich während der Zeit, in der vor- oder nachgearbeitet wird, ein entsprechend erhöhtes Krankenentgelt.

2.4.3.5 Arztbesuch/Bestrahlungsbehandlung

Ein Arbeitnehmer ist nicht schon dann arbeitsunfähig krank im Sinne des § 3 Abs. 1 EFZG, wenn er sich während der Arbeitszeit wegen einer Erkrankung in ärztliche Behandlung oder zur Bestrahlungsbehandlung begeben muss. Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nur dann, wenn die Krankheit auch zur Arbeitsunfähigkeit führt. Führt die Krankheit eines Arbeitnehmers nicht zur Arbeitsunfähigkeit, können sich Entgeltansprüche für einen notwendigen Arztbesuch aus § 616 Satz 1 BGB ergeben, sofern sie nicht vertraglich abbedungen sind.

2.4.3.6 Beschäftigungsverbote nach dem Infektionsschutzgesetz

Sofern Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagt wurde (vgl. § 31 IfSG), ohne dass Arbeitsunfähigkeit besteht, kann das EFZG nicht angewendet werden. Der Arbeitgeber hat jedoch das Entgelt nach § 616 Satz 1 BGB während der Dauer des Beschäftigungsverbots fortzuzahlen, wenn die Verhinderung auf einen verhältnismäßig geringen Zeitraum beschränkt bleibt und eine Abbedingung durch Tarifvertrag nicht vorliegt.

2.4.3.7 Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz

Während der Schutzfristen sowie der Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, weil die Arbeitsunfähigkeit nicht die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung ist. Die Ursache für die Arbeitsverhinderung ist vielmehr das Beschäftigungsverbot. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet mit dem Tag vor dem Beginn der Schutzfrist oder des Beschäftigungsverbots. Er entsteht, wenn die Schutzfrist oder das Beschäftigungsverbot endet. Die Zeit einer Arbeitsunfähigkeit ohne Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist auf die Anspruchsdauer nicht anzurechnen.

Bei einem Beschäftigungsverbot wegen einer Gefahr für Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind ist zu prüfen, ob allein das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot dazu führt, dass die Schwangere mit der Arbeit aussetzt. Das Beschäftigungsverbot muss die nicht wegzudenkende Ursache für das Nichtleisten der Arbeit und den damit verbundenen Verdienstausfall sein. Ist das Beschäftigungsverbot in diesem Sinne die einzige Ursache für die Arbeitsverhinderung, hat der Arbeitgeber unbefristet Arbeitsentgelt nach § 18 MuSchG zu zahlen.

Für ein Beschäftigungsverbot sind der individuelle Gesundheitszustand und die konkrete Arbeitstätigkeit der schwangeren Arbeitnehmerin maßgebend. Es genügt, dass die Fortsetzung der Arbeit mit einer Gefährdung der Gesundheit von Mutter oder Kind verbunden ist. Unerheblich ist die genaue Ursache der Gefährdung. Die Arbeitstätigkeit der Schwangeren oder ihr räumlicher Arbeitsbereich müssen nicht gesundheitsgefährdend sein. Ein Beschäftigungsverbot ist vielmehr auch dann auszusprechen, wenn die Beschäftigung für andere Frauen unabhängig von einer Schwangerschaft keinerlei Gefährdung ergibt, aber im Einzelfall aufgrund der individuellen Verhältnisse der schwangeren Frau die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährden würde. Unter dieser Voraussetzung können auch psychische Belastungen der Arbeitnehmerin ein Beschäftigungsverbot begründen. Das individuelle Beschäftigungsverbot greift aber erst ein, wenn der Arzt eine Gefährdung attestiert. Das ärztliche Zeugnis ist für das Beschäftigungsverbot konstitutiv.

Für die Zeit, in der die Schwangere arbeitsunfähig krank ist, ist der alleinige Ursachenzusammenhang mit dem Beschäftigungsverbot nicht gegeben. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber nach Ablauf des Sechswochenzeitraums nicht mehr zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle verpflichtet ist. Es kommt also darauf an, ob ein krankhafter Zustand besteht, der zur Arbeitsunfähigkeit der Schwangeren führt. Ist dies der Fall, so ist krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen. Ein gleichzeitig ausgesprochenes Beschäftigungsverbot begründet aber keine Vergütungspflicht. Worauf die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit beruht, ist unerheblich.

Je nachdem, ob eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt oder nicht, hat die Schwangere also entweder einen – gesetzlich auf sechs Wochen beschränkten – Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gegen den Arbeitgeber (vgl. § 3 EFZG) und anschließend auf Krankengeld gegen die Krankenkasse (vgl. § 44 SGB V), oder sie hat gegen den Arbeitgeber einen nicht auf sechs Wochen beschränkten Anspruch. Der behandelnde Arzt hat zu beurteilen, ob krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt oder ohne eine aktuelle Arbeitsunfähigkeit Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Hierbei besteht für den Arzt ein Beurteilungsspielraum.

2.4.3.8 Betriebsferien, Betriebsruhe

Während allgemeiner Betriebsferien gelten die Aussagen zum bezahlten Urlaub entsprechend. Erkrankte Arbeitnehmer haben Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Das gilt auch für die Arbeitnehmer, die aufgrund der Dauer des Arbeitsverhältnisses noch keinen (ausreichenden) Urlaubsanspruch haben. Für nicht oder nur teilweise urlaubsberechtigte Arbeitnehmer kann allerdings durch eine Betriebsvereinbarung geregelt werden, dass arbeitsfreie Tage während der Betriebsferien ohne Urlaubsanspruch als unbezahlter Urlaub gelten. Während dieser Zeit besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Eine Betriebsvereinbarung, die allgemeine Betriebsferien vorsieht, kann lediglich den Beginn und die Dauer des Urlaubs für alle anspruchsberechtigten Arbeitnehmer einheitlich festlegen, nicht aber die Voraussetzungen und den Umfang des Urlaubs regeln. Sie hebt insbesondere das Erfordernis der Wartezeit für den Erwerb des vollen Urlaubsanspruchs nicht auf.

Während der Betriebsferien bleibt die Arbeitspflicht derjenigen Arbeitnehmer, die infolge nicht erfüllter Wartezeit an den Betriebsferien nicht teilnehmen können, unverändert bestehen. Ihnen ist im Allgemeinen zuzumuten, in dieser Zeit auch andere Arbeiten auszuüben, die ihnen nach dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit übertragen werden könnten.

Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug, wenn er nicht urlaubsberechtigte, jedoch arbeitsbereite Arbeitnehmer während der Betriebsferien nicht beschäftigt. Selbst wenn die Betriebsferien zwangsläufig zur völligen Arbeitsruhe führen und die Einrichtung eines betrieblichen Notdienstes, in dem solche Arbeitnehmer beschäftigt werden könnten, entbehrlich ist. Der Arbeitgeber ist dann gemäß §§ 615, 293ff. BGB grds. verpflichtet, die Vergütung trotz Nichtleistung der Arbeit zu zahlen.

Von diesem Grundsatz kann allerdings durch eine vor Beginn der Betriebsferien getroffene Vereinbarung, dass bei Arbeitnehmern, die nicht oder nur teilweise urlaubsberechtigt sind, die infolge der Betriebsferien arbeitsfreien Tage entsprechend als unbezahlter Urlaub gelten, abgewichen werden.

In einer Betriebsvereinbarung kann für einzelne Tage (z. B. zwischen Weihnachten und Neujahr) eine Betriebsruhe vereinbart werden. Für die Zeit dieser Arbeitsruhe besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Falle einer Arbeitsunfähigkeit.

2.4.3.9 Elternzeit

Während der Elternzeit nach dem BEEG ruhen die beiderseitigen Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses, soweit der Arbeitnehmer keine Teilzeitbeschäftigung ausübt. Der Arbeitgeber ist für die Zeit des Ruhens nicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts verpflichtet, sodass der Arbeitnehmer bei Arbeitsunfähigkeit keine Entgeltfortzahlung verlangen kann. Die Elternzeit muss allerdings nicht im unmittelbaren Anschluss an die Schutzfrist des Mutterschutzgesetzes angetreten werden. Der Arbeitnehmer kann erklären, dass er mit der Elternzeit erst nach Beendigung einer während der Schutzfrist eingetretenen Arbeitsunfähigkeit beginnen will. In diesem Fall ist die Arbeitsunfähigkeit ursächlich für den Verdienstausfall, sodass ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Ablauf der Schutzfrist für höchstens sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit besteht.

Wenn die Arbeitsunfähigkeit während der Elternzeit eintritt, dann besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Anspruch entsteht nach dem Ende des ruhenden Arbeitsverhältnisses. Die Zeit der Arbeitsunfähigkeit während der Elternzeit wird nicht auf den Anspruch angerechnet.

2.4.3.10 Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht

Zu den gesetzlichen Dienstpflichten gehören Wehrdienst, Zivildienst, Wehrübungen und Eignungsübungen . Während der entsprechenden Zeiten ruhen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Für erkrankte Arbeitnehmer besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Anspruch beginnt erst mit dem Tage nach Beendigung einer gesetzlichen Dienstpflicht. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit während der gesetzlichen Dienstpflicht werden nicht auf die Dauer des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung angerechnet.

2.4.3.11 Erholungsurlaub

Bezahlter Urlaub (Erholungsurlaub) wird durch eine Arbeitsunfähigkeit unterbrochen, da Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaub angerechnet werden (vgl. § 9 BUrlG; vgl. ). Eine Arbeitsunfähigkeit schließt damit den Urlaubsanspruch aus. An die Stelle der Urlaubsvergütung tritt die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Entsprechend ist bei bezahltem Bildungsurlaub oder Betriebsurlaub zu verfahren.

2.4.3.12 Freiheitsstrafe

Verbüßt ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer eine Freiheitsstrafe, ist § 3 EFZG nicht anzuwenden, da der Inhaftierte auch bei Arbeitsfähigkeit kein Arbeitsentgelt beanspruchen könnte. Das gilt ebenfalls, wenn der Arbeitnehmer sich zum Vollzug einer Jugendstrafe in einer Jugendstrafanstalt befindet oder einen Dauerarrest nach § 16 Abs. 4 JGG verbringt. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entfällt ferner, solange sich der Arbeitnehmer in Untersuchungshaft befindet. Die 6-Wochen-Frist nach § 3 Abs. 1 EFZG verlängert sich nicht um die Zeit einer Arbeitsunfähigkeit während der Strafverbüßung.

Der Überleitungsstrafvollzug leitet die Resozialisierung von Strafgefangenen (sog. „Freigänger“) ein. Sofern in dieser Zeit der „Freigänger“ eine ihm vermittelte Arbeit außerhalb der Haftanstalt bei einem Arbeitgeber gegen Entgelt ausübt, liegt ein mit allen Merkmalen ausgestattetes freies arbeitsrechtliches Arbeitsverhältnis vor. Im Falle der Arbeitsunfähigkeit besteht deshalb ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

2.4.3.13 Freistellung von der Arbeitspflicht

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird ein Anspruch auf Arbeitszeitausgleich bereits durch die Freistellung von der Arbeitspflicht erfüllt. Der Arbeitnehmer ist in diesem Falle nicht mehr verpflichtet, im Freistellungszeitraum die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Er kann über diesen Zeitraum frei verfügen, ohne dass die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der entsprechenden Vergütung entfällt. Eine nachträglich eintretende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Freistellungszeitraum macht die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs nicht hinfällig. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nicht.

2.4.3.14 Gesetzliche Feiertage

Ist der Arbeitnehmer an einem gesetzlichen Feiertag arbeitsunfähig, erhält er für diesen Tag Entgeltfortzahlung (vgl. § 2 EFZG). Die Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts für diesen Feiertag bemisst sich nach § 2 Abs. 1 EFZG (vgl. § 4 Abs. 2 EFZG). Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach Feiertagen unentschuldigt der Arbeit fernbleiben, haben keinen Anspruch auf Bezahlung für diese Feiertage (vgl. § 2 Abs. 3 EFZG; vgl. Bsp. 4).

Bsp. 4: Entgeltfortzahlung für Feiertage

Ein Arbeitnehmer bleibt am 30. April 2013 (Arbeitstag) unentschuldigt der Arbeit fern. Er legt seinem Arbeitgeber am 3. Mai 2013 eine ärztliche Bescheinigung vor, nach der er seit dem 1. Mai 2013 (bundesweiter gesetzlicher Feiertag) arbeitsunfähig krank ist. Der Arbeitnehmer hat vom 2. Mai 2013 an einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung für den 1. Mai 2013 richtet sich nach § 2 Abs. 1 EFZG. Der Anspruch ist allerdings ausgeschlossen, weil der Arbeitnehmer am letzten Arbeitstag vor dem Feiertag (30. April 2013) unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben ist (vgl. § 2 Abs. 3 EFZG).

2.4.3.15 Streik/Aussperrung

Während eines Streiks besteht für erkrankte Arbeitnehmer kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Das gilt auch dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor dem Beginn des Streiks eingetreten ist. Bei einem Arbeitskampf, der nicht zur völligen Stilllegung des Betriebes führt, verliert der Arbeitnehmer den Entgeltfortzahlungsanspruch nicht, wenn

  • die Arbeitsunfähigkeit bereits vor Streikbeginn eingetreten ist und sich der Arbeitnehmer nicht am Streik beteiligt oder
  • die Arbeitsunfähigkeit zwar nach dem Streikbeginn begonnen hat, der Arbeitnehmer sich aber bis dahin nicht am Streik beteiligt hat, weil er aus anderen Gründen von der Arbeit befreit war (z. B. wegen bereits bewilligten Urlaubs oder Teilnahme an einer Betriebsratsschulung).

Ein Arbeitnehmer beteiligt sich dann an einem Streik, wenn die Gewerkschaft einen entsprechenden Aufruf erlassen hat und der einzelne Arbeitnehmer durch Niederlegung der Arbeit oder ausdrücklich gegenüber dem Arbeitgeber die Teilnahme am Steik erklärt hat. Der Arbeitgeber kann von einer Streikteilnahme ausgehen, wenn Arbeitnehmer während eines Streiks nicht zur Arbeit erscheinen. Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer der streikführenden Gewerkschaft angehört und unmittelbar nach Beendigung seiner Arbeitsunfähigkeit am Streik teilgenommen hat, schließt den Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht aus. Nimmt ein Arbeitnehmer während einer Arbeitsunfähigkeit an einem Streik teil, verliert er seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer auch bei Arbeitsfähigkeit am Streik teilgenommen hätte. Damit ist die Arbeitsunfähigkeit nicht mehr die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung.
Die Zeit der Arbeitsunfähigkeit, für die der Arbeitnehmer während eines Arbeitskampfes keine Entgeltfortzahlung erhalten hat, wird auf den Gesamtanspruch angerechnet.

Der Arbeitgeber kann auf den Streik reagieren, indem er den bestreikten Betrieb oder organisatorisch abgrenzbare Betriebsteile stilllegt . Darüber sind die betroffenen Arbeitnehmer zu unterrichten. Eine individuelle Unterrichtung aller betriebsangehörigen Arbeitnehmer ist nicht erforderlich. Arbeitswillige Arbeitnehmer des betroffenen Betriebs oder Betriebsteils behalten ihren Vergütungsanspruch, wenn deren weitere Beschäftigung dem Arbeitgeber rechtlich möglich und wirtschaftlich zumutbar ist.

Die Aussagen gelten sinngemäß auch bei einer Aussperrung.

2.4.3.16 Unbezahlter Urlaub

Unbezahlter Urlaub beruht auf einer freiwilligen Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern (Arbeitgeber und Arbeitnehmer). Während dieser Zeit ruhen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis (Arbeitspflicht, Entgeltzahlungspflicht). Deshalb besteht beim Zusammentreffen von Arbeitsunfähigkeit und unbezahltem Urlaub kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Es gelten die Regeln zum ruhenden Arbeitsverhältnis.

Ein einseitiger Widerruf der Vereinbarung über den unbezahlten Urlaub ist nicht möglich. Es kann allerdings vereinbart werden, dass der unbezahlte Urlaub als beendet anzusehen ist, wenn Arbeitsunfähigkeit eintritt. Besteht eine Arbeitsunfähigkeit über das vereinbarte Ende des unbezahlten Urlaubs hinaus, lebt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung danach auf. Die Zeit der Arbeitsunfähigkeit während des ruhenden Arbeitsverhältnisses (ohne Anspruch auf Entgeltfortzahlung) ist auf die Dauer des Anspruchs nicht anzurechnen.

Eine Vereinbarung, in der sich der Arbeitgeber vorbehält, wegen der unsicheren Auftragslage allein zu bestimmen, wann der Arbeitnehmer aus einem unbezahlten Urlaub zurückkehren soll, ist nichtig . Eine solche Vereinbarung ist jedoch in die zulässige Vereinbarung eines unbezahlten Urlaubs für eine bestimmte Zeit umzudeuten, deren Ende sich aus den berechtigten Interessen beider Parteien an dieser Beurlaubung ergibt. Der Wille der Parteien ist durch Auslegung nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.

§ 9 BUrlG wird durch eine Vereinbarung über einen befristeten unbezahlten Urlaub in zulässiger Weise abbedungen. Während dieser Zeit besteht für die Dauer einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 EFZG.

Ein arbeitsbereiter, noch nicht urlaubsberechtigter Arbeitnehmer, der während allgemeiner Betriebsferien nicht beschäftigt wird, hat trotz Nichtleistung der Arbeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung (vgl. §§ 615, 293 BGB). Davon kann allerdings durch eine vor Beginn der Betriebsferien getroffene Vereinbarung, dass bei nicht urlaubsberechtigten Arbeitnehmern die infolge Betriebsferien arbeitsfreien Tage als unbezahlter Urlaub gelten, abgewichen werden.

2.4.3.17 Unentschuldigte Fehlzeiten

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn die Arbeitsunfähigkeit innerhalb eines Zeitraums eintritt, in dem der Arbeitnehmer unentschuldigt der Arbeit fernbleibt. Der Arbeitgeber kann nur in besonderen Ausnahmefällen die Entgeltfortzahlung verweigern.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung setzt allerdings die grundsätzliche Arbeitswilligkeit des Arbeitnehmers voraus. Arbeitsunwilligkeit des Arbeitnehmers lässt den Anspruch auf Entgeltfortzahlung entfallen. Der Arbeitnehmer, der nicht bereit ist zu arbeiten, erhält danach auch im Falle einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Erkrankung keine Vergütung. Ein längeres unentschuldigtes Fehlen spricht für den fehlenden Arbeitswillen des Arbeitnehmers. Diesen trifft dann eine erweiterte Darlegungslast für seine Rückkehr zur Vertragstreue.
Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach Feiertagen unentschuldigt der Arbeit fernbleiben, haben keinen Anspruch auf Bezahlung für diese Feiertage (vgl. § 2 Abs. 3 EFZG; vgl. 2.4.3.11).

2.4.3.18 Darlegungs- und Beweislast

Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Arbeitsunfähigkeit nicht die einzige Ursache für den Arbeitsausfall ist. Andererseits ist der Arbeitnehmer hinsichtlich seines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung darlegungs- und beweispflichtig. Der Arbeitnehmer hat somit zunächst nur durch eine ärztliche Bescheinigung zu belegen, dass er wegen Krankheit arbeitsunfähig ist. Der Arbeitgeber hat daraufhin konkrete Umstände darzulegen, warum die Arbeitsunfähigkeit nicht alleinige Ursache der unterlassenen Arbeitsleistung ist. Hat der Arbeitgeber solche Umstände vorgetragen, obliegt es dann wiederum dem Arbeitnehmer, die Monokausalität im Einzelnen darzulegen und ggf. zu beweisen.

2.4.4 Selbst verschuldete Arbeitsunfähigkeit

2.4.4.1 Selbstverschuldete Krankheit

Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung besteht grundsätzlich unabhängig von der Ursache der Krankheit. Der Anspruch ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn die Krankheit selbst verschuldet ist (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG; vgl. Bsp. 6). Bei der Beurteilung des Verschuldens sind die von der Rechtsprechung zu vergleichbaren arbeitsrechtlichen Vorschriften entwickelten Grundsätze zu berücksichtigen. Danach liegt ein Verschulden vor, wenn ein gröblicher Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten gegeben ist und das Abwälzen dessen Folgen auf den Arbeitgeber unbillig wäre.

Selbst verschuldet in diesem Sinne ist eine Arbeitsunfähigkeit, wenn der Arbeitnehmer die Sorgfalt verletzt hat, die ein verständiger Mensch normalerweise im eigenen Interesse anzuwenden pflegt, er sich also die zur Arbeitsunfähigkeit führende Krankheit durch unverständiges, leichtfertiges oder gegen die guten Sitten im Rechtssinne verstoßendes Verhalten zugezogen hat. Der Arbeitnehmer muss also vorsätzlich oder wenigstens grob fahrlässig gehandelt haben.

Selbstverschulden liegt auch vor, wenn der Arbeitnehmer den Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit hinauszögert oder verhindert.

Bsp. 6: Selbst verschuldete Arbeitsunfähigkeit

  • Ein Arbeitnehmer, der als Kraftfahrer die vorgeschriebenen Sicherheitsgurte nicht anlegt, handelt schuldhaft, soweit die bei einem Unfall erlittenen Verletzungen auf das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes zurückzuführen sind .
  • Alkoholabhängigkeit und ihre Folgen sind eine Krankheit.
  • Bei einer nach Eintritt einer Drogen- oder Nikotinabhängigkeit auftretenden suchtbedingten Erkrankung wegen des Drogen- oder Nikotinkonsums handelt es sich grundsätzlich nicht um eine selbst verschuldete Krankheit.
  • Hat sich ein an Alkoholismus erkrankter Arbeitnehmer einer stationären Entwöhnungsmaßnahme unterzogen, bei der er eingehend über die Gefahren des Alkohols für sich und seine Gesundheit aufgeklärt worden ist und ist es ihm anschließend gelungen, für eine längere Zeit abstinent zu bleiben, liegt kein Selbstverschulden vor, wenn sich der Arbeitnehmer wiederum dem Alkohol zuwendet und damit erneut arbeitsunfähig krank wird. Da Selbstverschulden nicht auszuschließen ist, ist zu dieser Frage regelmäßig ein Fachgutachten einzuholen. Der Begutachtung hat sich der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten zu unterziehen.
  • Ein Arbeitnehmer, der im Zustand der Trunkenheit einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem er verletzt wird, hat die Krankheit selbst verschuldet.
  • Eine Krankheit, die auf einer schuldhaften Beteiligung an einer tätlichen Auseinandersetzung beruht, die der Arbeitnehmer begonnen oder provoziert hat, ist selbst verschuldet.

2.4.4.2 Ausüben einer Nebentätigkeit

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung kann auch ausgeschlossen werden, wenn der Arbeitnehmer sich die Arbeitsunfähigkeit bei Ausübung einer verbotenen oder besonders gefährlichen oder seine Kräfte übersteigenden Nebentätigkeit zugezogen hat. Dieses gilt ebenfalls, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Unfall bei einer besonders risikohaften Tätigkeit in der eigenen gewinnorientierten Landwirtschaft eingetreten ist.

Tarifvertragliche Regelungen, die Entgeltfortzahlungsansprüche generell für den Fall ausschließen, dass sich der Arbeitnehmer einen Unfall bei einer nicht genehmigten Nebentätigkeit zugezogen hat, sind nichtig.

2.4.4.3 Sportverletzungen

Schuldhaft handelt,

  • wer sich in einer seine Kräfte und Fähigkeiten deutlich übersteigenden Weise sportlich betätigt,
  • in besonders grober Weise und leichtsinnig gegen anerkannte Regeln der jeweiligen Sportart verstößt oder
  • eine besonders gefährliche Sportart betreibt.

Dem Arbeitnehmer ist nur dann ein Verschulden gegen sich selbst anzulasten, wenn er durch den Sport in nicht mehr sozialadäquater Weise und in einem erheblichen Umfang Verletzungsrisiken auf sich nimmt.

2.4.4.4 Darlegungs- und Beweislast

Die Darlegungs- und Beweislast zum Verschulden des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber. Dieser hat einen Anspruch darauf, dass der Arbeitnehmer an der Aufklärung der Krankheitsursachen mitwirkt und die erforderlichen Auskünfte erteilt.

Es kommt zur Beweislastumkehr, wenn Umstände vorliegen, die nach der Lebenserfahrung von vornherein auf ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers schließen lassen (z. B. bei einer Beteiligung an einer tätlichen Auseinandersetzung oder einem Verkehrsunfall infolge Trunkenheit ). In diesen Fällen greift der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Arbeitnehmers. Dann hat der Arbeitnehmer zu beweisen, dass ihn an der Arbeitsunfähigkeit kein Verschulden trifft. Dieser hat die Behauptung des Arbeitgebers zu widerlegen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen sein Verhalten nicht als schuldhaft anzusehen ist .

Hat sich ein an Alkoholismus erkrankter Arbeitnehmer einer stationären Entwöhnungsmaßnahme unterzogen, bei der er eingehend über die Gefahren des Alkohols für sich und seine Gesundheit aufgeklärt worden ist und ist es ihm anschließend gelungen, für eine längere Zeit abstinent zu bleiben, ist nicht von einem Selbstverschulden auszugehen, wenn sich der Arbeitnehmer wiederum dem Alkohol zuwendet und damit erneut arbeitsunfähig krank wird. Der Arbeitgeber kann das fehlende Verschulden bestreiten und sich von der Pflicht zur Entgeltfortzahlung befreien. Der Arbeitnehmer ist dann beweispflichtig, dass ihn kein Verschulden trifft.

3 Dauer und Höhe des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung

3.1 Beginn und Ende des Anspruchs

Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung besteht während der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG; 42 Kalendertage). Tritt die Arbeitsunfähigkeit nach beendetem Arbeitsverhältnis ein, entsteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Der Anspruch entsteht frühestens nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses (vgl. § 3 Abs. 3 EFZG; vgl. 2.4.1). Er verlängert sich nicht, wenn während der Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit hinzutritt, die für sich allein ebenfalls Arbeitsunfähigkeit verursachen würde.

Bsp. 7: Entstehen des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung

  • Der seit Jahren beschäftigte Arbeitnehmer A ist seit dem 10. Oktober 2013 arbeitsunfähig krank. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht am 10. Oktober 2013.
  • Arbeitnehmer B hat am 5. Oktober 2013 mit seinem Arbeitgeber vereinbart, das Arbeitsverhältnis am 1. November 2013 zu beginnen. Es kommt wegen einer seit dem 25. Oktober 2013 bis auf Weiteres bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht zur vereinbarten Arbeitsaufnahme. Es besteht vom 29. November 2013 an ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Ein Hinzutritt von Krankheit ist nicht gegeben, wenn zwei verschiedene Krankheiten nacheinander Arbeitsunfähigkeit verursachen. Dieses gilt selbst dann, wenn nach dem Ende der ersten Arbeitsunfähigkeit die Beschäftigung nicht wieder aufgenommen wurde und nur wenige – außerhalb der Arbeitszeit liegende – Stunden Arbeitsfähigkeit bestand. Die erneute Arbeitsunfähigkeit begründet einen eigenen Anspruch auf Entgeltfortzahlung (vgl. Bsp. 8). Es handelt sich jedenfalls dann um eine erneute Arbeitsunfähigkeit, wenn die Krankheit nach dem Schichtende des Arbeitnehmers eingetreten ist.

Bsp. 8 : Erneute Arbeitsunfähigkeit

Ein seit Jahren in einem Arbeitsverhältnis beschäftigter Arbeitnehmer erkrankt und ist deswegen seit dem 15. Juli 2013 arbeitsunfähig. Der behandelnde Arzt stellt am 2. August 2013 um 16.30 Uhr fest, dass inzwischen Arbeitsfähigkeit eingetreten ist. Der Arbeitnehmer erleidet auf dem Heimweg nach dem Arztbesuch einen Verkehrsunfall und ist erneut arbeitsunfähig. Da es sich nicht um eine hinzugetretene Krankheit handelt, entsteht aufgrund der erneuten Arbeitsunfähigkeit vom 2. August 2013 an ein eigenständiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Die Anspruchsdauer von sechs Wochen wird nach § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. I BGB berechnet. Die Anspruchsdauer endet somit spätestens sechs Wochen nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Ereignistag) mit Ablauf des Tages, der nach seiner Benennung dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit entspricht (vgl. Bsp. 9). Diese Bestimmung der Frist ist regelmäßig dann anzuwenden, wenn die Arbeitsunfähigkeit während der Arbeitszeit oder nach dem Ende der Arbeitsschicht eintritt.

Bsp. 9: Ende des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung

Ein Arbeitnehmer wird am 19. Juli 2013 (Freitag) arbeitsunfähig krank. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet spätestens am 30. August 2013 (Freitag).

Wenn die Arbeitsunfähigkeit an einem Arbeitstag vor der Arbeitsaufnahme eintritt, ist der erste Tag der Arbeitsunfähigkeit bei der Berechnung des Anspruchszeitraums zu berücksichtigen (vgl. Bsp. 10). Der Anspruch endet dann spätestens am 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit. Das gilt auch, wenn ein Arbeitnehmer, dessen Entgelt nach Kalendertagen bemessen ist, an einem arbeitsfreien Tag arbeitsunfähig wird.

Bsp. 10: Ende des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung

Ein Arbeitnehmer wird am 2. Juli 2012 (Arbeitstag; Montag) vor der Arbeitsaufnahme arbeitsunfähig krank. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet spätestens am 12. August 2012 (Sonntag).

Bei einem Arbeitnehmer, der an einem arbeitsfreien Tag erkrankt und dessen Arbeitsentgelt nach Arbeitstagen bemessen ist, wird der erste Tag der Arbeitsunfähigkeit bei der Berechnung der Anspruchsdauer nicht berücksichtigt (vgl. Bsp. 11).

Bsp. 11: Ende des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung

Ein Arbeitnehmer wird am 4. August 2013 (Sonntag) arbeitsunfähig krank. Der Sonntag ist arbeitsfrei. Das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers ist nach Arbeitstagen bemessen. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet spätestens am 15. September 2013 (Sonntag).

Erkrankt der Arbeitnehmer während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses (z. B. während der Elternzeit oder während eines freiwilligen Wehrdienstes) wird die Zeit des Ruhens nicht auf den Anspruchszeitraum angerechnet (vgl. Bsp. 12). Der Sechswochenzeitraum beginnt deshalb nicht mit der Erkrankung, sondern erst mit der tatsächlichen Verhinderung an der Arbeitsleistung infolge der Krankheit. Das ist der Zeitpunkt der Aktualisierung des Arbeitsverhältnisses.

Ein ruhendes Arbeitsverhältnis während der Entgeltfortzahlung (die Arbeitsleistung ist witterungsbedingt unmöglich) lässt den Anspruch auf Entgeltfortzahlung ebenfalls ruhen. Die entsprechende Zeit wird nicht auf die Anspruchsdauer angerechnet (vgl. Bsp. 13).

Bsp. 12: Beginn der Arbeitsunfähigkeit während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses

Ein Soldat wird zum 30. Juni 2013 arbeitsunfähig krank aus dem freiwilligen Wehrdienst entlassen. Die Arbeitsunfähigkeit bestand in der Zeit vom 15. Juni bis zum 20. August 2013. Der Arbeitgeber leistet für die Zeit vom 1. Juli bis zum 11. August 2013 Entgeltfortzahlung.

Bsp. 13: Ruhendes Arbeitsverhältnis während der Arbeitsunfähigkeit

Ein Arbeitnehmer ist in der Zeit vom 5. Januar bis zum 1. April 2013 arbeitsunfähig krank. In seinem Betrieb wird in der Zeit vom 9. bis zum 13. Januar 2013 witterungsbedingt nicht gearbeitet. Der Arbeitnehmer erhält in der Zeit vom 5. bis zum 8. Januar (4 Tage) und vom 14. Januar bis zum 20. Februar 2013 (38 Tage) Entgeltfortzahlung wegen Krankheit.

3.2 Wiederholte Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist bei wiederholter Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit (Fortsetzungserkrankung) innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten auf insgesamt sechs Wochen begrenzt (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG). Zu dieser Begrenzung kommt es nur, wenn die wiederholte Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit während eines ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber eintritt.

3.2.1 Einheitliches Arbeitsverhältnis

Bei einem Arbeitgeberwechsel zwischen zwei Arbeitsunfähigkeitszeiten entsteht ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung für längstens sechs Wochen. Die Wartezeit ist zu beachten (vgl. 2.4.1). Es entsteht ebenfalls ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung für längstens sechs Wochen, wenn zwischen zwei Arbeitsunfähigkeitszeiten ein neues Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber eingegangen wird (vgl. Bsp. 14).

Kein neues Arbeitsverhältnis in diesem Sinne liegt bei einem Statuswechsel des Arbeitnehmers vor, wenn z. B. ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an ein Berufsausbildungsverhältnis zu demselben Arbeitgeber begründet wird. Ausbildungsverhältnis und Arbeitsverhältnis werden hier gleichgesetzt, weil für beide das Entgeltfortzahlungsgesetz gilt und sie deshalb eine Einheit im Sinne der Entgeltfortzahlung darstellen.

Bsp. 14: Erneuter Anspruch beim Wechsel des Arbeitgebers

Ein Arbeitnehmer stand in der Zeit vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Juli 2013 in einem Arbeitsverhältnis. Er war in dieser Zeit zuletzt vom 15. Mai bis zum 20. Juli 2013 arbeitsunfähig krank. Der Arbeitnehmer geht erneut ab 1. September 2013 ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber ein. Der Arbeitnehmer wird am 5. Oktober 2013 arbeitsunfähig wegen derselben Krankheit, die zuletzt bis zum 20. Juli 2013 Arbeitsunfähigkeit verursacht hat. Es besteht ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung für längstens sechs Wochen vom 5. Oktober 2013 an.

Zwei aufeinander folgende rechtlich selbstständige Arbeitsverhältnisse mit demselben Arbeitgeber werden wie ein einheitliches Arbeitsverhältnis behandelt werden, wenn zwischen diesen Arbeitsverhältnissen ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht. Dieses ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen mit der Zusage der Wiedereinstellung nach Besserung der Auftragslage oder mit einem tarifvertraglichen Anspruch auf Wiedereinstellung nach einer witterungsbedingten kurzen Unterbrechung von drei Wochen entlassen wurde und er tatsächlich seine Beschäftigung zu unveränderten Bedingungen fortsetzen konnte.

Wird der Betrieb von einem neuen Betriebsinhaber übernommen und tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus dem vorher begründeten Arbeitsverhältnis ein (Betriebsübergang), gestattet § 613a Abs. 1 BGB dem neuen Betriebsinhaber, vor dem rechtsgeschäftlichen Übergang liegende Arbeitsunfähigkeitszeiten, die auf derselben Krankheit beruhen, auf die Dauer der Entgeltfortzahlung anzurechnen.

3.2.2 Fortsetzungserkrankung

Wiederholte Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit und damit eine Fortsetzungserkrankung liegt vor, wenn die Krankheit, auf der die frühere Arbeitsunfähigkeit beruhte, in der Zeit zwischen dem Ende der vorausgegangenen und dem Beginn der neuen Arbeitsunfähigkeit medizinisch nicht vollständig ausgeheilt war, sondern als Grundleiden latent weiter bestanden hat, sodass die neue Erkrankung nur eine Fortsetzung der früheren Erkrankung darstellt. Die wiederholte Arbeitsunfähigkeit muss auf demselben nicht behobenen Grundleiden beruhen. Dieses kann verschiedene Krankheitssymptome zur Folge haben.

Diese Grundsätze gelten auch, wenn eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation nach § 9 Abs. 1 EFZG und eine vorangegangene oder nachfolgende Arbeitsunfähigkeit dieselbe Ursache haben.

3.2.3 Sechs-Monats-Zeitraum

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Zeit einer erneuten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit entsteht wiederum für höchstens sechs Wochen, wenn der Arbeitnehmer vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EFZG). Zur Prüfung, ob ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung erneut entstanden ist, ist ausgehend vom Beginn der zu beurteilenden Arbeitsunfähigkeit eine Frist von sechs Monaten in die Vergangenheit hinein zu bilden. Nur wenn innerhalb dieses Sechsmonatszeitraums zu keinem Zeitpunkt eine Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit bestanden hat, ergibt sich ein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung für längstens sechs Wochen. Für die Feststellung, ob bereits einmal innerhalb der genannten Frist eine Arbeitsunfähigkeit bestand, ist es unerheblich, ob Entgeltfortzahlung geleistet wurde oder nicht.

3.2.4 12-Monats-Zeitraum

Wenn der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EFZG ausgeschlossen ist, schließt sich eine weitere Prüfung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EFZG an. Es besteht dann ein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung für höchstens sechs Wochen, wenn seit dem Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist (vgl. Bsp. 16).

Bsp. 16: Wiederholte Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit

Ein Arbeitnehmer ist seit dem 4. September 2013 arbeitsunfähig krank. Er war wegen derselben Krankheit bereits vom 20. Februar bis zum 15. Juni 2013 arbeitsunfähig und hat für sechs Wochen Entgeltfortzahlung erhalten.
Die Zwölfmonatsfrist verläuft vom 20. Februar 2013 bis zum 20. Februar 2014. Innerhalb dieser Frist tritt am 4. September 2013 erneut Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ein. Es besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Der Anspruch lebt nicht auf, wenn während der laufenden Arbeitsunfähigkeit die Frist von zwölf Monaten endet (vgl. Bsp. 17). Ein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung kann frühestens entstehen, wenn die „alte“ Arbeitsunfähigkeit endet und danach erneut Arbeitsunfähigkeit eintritt.

Bsp. 17: Wiederholte Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit

Ein Arbeitnehmer ist vom 4. Juni bis zum 21. Dezember 2013 arbeitsunfähig krank. Er war wegen derselben Krankheit bereits vom 20. Juni 2012 bis zum 15. März 2013 arbeitsunfähig und hat für sechs Wochen Entgeltfortzahlung erhalten.
Die Zwölfmonatsfrist verläuft vom 20. Juni 2012 bis zum 20. Juni 2013. Innerhalb dieser Frist tritt am 4. Juni 2013 erneut Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ein. Es besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Anspruch lebt auch nicht nach dem Ende der Frist von zwölf Monaten auf.

Fortsetzung des Sachverhalts

Der Arbeitnehmer wird am 6. März 2014 wegen derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig. Mit diesem Datum beginnt eine neue Zwölfmonatsfrist. Es entsteht ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung für längstens sechs Wochen.

Wurde während der ersten Arbeitsunfähigkeit der Höchstanspruch nicht erreicht, ergibt sich für die erneute Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ein Restanspruch (vgl. Bsp. 18).

Bsp. 18: Wiederholte Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit

Ein Arbeitnehmer ist seit dem 4. Juni 2013 arbeitsunfähig krank. Er war wegen derselben Krankheit bereits vom 20. März bis zum 15. April 2013 arbeitsunfähig und hat für 27 Tage Entgeltfortzahlung erhalten.

Die Zwölfmonatsfrist verläuft vom 20. März 2013 bis zum 20. März 2014. Innerhalb dieser Frist tritt am 4. Juni 2013 erneut Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ein. Es besteht ein Restanspruch auf Entgeltfortzahlung für 15 Tage.

Tritt eine Krankheit, die sich später als Fortsetzungserkrankung herausstellt, zu einer bereits bestehenden, zur Arbeitsunfähigkeit führenden Krankheit hinzu und dauert sie über deren Ende hinaus an, ist sie für die Zeit, in der sie die alleinige Ursache der Arbeitsunfähigkeit war, als Teil der späteren Fortsetzungserkrankung zu werten (vgl. Bsp. 19).

Bsp. 19: Wiederholte Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit

Ein Arbeitnehmer ist wegen Krankheit A seit dem 15. Januar 2013 arbeitsunfähig krank. Am 2. Februar 2013 tritt Krankheit B hinzu, die ebenfalls Arbeitsunfähigkeit verursachen würde. Krankheit A endet am 10. Februar 2013. Krankheit B endet am 20. Februar 2013.

  • Krankheit A war in der Zeit vom 15. Januar bis zum 10. Februar 2013 der ursächliche Verhinderungstatbestand. Wenn Krankheit A zu einem späteren Zeitpunkt erneut Arbeitsunfähigkeit verursacht, dann ist diese Zeit als anrechenbare Vorerkrankungszeit zu berücksichtigen.
  • Krankheit B war in der Zeit vom 11. bis zum 20. Februar 2013 die alleinige Ursache für die Arbeitsunfähigkeit (alleiniger Verhinderungstatbestand). Wenn Krankheit B zu einem späteren Zeitpunkt erneut Arbeitsunfähigkeit verursacht, dann ist diese Zeit als anrechenbare Vorerkrankungszeit zu berücksichtigen.

Führen zwei Krankheiten jeweils für sich betrachtet nicht zur Arbeitsunfähigkeit, sondern nur weil sie zusammen auftreten, liegt eine Fortsetzungserkrankung auch vor, wenn später eine der beiden Krankheiten erneut auftritt und allein zur Arbeitsunfähigkeit führt. Auch in diesem Fall ist die erneut auftretende Krankheit Ursache einer vorausgegangenen Arbeitsunfähigkeit gewesen.

3.2.5 Beweislast

Für das Bestehen einer Fortsetzungserkrankung trifft den Arbeitgeber die Beweislast. Der Arbeitgeber ist allerdings kaum in der Lage, das Bestehen einer Fortsetzungserkrankung darzulegen, weil er über die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit durch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht unterrichtet wird.

Zwar kann er nach § 69 Abs. 4 SGB X bei der zuständigen Krankenkasse nachfragen, ob eine Fortsetzungserkrankung vorliegt. Diese Vorschrift greift jedoch nicht bei Arbeitnehmern, die nicht in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind. Hinzu kommt, dass für den Arbeitgeber keine Möglichkeit besteht, die wertende Mitteilung der Krankenkasse zu überprüfen.

Der Arbeitnehmer hat deshalb durch eine ärztliche Bescheinigung dazulegen, dass keine Fortsetzungserkrankung vorliegt. Bestreitet der Arbeitgeber diesen Tatbestand, hat der Arbeitnehmer Tatsachen darzulegen, die dafür sprechen, dass eine Fortsetzungserkrankung nicht vorliegt. In diesem Zusammenhang hat der Arbeitnehmer den Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden. Unbeweisbarkeit geht zulasten des Arbeitgebers; von einer Fortsetzungserkrankung kann dann nicht ausgegangen werden.

3.3 Hinzutritt einer Krankheit

Durch den Hinzutritt einer Krankheit verlängert sich die Anspruchsdauer von sechs Wochen nicht (vgl. Bsp. 20; Einheit des Verhinderungsfalls). Vorhergehende Bezugszeiten von Entgeltfortzahlung für die hinzugetretene Krankheit sind von dem Zeitpunkt an anzurechnen, in dem die hinzugetretene Krankheit alleinige Ursache der Arbeitsunfähigkeit ist. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet jedoch spätestens mit dem tatsächlichen Entgeltbezug für insgesamt sechs Wochen vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit aufgrund der zuerst eingetretenen Krankheit an.

Bsp. 20: Hinzutritt einer Krankheit

Ein Arbeitnehmer war wegen Krankheit A vom 18. Dezember 2012 bis zum 17. Januar 2013 arbeitsunfähig krank und erhielt für 31 Kalendertage Entgeltfortzahlung. Er wird am 22. April 2013 wegen Krankheit B arbeitsunfähig. Am 3. Mai 2013 tritt Krankheit A hinzu. Krankheit A verursacht ab 11. Mai 2013 bis auf Weiteres alleine Arbeitsunfähigkeit.

Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ab 22. April 2013 besteht längstens bis zum 2. Juni 2013 ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für sechs Wochen. Daran ändert sich auch nichts durch den Hinzutritt von Krankheit A, da Krankheit B die wesentliche Ursache für die Arbeitsunfähigkeit bleibt. A wird ab 11. Mai 2013 die alleinige Ursache für die Arbeitsunfähigkeit. Von diesem Zeitpunkt an sind die vorhergehenden Bezugszeiten wegen A zu berücksichtigen.

Danach besteht vom 11. Mai 2013 an ein Restanspruch auf Entgeltfortzahlung für elf Kalendertage. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet deshalb bereits mit dem 21. Mai 2013.

Eine hinzugetretene Krankheit, die parallel zur zuerst eingetretenen Krankheit eine Arbeitsunfähigkeit verursacht, ist nicht als Vorerkrankungszeit zu berücksichtigen (vgl. Bsp. 21).

Bsp. 21: Hinzutritt einer Krankheit

Ein Arbeitnehmer war wegen Krankheit A in der Zeit vom 4. September bis zum 10. Oktober 2013 arbeitsunfähig. Während dieser Zeit trat vom 12. September bis zum 10. Oktober 2013 Krankheit B hinzu. B hätte alleine ebenfalls Arbeitsunfähigkeit verursacht. Am 11. November 2013 verursacht B erneut Arbeitsunfähigkeit.

Vom 11. November 2013 an besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für längstens sechs Wochen. Vorerkrankungszeiten sind nicht zu berücksichtigen, da die Krankheit B zu keinem Zeitpunkt die alleinige und damit die wesentliche Ursache für Arbeitsunfähigkeit war.

Verursacht eine zuerst eingetretene Krankheit erneut Arbeitsunfähigkeit, dann ist als Vorerkrankungszeit die Zeit zu berücksichtigen, in der die zuerst eingetretene Krankheit allein oder zusammen mit einer hinzugetretenen Krankheit Arbeitsunfähigkeit verursacht hat (vgl. Bsp. 22).

Bsp. 22: Hinzutritt einer Krankheit

Ein Arbeitnehmer war wegen Krankheit A in der Zeit vom 2. Oktober bis zum 25. Oktober 2013 arbeitsunfähig. Krankheit B trat am 17. Oktober 2013 hinzu und verursachte bis zum 5. November 2013 Arbeitsunfähigkeit. Am 23. Dezember 2013 wird der Arbeitnehmer erneut wegen Krankheit A arbeitsunfähig.

Vom 23. Dezember 2013 an besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für längstens 18 Tage. Die Zeit vom 2. Oktober bis zum 25. Oktober 2013 (24 Tage) ist als Vorerkrankungszeit zu berücksichtigen.

3.4 Höhe des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung

3.4.1 Allgemeines

Der Arbeitnehmer hat für den krankheitsbedingten Arbeitsausfall oder im Zusammenhang mit einer Organspende einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe des ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG). Ein höherer Anspruch auf Entgeltfortzahlung kann in Tarifverträgen, in Einzelverträgen oder in Betriebsvereinbarungen vereinbart werden.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung folgt dem modifizierten Entgeltausfallprinzip. Das Entgeltausfallprinzip erhält dem Arbeitnehmer grundsätzlich die volle Vergütung einschließlich etwaiger Zuschläge. Lediglich Leistungen, die nicht an die Erbringung der Arbeitsleistung in einem bestimmten Zeitabschnitt gekoppelt sind, sondern hiervon unabhängig aus besonderem Anlass gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Maßgebend ist allein die individuelle Arbeitszeit des erkrankten Arbeitnehmers. Es kommt darauf an, welche Arbeitszeit aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ausgefallen ist. Bei Schwankungen der individuellen Arbeitszeit ist zur Bestimmung der „regelmäßigen“ Arbeitszeit eine vergangenheitsbezogene Betrachtung zulässig und geboten. Änderungen im Arbeitsverhältnis wie

  • Verkürzung der Arbeitszeit,
  • Erhöhung des Arbeitsentgelts durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag oder
  • Statuswechsel (z. B. vom Auszubildenden zum Gesellen)

wirken sich auf den Anspruch auf Entgeltfortzahlung während der Arbeitsunfähigkeit aus (vgl. Bsp. 23).

Bsp. 23: Statuswechsel

Ein Auszubildender ist seit dem 20. Juli 2013 arbeitsunfähig krank. Das Ausbildungsverhältnis endet mit dem 31. Juli 2013; seit dem 1. August 2013 steht der Arbeitnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis als Geselle bei demselben Arbeitgeber. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung richtet sich seit dem 1. August 2013 nach dem Arbeitsentgelt, das in der Beschäftigung als Geselle erzielt worden wäre.

Wird im Betrieb des Arbeitsunfähigen gekürzt gearbeitet und würde sich sein Arbeitsentgelt im Falle der Arbeitsfähigkeit damit mindern, mindert sich entsprechend der Anspruch auf Entgeltfortzahlung (vgl. § 4 Abs. 3 EFZG). Die Ursache der verkürzten Arbeitszeit (z. B. Kurzarbeit, witterungsbedingter Arbeitsausfall) ist unbedeutend.

Für Arbeitszeit, die gleichzeitig in Folge eines gesetzlichen Feiertages ausgefallen ist, erhält der Arbeitnehmer die Entgeltfortzahlung in Höhe der Feiertagsbezahlung (vgl. § 4 Abs. 2 EFZG). Arbeitsentgelt wird in der Höhe gezahlt, wie es bei Arbeitsfähigkeit für diesen Tag gezahlt worden wäre. Es besteht kein Anspruch auf Arbeitsentgelt, wenn der Arbeitnehmer am Arbeitstag vor oder nach dem Feiertag unentschuldigt der Arbeit fern bleibt (vgl. § 2 Abs. 3 EFZG; vgl. Bsp. 24).

Bsp. 24 : Entgeltfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen

Ein Arbeitnehmer bleibt am 30. April 2013 unentschuldigt der Arbeit fern. Er erscheint erst wieder am 4. Mai 2013 im Betrieb und legt eine Bescheinigung über Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Mai (gesetzlicher Feiertag) bis zum 3. Mai 2013 vor. Der Arbeitgeber ist lediglich für die Zeit vom 2. bis zum 3. Mai 2013 verpflichtet, Entgeltfortzahlung zu leisten.

3.4.2 Berechnung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts

3.4.2.1 Vergütung nach Arbeitszeit

Das Arbeitsentgelt ist für die regelmäßige Arbeitszeit weiterzuzahlen, die infolge der Arbeitsunfähigkeit ausfällt. Bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen ist, kann der auf den Kalendertag entfallende Teil des Arbeitsentgelts mit der Zahl der auf die Arbeitsunfähigkeitszeit entfallenden Kalendertage multipliziert werden. Das kalendertägliche Arbeitsentgelt entspricht 1/30 des monatlichen Arbeitsentgelts. Dieses gilt bei gleich bleibendem Wochenlohn entsprechend mit der Maßgabe, dass von den jeweiligen Arbeitstagen auszugehen ist. Bei Stundenlöhnern ist die Zahl der infolge Arbeitsunfähigkeit ausgefallenen Stunden mit dem jeweils maßgebenden Stundenlohn zu multiplizieren.

Die individuelle Arbeitszeit folgt in erster Linie aus dem Arbeitsvertrag. Auf die allgemein im Betrieb geltende Arbeitszeit kommt es nicht entscheidend an. Auch die kraft Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung im Betrieb geltende Arbeitszeit kann von der individuellen Arbeitszeit des Arbeitnehmers nach oben oder nach unten abweichen. Grundlage hierfür kann eine ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung oder etwa eine betriebliche Übung sein. Bei einer verstetigten, also stets gleich bleibenden Arbeitszeit bereitet die Feststellung der maßgebenden Arbeitszeit keine Schwierigkeiten. Ist ein festes Monatsgehalt vereinbart, ist dieses bei gewerblichen Arbeitnehmern ebenso wie bei Angestellten bis zur Dauer von sechs Wochen fortzuzahlen.

Bei einem Monatslohn oder Gehalt für einen Teilmonat kann das fortzuzahlende Arbeitsentgelt auch ermittelt werden, indem das monatliche Bruttoarbeitsentgelt duch die tatsächlich anfallenden Arbeitstage des Monats dividiert und der sich danach ergebende Betrag mit der Anzahl der krankheitsbedingt ausfallenden Arbeitstage multipliziert wird.

Alternative Berechnungen sind möglich. Sie können insbesondere durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Einzelarbeitsverträge vereinbart werden.

Das zusätzlich für Mehrarbeitsstunden gezahlte Arbeitsentgelt gehört nicht zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt (vgl. § 4 Abs. 1a Satz 1 EFZG). Dieses ist im Krankheitsfall nicht fortzuzahlen. Das Gesetz klammert sowohl die Grundvergütung als auch die Zuschläge für die Mehrarbeitsstunden aus.

Maßgeblich für das Vorliegen von Mehrarbeitsstunden ist die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers. Mehrarbeitsstunden in diesem Sinne sind Zeiten, welche die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers überschreiten.

Leistet der Arbeitnehmer dagegen ständig eine bestimmte Arbeitszeit, die mit der betriebsüblichen oder tariflichen Arbeitszeit nicht übereinstimmt, kann von nicht zu berücksichtigenden Mehrarbeitsstunden nicht gesprochen werden. Mehrarbeitsstunden werden wegen bestimmter besonderer Umstände zusätzlich geleistet. Mehrarbeitsstunden sind zu berücksichtigen, wenn sie regelmäßig geleistet wurden. Sie sind Teil der regelmäßigen Arbeitszeit im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Mehrarbeitsstunden sind „regelmäßig“, wenn sie mit einer gewissen Stetigkeit und Dauer während der Zeit der Arbeitsverhinderung angefallen wären.

Für den Umfang der individuellen regelmäßigen Arbeitszeit ist auf das gelebte Rechtsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens abzustellen. Wird regelmäßig eine bestimmte, erhöhte Arbeitszeit abgerufen und geleistet, ist dies Ausdruck der vertraglich geschuldeten Leistung. Daraus folgt, dass Krankheitstage und Urlaubstage nicht in die Durchschnittsberechnung einzubeziehen sind, soweit die ausgefallene Arbeitszeit selbst auf einer Durchschnittsbetrachtung beruht. Ebenso fallen Krankheits- oder Urlaubstage ohne Vergütungsanspruch heraus, wenn eine bestimmte ausgefallene Arbeitszeit nicht feststeht. Nur die konkret bestimmte, nicht eine fiktive Arbeitsleistung kann Ausdruck des gelebten Rechtsverhältnisses sein. Nimmt der Arbeitnehmer Freizeitausgleich in Anspruch, mindert das seine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit, soweit nicht nur Mehrarbeitsstundenzuschläge „abgefeiert“ werden; diese betreffen allein den Geldfaktor. Die Tage des Freizeitausgleichs sind deshalb mit einer Arbeitszeit null in die Durchschnittsberechnung einzubringen. Hieraus resultiert die für die Entgeltfortzahlung maßgebliche im Durchschnitt tatsächlich angefallene Arbeitszeit.

Als Referenzzeitraum für die Beurteilung der individuellen Arbeitszeit unter Berücksichtigung von Mehrarbeitsstunden ist ein Zeitraum von zwölf Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen.

Das Arbeitsentgelt ist prinzipiell nach vergangenheitsbezogenen Werten zu berechnen, wenn ein Mindestsoll an Arbeitsstunden nicht vereinbart und die Arbeitszeit nicht gleich bleibend ist. Dabei ist grundsätzlich vom letzten abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum im Umfang von mindestens vier Wochen auszugehen. Führt diese Berechnung zu keinem vertretbaren Ergebnis, ist zunächst die Arbeitszeit eines gleichartig beschäftigten Arbeitnehmers zugrunde zu legen. Erst danach sind die letzten drei abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume (z. B. drei Monate oder 12 bzw. 13 Wochen) maßgebend. Das auf diesem Wege ermittelte Arbeitsentgelt ist durch die Zahl der auf den Ausgangszeitraum entfallenden Arbeitstage zu dividieren. Das Ergebnis wird mit der Zahl der infolge Arbeitsunfähigkeit ausgefallenen Arbeitstage multipliziert.

3.4.2.2 Vergütung nach Arbeitsleistung

Erhält der Arbeitnehmer eine auf das Ergebnis der Arbeit abgestellte Vergütung, ist der von dem Arbeitnehmer in der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit erzielbare Durchschnittsverdienst der Berechnung zugrunde zu legen (vgl. § 4 Abs. 1a Satz 2 EFZG). Danach ist auch beim Leistungslohn das Entgeltausfallprinzip maßgebend. Beim Akkordlohn muss der Lohn weitergezahlt werden, den der Akkordarbeiter erzielt hätte, wenn er nicht krank geworden wäre. Es ist jeweils die Berechnung zu wählen, die dem Entgeltausfallprinzip am besten gerecht wird.

Beim Gruppenakkord kommt es der Bestimmung des tatsächlichen Entgeltausfalls am nächsten, auf den Verdienst der weiterarbeitenden Akkordgruppenmitglieder abzustellen. Das Referenzprinzip ist für die Bestimmung des Entgeltausfalls weniger gut geeignet, weil es die tatsächlichen Besonderheiten der ausgefallenen Arbeit nicht berücksichtigt.

Regelmäßig werden Akkordgruppen aus ungefähr gleich leistungsstarken Arbeitnehmern gebildet. Es ist wahrscheinlich, dass der erkrankte Arbeitnehmer eine dem Verdienst der übrigen Arbeitnehmer entsprechende Vergütung erzielt hätte. Das gilt auch bei einer aus zwei Personen bestehenden Akkordgruppe, wenn der verbleibende Arbeitnehmer allein im Akkord weiterarbeitet. Zwar entfallen für ihn die Vorteile der Zusammenarbeit. Doch tritt deren Bedeutung regelmäßig hinter die Bedeutung der Art der Arbeit an unterschiedlichen Einsatzorten in unterschiedlichen Zeiträumen zurück.

3.4.3 Arten des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts

3.4.3.1 Allgemeines

Das Bruttoarbeitsentgelt ist die Berechnungsgrundlage für das fortzuzahlende Arbeitsentgelt. Bei einer Nettolohnvereinbarung hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und die Lohnsteuer sowie andere gesetzliche Abgaben auch für die Dauer der Entgeltfortzahlung zu übernehmen.

Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge sind fortzuzahlen, wenn sie auch bei Arbeitsfähigkeit zu leisten gewesen wären. Die Entgeltfortzahlung für wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ausgefallene Feiertagsarbeit schließt die entsprechenden Zuschläge mit ein, gleiches gilt für Sonntagszuschläge. Diese Zuschläge sind zusätzliche Gegenleistung für die an Sonn- und Feiertagen zu leistende besonders lästige bzw. belastende Arbeit. Als Entgelt rechnen diese Zuschläge nicht zum Aufwendungsersatz i. S. v. § 4 Abs. 1a Satz 1 EFZG, der im Krankheitsfall nicht geschuldet ist.

3.4.3.2 Sachbezüge

Zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt gehören auch die Sachbezüge. Sie sind in bar abzugelten, wenn sie während der Arbeitsunfähigkeit nicht in Anspruch genommen werden können. Die Höhe der Barabgeltung richtet sich nach den Werten der Sozialversicherungsentgeltverordnung.

3.4.3.3 Aufwendungsersatz

Aufwendungsersatz gehört unter bestimmten Voraussetzungen nicht zum Arbeitsentgelt (vgl. § 4 Abs. 1a EFZG). Dessen Berücksichtigung ist ausgeschlossen, wenn die Leistung davon abhängig ist, dass dem Arbeitnehmer entsprechende Aufwendungen entstehen und diese Aufwendungen während der Arbeitsunfähigkeit nicht anfallen. Leistungen, die der Arbeitnehmer als Arbeitsfähiger auch dann erhält, wenn zeitweise entsprechende Aufwendungen nicht entstehen, sind dagegen auch bei der Entgeltfortzahlung zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen „Aufwendungsersatz“ und „Arbeitsentgelt“ kommt es nicht auf die vom Arbeitgeber gewählte Bezeichnung, sondern auf die inhaltliche Ausgestaltung und den objektiven Zweck der gewährten Leistungen an; eine als Aufwendungsersatz gedachte Leistung setzt voraus, dass typischerweise besondere Aufwendungen anfallen, die – jedenfalls in der Regel – den Umfang des gewährten Aufwendungsersatzes erreichen, wobei es jedoch nicht erforderlich ist, dass diese Aufwendungen bei jedem Arbeitnehmer tatsächlich anfallen. Eine pauschale Fehlgeldentschädigung (auch Mankogeld oder Zählgeld genannt) gehört jedenfalls dann zum im Krankheitsfalle fortzuzahlenden Arbeitsentgelt i.S. des § 4 Abs. 1 EFZG, wenn sie nicht als Aufwendungsersatz zum Ausgleich tatsächlicher Mehraufwendungen des Arbeitnehmers bestimmt ist.

3.4.3.4 Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt

Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit gewährt wird, ist nicht Bestandteil des nach dem EFZG fortzuzahlenden Arbeitsentgelts. Sinn und Zweck der §§ 3, 4 EFZG lassen erkennen, dass sie nur das laufende Arbeitsentgelt meinen, nicht aber auch Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung einmalig gezahlten Arbeitsentgelts sind.

3.4.3.5 Kürzung von Sondervergütungen

In Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträgen kann die Kürzung von Sondervergütungen für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vereinbart werden (vgl. § 4a Satz 1 EFZG). Dabei darf die Kürzung im Ergebnis nicht zu einem Vollständigen Wegfall der Sondervergütung führen (vgl. § 4a Satz 2 EFZG). Sondervergütungen sind Leistungen, die der Arbeitnehmer zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erhält.
Unter den gesetzlichen Begriff der Sondervergütungen fallen auch Anwesenheitsprämien. Hierunter ist eine Geldleistung zu verstehen, mit deren Zusage dem Arbeitnehmer der Anreiz geboten wird, die Zahl seiner berechtigten oder unberechtigten Fehltage im Bezugszeitraum möglichst gering zu halten. Eine derartige Leistung ist nicht an bestimmte Zahlungsmodalitäten gebunden, sondern sie kann als Prämie für jeden einzelnen Tag, an dem der Arbeitnehmer seine Arbeit aufnimmt, gezahlt werden, als Einmalleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt, z. B. am Jahresende oder viermal jährlich, bezogen auf den davor liegenden Dreimonatszeitraum. Eine Vereinbarung über den vollständigen Wegfall der Anwesenheitsprämie im Krankheitsfall ist unwirksam.

3.4.4 Tariföffnungsklausel

Eine vertragliche Anpassung der Entgeltfortzahlung an Besonderheiten der Arbeitsverhältnisse ist möglich (vgl. § 4 Abs. 4 EFZG). Durch Tarifvertrag kann eine von § 4 Abs. 1, 1a, 3 EFZG abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts festgelegt werden. Für alle anderen Vorschriften im EFZG besteht keinerlei Möglichkeit, zuungunsten des Arbeitnehmers tarifvertragliche Regelungen zu vereinbaren, da es sich um nicht tarifdispositives Recht handelt. Die tarifvertraglichen Regelungen können aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer auch auf nicht tarifgebundene Vertragspartner angewendet werden (vgl. § 4 Abs. 4 Satz 2 EFZG).

Das Recht, durch Tarifvertrag Vereinbarungen über die Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts zu treffen, ermöglicht es, sowohl die Berechnungsmethode (Ausfall- oder Referenzprinzip) als auch die Berechnungsgrundlage zu vereinbaren. Die Berechnungsgrundlage setzt sich aus Geld- und Zeitfaktor zusammen. Sie betrifft Umfang und Bestandteile des der Entgeltfortzahlung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts sowie die Arbeitszeit des Arbeitnehmers.

Das Gesetz erlaubt damit den Tarifvertragsparteien zum einen, den Geldfaktor zu gestalten. Die Abweichungen können sämtliche den Geldfaktor bestimmenden Elemente betreffen. Aufgrund der ihnen eingeräumten Gestaltungsmacht dürfen die Tarifvertragsparteien auch einzelne Vergütungsbestandteile, insbesondere zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers wie Prämien oder alle tariflichen Zuschläge aus der Entgeltfortzahlung herausnehmen.

Daneben lässt § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG abweichende tarifliche Regelungen im Hinblick auf die Elemente des Zeitfaktors zu. Tarifverträge können vom konkreten Lohnausfallprinzip abgehen und abweichende Berechnungsmethoden für die Ermittlung der ausgefallenen Arbeitszeit vorsehen. Es ist möglich, nicht die individuelle, sondern eine bestimmte Durchschnittsstundenzahl, z. B. die betriebsübliche oder die gesetzliche Arbeitszeit für maßgeblich zu erklären. Es bestehen auch keine grundsätzlichen Bedenken, eine von der individuellen Arbeitszeit abweichende und auf die tarifliche Regelarbeitszeit abstellende Modifikation des Arbeitszeitfaktors zuzulassen.

Bei der Gestaltung der Bemessungsgrundlage müssen die Tarifvertragsparteien allerdings darauf achten, dass sie weder unmittelbar noch mittelbar gegen die nicht dem tariflichen Vorrangprinzip unterliegenden, gemäß § 12 EFZG zwingenden Vorschriften verstoßen. Durch die ausdrückliche Bezugnahme auf § 4 Abs. 1, 1a, 3 EFZG stellt § 4 Abs. 4 EFZG klar, dass für Arbeitnehmer nachteilige Änderungen gegenüber sonstigen Bestimmungen des EFZG nicht zulässig sind. Die durch die eingeschränkte Öffnungsklausel des § 4 Abs. 4 EFZG eingeräumte Gestaltungsmacht findet ihre Grenze dort, wo der Anspruch auf Entgeltfortzahlung in seiner Substanz angetastet wird. Die aufgezeigten Beschränkungen sind bei abweichenden tariflichen Regelungen sowohl im Hinblick auf die Elemente des Zeitfaktors als auch des Geldfaktors zu beachten.

Die Tarifvertragsparteien sind an den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung (100 %) im Krankheitsfall gebunden, denn dieser folgt aus dem nicht tarifdispositiven § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG i. v. m. § 4 Abs. 1 EFZG. Mit der Zielsetzung des Entgeltfortzahlungsgesetzes und insbesondere § 12 EFZG ist es nicht vereinbar, die Höhe der Entgeltfortzahlung generell zu reduzieren, d. h. anstelle von 100 % einen geringeren Prozentsatz des Arbeitsentgelts fortzuzahlen. Das verdeutlicht das sog. Korrekturgesetz vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3843). Mit diesem Gesetz hat der Gesetzgeber unter anderem die durch das Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1476) in § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG vorgenommene Kürzung der Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts auf 80 % des dem Arbeitnehmer zustehenden Arbeitsentgelts rückgängig gemacht und die ursprüngliche Fassung des § 4 Abs. 1 EFZG wiederhergestellt, wonach dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt (also 100 %) fortzuzahlen ist.

Einer prozentualen Kürzung der Entgeltfortzahlung steht es gleich, wenn die Tarifvertragsparteien vereinbaren, dass im Rahmen der Berechnungsgrundlagen – unabhängig davon, ob beim Zeit- oder Geldfaktor – Faktoren nur anteilig berücksichtigt werden. Es handelt sich lediglich um einen anderen Weg, von der vollen Entgeltfortzahlung abzuweichen, denn es ist unerheblich, ob unmittelbar am Ergebnis oder an den Faktoren und damit mittelbar am Ergebnis angesetzt wird. Die gesetzlich festgelegte Dauer von sechs Wochen darf durch eine tarifliche Regelung ebenfalls nicht unterschritten werden.

Auf der anderen Seite bedeutet die Bindung an die sonstigen Bestimmungen des EFZG nicht, dass sich die von den Tarifvertragsparteien getroffene Regelung über die Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts nicht nachteilig für die Arbeitnehmer auswirken darf. Wie der Wortlaut von § 12 EFZG verdeutlicht, kann durch § 4 Abs. 4 EFZG gerade die Höhe der Entgeltfortzahlung zuungunsten der Arbeitnehmer geregelt werden. Schon mit den unterschiedlichen Berechnungsmethoden wird die Entgelthöhe beeinflusst. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist es zulässig, dass Arbeitnehmer aufgrund der tariflichen Regelung eine geringere Entgeltfortzahlung als bei Anwendung des § 4 Abs. 1, 1a, 3 EFZG erhalten. Diese Schlechterstellung kann sich aufgrund einer Modifikation des Geld- und/oder Zeitfaktors ergeben. Im Rahmen ihres zulässigen Anwendungsbereichs darf die beschränkte Tariföffnung ausgeschöpft werden.

Beinhaltet der Tarifvertrag Regelungen über Freizeitausgleich und bestimmt, dass sich die bei Arbeitsunfähigkeit zu vergütende Stundenzahl pro Tag nach dem Durchschnitt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate richtet, so ist diese Regelung auch für den Fall anwendbar, dass die Betriebsnutzungszeit (z. B. wöchentlich 40 Stunden oder täglich acht Stunden) beibehalten wird und der Ausgleich zur individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit durch sogenannte Freischichten erfolgt. Sind in dem Bezugszeitraum von drei Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit unbezahlte Freischichten angefallen, durch die eine über die individuelle regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit ausgeglichen worden ist, sind auch diese Freischichttage für die Errechnung der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit zu berücksichtigen; sie sind wie tatsächliche Arbeitstage anzusetzen.

Bei diesen „Freischichtmodellen“ sind Arbeitgeber und Betriebsrat jedoch berechtigt, in einer Betriebsvereinbarung zu regeln, dass ein entsprechender Zeitausgleich nur für tatsächlich geleistete Arbeitszeit entsteht und eine Freizeitgutschrift für die Tage einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ausgeschlossen ist; eine solche Regelung kann auch für Angestellte mit einer monatlich gleich bleibenden Vergütung gelten.

3.5 Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation

Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts während einer Maßnahme der Vorsorge oder der Rehabilitation (vgl. § 9 Abs. 1 EFZG). Der Anspruch besteht auch bei solchen Maßnahmen, während deren Dauer zwar keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, die jedoch medizinisch notwendig sind. Sind die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 EFZG erfüllt, gelten die Vorschriften der §§ 3 bis 4a, 6 bis 8 EFZG entsprechend. Besteht vor und während einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme Arbeitsunfähigkeit, hat der Anspruch auf Entgeltfortzahlung seine Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 EFZG; in diesen Fällen sind die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 EFZG nicht zu prüfen.

3.5.1 Voraussetzungen des Anspruchs

Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung während einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation besteht nur dann, wenn ein Sozialleistungsträger (vgl. §§ 18 bis 29 SGB I) die Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme bewilligt hat. Es ist nicht erforderlich, dass die Maßnahme stationär durchgeführt wird. Es geht überwiegend um Maßnahmen, die ein Träger der Renten-, Kranken oder Unfallversicherung oder eine Verwaltungsbehörde der Kriegsopferversorgung (Versorgungsamt) durchführt.

Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist der Arbeitgeber auch nach anderen gesetzlichen Vorschriften nicht zur Weiterzahlung des Arbeitsentgelts verpflichtet (Ausnahme: Der Arbeitnehmer ist arbeitsunfähig und hat einen Anspruch nach § 3 EFZG).

Um eine Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme i.S. des § 9 Abs. 1 EFZG handelt es sich, wenn die Maßnahme von einem Sozialleistungsträger verantwortlich gestaltet und durchgeführt wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Sozialleistungsträger für ein planvoll gestaltetes medizinisches Heilverfahren sorgt, mit dem ein bestimmter Kur- oder Heilerfolg erreicht werden kann. Dazu gehören eine ausreichende medizinische Betreuung sowie ein gewisser Einfluss auf die Lebensführung des Versicherten. Eine stationäre Unterbringung ist nicht erforderlich. Eine ambulante Maßnahme ist ausreichend.

Die Maßnahme muss in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation durchgeführt werden (z. B. Einrichtung nach § 107 Abs. 2 SGB V). Die Maßnahmen müssen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem konkreten krankhaften Gesundheitszustand stehen, selbst wenn dieser noch nicht zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat.

Hat der Arbeitnehmer eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation auf eigene Kosten durchgeführt und werden die Kosten von einem der vorgenannten Träger übernommen (z. B. nach § 18 Abs. 1 BVG), dann sind die Voraussetzungen des § 9 EFZG ebenfalls erfüllt.

3.5.2 Dauer

Der Arbeitgeber hat das Arbeitsentgelt für die gesamte Dauer der Maßnahme, längstens aber bis zur Dauer von sechs Wochen zu zahlen. Im Übrigen steht eine Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme im Hinblick auf die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG einer Arbeitsunfähigkeit gleich. Daraus ergibt sich für den Arbeitgeber das Recht, Zeiten einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme bei Wiederholungserkrankungen oder -maßnahmen unter den in § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG genannten Voraussetzungen auf die Anspruchsdauer von sechs Wochen anzurechnen. Unter den gleichen Bedingungen kann er auch eine frühere Entgeltfortzahlung wegen einer Arbeitsunfähigkeit auf die Anspruchsdauer während einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme anrechnen.

3.5.3 Anzeige- und Nachweispflichten

Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber den Zeitpunkt des Antritts der Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation, ihre voraussichtliche Dauer und ggf. eine Verlängerung mitzuteilen (vgl. § 9 Abs. 2 EFZG). Die Mitteilung hat unverzüglich zu erfolgen, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 BGB), sobald der Arbeitnehmer den Termin für die Einberufung kennt. Die Mitteilung ist nicht an eine bestimmte Form gebunden, sie kann auch mündlich abgegeben werden. Mitzuteilen ist auch die voraussichtliche Dauer der Maßnahme. Bei einer späteren Verlängerung muss der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber unverzüglich davon in Kenntnis setzen.

Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber eine Bescheinigung über die Bewilligung der Maßnahme nach § 9 Abs. 1 EFZG vorzulegen. Die Vorlagepflicht beginnt mit dem Zugang des Bescheids des Sozialleistungsträgers. Die Vorlage hat unverzüglich zu erfolgen, d. h. ohne schuldhaftes Zögern. Aus der Bescheinigung über die Bewilligung der Maßnahme müssen

  • die Art der bewilligten Maßnahme,
  • die stationäre Durchführung der Maßnahme in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation und
  • der bewilligende Sozialleistungsträger

hervorgehen.

Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Entgeltfortzahlung zeitweilig zu verweigern, bis der Arbeitnehmer seine Verpflichtung erfüllt (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 i. v. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG).

3.5.4 Arbeitnehmer, die nicht Mitglied einer Krankenkasse sind

Arbeitnehmer, die nicht Mitglied einer Krankenkasse oder nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber bis zu sechs Wochen, wenn eine ärztlich verordnete Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation oder einer vergleichbaren Einrichtung durchgeführt wird (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 EFZG). Bei diesem Personenkreis kann es sich um geringfügig beschäftigte Familienversicherte oder höher verdienende Arbeitnehmer (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) handeln.

Die ärztliche Verordnung setzt voraus, dass die Durchführung einer medizinischen Maßnahme der Vorsorge- oder Rehabilitation in einer entsprechenden Einrichtung notwendig ist. Verordnet der Arzt nur eine medizinische Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme, ohne die Notwendigkeit der Durchführung zu bestätigen, reicht die Verordnung nicht aus.

Dem Arbeitgeber ist unverzüglich eine ärztliche Bescheinigung über die Erforderlichkeit der Maßnahme vorzulegen (vgl. § 9 Abs. 2 Buchst. b EFZG).

3.6 Wirtschaftliche Sicherung für den Krankheitsfall im Bereich der Heimarbeit

Heimarbeiter sind Personen, die in eigener Arbeitsstätte im Auftrag und für Rechnung von Gewerbetreibenden, gemeinnützigen Unternehmern oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften erwerbsmäßig arbeiten (vgl. § 12 Abs. 2 SGB IV). Heimarbeiter haben keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Auftraggeber oder der Zwischenmeister zahlen stattdessen einen Zuschlag zum Arbeitsentgelt (vgl. § 10 EFZG). Dieser Anspruch ist unabdingbar.

3.7 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung setzt grundsätzlich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus. Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses endet auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung (vgl. § 8 Abs. 2 EFZG).

Eine wesentliche Ausnahme hiervon enthält § 8 Abs. 1 EFZG. Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts wird nicht dadurch berührt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus „Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt“ (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG). Das Gesetz enthält zwar keinen Kündigungsschutz während der Arbeitsunfähigkeit. Es verhindert aber, dass sich der Arbeitgeber durch eine Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit von seinen Verpflichtungen zur Entgeltfortzahlung befreit.

Das Gleiche gilt, wenn der Arbeitnehmer aus einem vom Arbeitgeber zu vertretenden Grunde das Arbeitsverhältnis während der Arbeitsunfähigkeit kündigt (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 EFZG).

Die Anwendbarkeit der Vorschrift setzt jedoch voraus, dass der Anspruch auf Entgeltfortzahlung während eines Arbeitsverhältnisses entstanden ist. Es besteht keine Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn die Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsverhältnis beendet, bevor die Arbeitsunfähigkeit beginnt.

3.7.1 Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

3.7.1.1 Kündigung

Der Regelfall der einseitigen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist die Kündigung durch den Arbeitnehmer oder durch den Arbeitgeber. Eine Kündigung, die gegen Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes oder den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt, ist nichtig.

Willenserklärung

Bei einer Kündigung erklärt ein Vertragspartner die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Es handelt sich um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die entweder der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer ausspricht. Die Kündigung eines Minderjährigen ist ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nichtig (vgl. § 111 BGB).

Bestimmtheit

Die Kündigung ist klar und eindeutig zu erklären. Dabei muss der Wille, das Arbeitsverhältnis beenden zu wollen, deutlich werden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen (z. B. § 22 Abs. 3 BBiG, § 9 Abs. 3 MuSchG) ist für die Kündigung keine Begründung erforderlich. Eine Mitteilungspflicht kann sich jedoch aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag ergeben.

Schriftform

Nach § 623 BGB ist für die Kündigung die Schriftform vorgeschrieben. Wird diese Form nicht eingehalten, ist die Kündigung nichtig (vgl. § 125 BGB).

Wirksamkeit

Die Kündigungserklärung wird nach § 130 Abs. 1 BGB mit dem Zugang wirksam. Die Beweislast für den Zugang trägt der Kündigende. Der Zugang erfolgt, sobald die Kündigung in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Erklärungsempfängers gelangt. Hinzu kommen muss die Möglichkeit des Empfängers zur Kenntnisnahme. Es ist unerheblich, ob er die Kündigungserklärung erst später zur Kenntnis genommen hat.

Ordentliche Kündigung

Eine ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis nicht sofort, sondern erst nach Ablauf einer Kündigungsfrist. Eine ordentliche Kündigung kann gesetzlich, tarifvertraglich oder einzelvertraglich ausgeschlossen sein. So finden sich z. B. in Tarifverträgen häufig Regelungen, die einen Ausschluss der ordentlichen Kündigung für ältere Arbeitnehmer mit einer langen Betriebszugehörigkeit vorsehen.

Kündigungsfrist

Die gesetzlichen Kündigungsfristen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber einzuhalten haben, regelt § 622 BGB. Danach beträgt die Grundkündigungsfrist vier Wochen (28 Kalendertage) zum 15. Des Monats oder zum Ende eines Kalendermonats.
Von dieser Grundkündigungsfrist gibt es zahlreiche Ausnahmen (z. B. bei Probearbeitsverhältnissen, vgl. § 622 Abs. 3 BGB). Für die Berechnung der Kündigungsfrist gelten die §§ 186 ff. BGB. Es handelt sich um eine Frist mit Ereignistag (Zugang der Kündigung).

Nach § 622 Abs. 2 BGB verlängert sich die Kündigungsfrist bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber für Arbeitnehmer in Abhängigkeit von der Dauer der Unternehmens- bzw. Betriebszugehörigkeit.

Durch Einzelvertrag ist eine Verlängerung der gesetzlichen und tarifvertraglichen Kündigungsfrist möglich. Für die Kündigung durch den Arbeitnehmer darf jedoch keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber (vgl. § 622 Abs. 6 BGB). Eine Verkürzung der Kündigungsfrist ist nach § 622 Abs. 4 BGB in Tarifverträgen möglich.

Außerordentliche Kündigung

Fristlos (außerordentlich) kündigen können sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber. Die außerordentliche Kündigung muss die unausweichlich letzte Maßnahme für den Kündigenden sein, d. h. alle nach den Umständen milderen Mittel (z. B. ordentliche Kündigung, vorherige Abmahnung) sind zuvor auszuschöpfen.

Für eine außerordentliche Kündigung sieht der Gesetzgeber folgende Voraussetzungen vor:

  • das Vorliegen eines wichtigen Grundes,
  • die Beachtung der Schriftform und
  • das Einhalten einer Kündigungserklärungsfrist von zwei Wochen ab Kenntnis des wichtigen Grundes.

Es müssen Gründe vorliegen, die dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zum vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen.

In weniger schwerwiegenden Fällen ist ggf. eine fristgemäße (verhaltensbedingte) Kündigung gerechtfertigt . Aus Sicht des kündigenden Arbeitgebers können z. B. folgende Gründe für eine fristlose Kündigung in Betracht kommen:

  • beharrliche Arbeitsverweigerung
  • Androhung des Arbeitnehmers, er werde krank
  • Übertretung eines betrieblichen Rauchverbots, wenn dieses wegen Explosionsgefahr besteht
  • provozierende parteipolitische Äußerungen im Betrieb
  • wiederholte häufige Unpünktlichkeit trotz Abmahnung
  • Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot
  • Annahme von Schmiergeldern
  • Straftaten gegen den Arbeitgeber und Arbeitskollegen
  • beharrlicher Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten
  • dauernde und anhaltende Arbeitsunfähigkeit
  • Missbrauch des Vertrauens

Gründe für eine fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer können z. B. sein:

  • ständiges und erhebliches Überschreiten der Höchstarbeitszeiten
  • Nichtzahlung der Vergütung
  • Straftaten des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer

Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergibt sich, dass auch bei einer außerordentlichen Kündigung oft zuvor eine Abmahnung erforderlich ist. Diese kann jedoch nach der Rechtsprechung bei besonders schweren Pflichtverletzungen und im Vertrauensbereich entfallen.

Die Kündigung bedarf nach § 623 BGB der Schriftform. Auf Verlangen muss der Kündigende zudem dem anderen Teil den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Nach § 626 Abs. 2 BGB erlischt das Recht zur außerordentlichen Kündigung, wenn diese nicht innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des wichtigen Grundes ausgesprochen wird. Es handelt sich hier um eine Frist mit Ereignistag (Zugang der Kündigung), sodass sich der Fristverlauf nach § 187 Abs. 1 in Verbindung mit § 188 Abs. 2 1. Halbsatz BGB richtet.

Ist eine außerordentliche Kündigung unwirksam, so kann sie in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn die Wirksamkeitsvoraussetzungen der ordentlichen Kündigung erfüllt sind (vgl. § 140 BGB).

Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung kann sowohl vom Arbeitnehmer als auch vom Arbeitgeber ausgesprochen werden. Es handelt sich hierbei um die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses verbunden mit dem Angebot, einen neuen Vertrag abzuschließen, um es zu veränderten Bedingungen fortzusetzen.

Häufig geht in der Praxis die Initiative zur Änderungskündigung vom Arbeitgeber aus. Dem Arbeitnehmer stehen dann insbesondere folgende Reaktionsmöglichkeiten zu:

  • Der Arbeitnehmer nimmt das Angebot an.
  • Der Arbeitnehmer lehnt das Angebot ab (Die Änderungskündigung wird dann zu einer Beendigungskündigung.)
  • Finden auf die Änderungskündigung die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, das Angebot unter Vorbehalt anzunehmen und Änderungsschutzklage zu erheben (vgl. auch § 2 KSchG).

3.7.1.2 Befristung

Ein Arbeitsverhältnis kann auch durch Befristung enden, wenn es auf bestimmte Zeit eingegangen wurde (vgl. § 620 Abs. 1 BGB). Die Befristung ist zulässig, wenn dafür ein sachlicher Grund vorliegt (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG) . Sachliche Gründe sind insbesondere, wenn

  • der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
  • die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
  • der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
  • die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
  • die Befristung zur Erprobung erfolgt,
  • in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
  • der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
  • die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

Solange ein sachlicher Grund für die Befristung vorliegt, ist die Befristung von aufeinander folgenden Arbeitsverhältnissen bei demselben Arbeitgeber uneingeschränkt zulässig. Liegt ein sachlicher Grund nicht vor, ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsverhältnisses bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG). Bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung ohne sachlichen Grund ist ausgeschlossen, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor ein unbefristetes oder ein befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das gilt auch für befristete Arbeitsverhältnisse von kurzer Dauer (z. B. von weniger als sechs Monaten).

Außerhalb der Wartezeit nach § 3 Abs. 3 EFZG wird das Arbeitsentgelt im Falle der Arbeitsunfähigkeit bis zu dem Tage fortgezahlt, an dem das Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf der Befristung endet (vgl. § 15 TzBfG). Ist die Befristung rechtsunwirksam (z. B. wegen eines Mangels in der Schriftform), gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden (vgl. § 16 TzBfG). Bis dahin ist Arbeitsentgelt unter den zeitlichen Begrenzungen aus § 3 EFZG und bei bestehender Arbeitsunfähigkeit fortzuzahlen.

3.7.1.3 Aufhebungsvertrag

Der Arbeitsvertrag kann in derselben Weise, wie er abgeschlossen worden ist, auch wieder aufgehoben werden (Aufhebungs- oder Auflösungsvertrag). Mit dem vereinbarten Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung, es sei denn, der Auflösungs- oder Aufhebungsvertrag wird aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit geschlossen.

Die Beendigungsvereinbarung kann durch den Arbeitnehmer wirksam angefochten werden , wenn der Arbeitnehmer widerrechtlich durch Drohung zur Abgabe der Willenserklärung veranlasst wurde (vgl. § 123 Abs. 1 BGB). Der Aufhebungsvertrag ist dann nichtig (vgl. § 142 BGB).
Eine Drohung in diesem Sinne setzt objektiv die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird. Die Androhung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis durch eine außerordentliche Kündigung beenden zu wollen, falls der Arbeitnehmer nicht bereit sei, eine einvernehmliche Beendigung oder ordentliche Kündigung zu akzeptieren und auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu verzichten, stellt die Ankündigung eines zukünftigen empfindlichen Übels dar, dessen Verwirklichung in der Macht des ankündigenden Arbeitgebers liegt.

Die Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung ist widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Die Widerrechtlichkeit der Kündigungsandrohung kann sich regelmäßig nur aus der Inadäquanz von Mittel und Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks (Beendigungsvereinbarung, Hinnahme einer Kündigung durch den Arbeitnehmer bzw. Verzicht einer gerichtlichen Überprüfung) kein berechtigtes Interesse oder ist die Drohung nach Treu und Glauben nicht mehr als angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, ist die Drohung widerrechtlich. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die angedrohte Kündigung, wenn sie ausgesprochen worden wäre, sich in einem Kündigungsschutzprozess als rechtsbeständig erwiesen hätte.

Der Aufhebungsvertrag ist kein „Haustürgeschäft“. Ein Widerrufsrecht der Beendigungsvereinbarung nach § 312 Abs. 1, § 355 BGB steht dem Arbeitnehmer nicht zu.

3.7.1.4 Anfechtung

Der Arbeitsvertrag kann auch durch Anfechtung beendet werden (vgl. § 123 BGB). Das Anfechtungsrecht wird nicht durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung verdrängt. Der Tatbestand der arglistigen Täuschung gemäß § 123 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst.

Allerdings stellt nicht jede falsche Angabe des Arbeitnehmers bei den Einstellungsverhandlungen bereits eine arglistige Täuschung im Sinne des § 123 BGB dar. Wird der Arbeitnehmer nach dem Vorliegen einer bestimmten Tatsache befragt, so ist er zu deren wahrheitsgemäßer Beantwortung verpflichtet, falls die gestellte Frage zulässig ist. Ein Fragerecht des Arbeitgebers bei den Einstellungsverhandlungen wird allerdings nur insoweit anerkannt, als der Arbeitgeber ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis hat.

Für den Bereich der schwerbehinderten Menschen (vgl. §§ 68 ff. SGB IX) besteht sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass der schwerbehinderte Mensch nicht von sich aus über die bestehende Behinderung aufklären muss, soweit ihm die Tätigkeit damit nicht unmöglich gemacht wird. Dem Arbeitgeber wird jedoch das Recht zugestanden, nach der Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung zu fragen; der Arbeitnehmer hat die Pflicht, darauf wahrheitsgemäß zu antworten.

Das Recht zur Anfechtung eines Arbeitsvertrages gemäß § 123 BGB kann verwirken (vgl. § 242 BGB), wenn der Anfechtungsberechtigte das Recht längere Zeit nicht ausübt, obwohl ihm dies möglich und zumutbar war – Zeitmoment -, und wenn damit beim Anfechtungsgegner das berechtigte Vertrauen genährt wurde, die Anfechtung werde unterbleiben, sodass er sich auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses eingerichtet hat – Umstandsmoment -.

Vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zum Tag der wirksamen Anfechtung handelt es sich um ein sogenanntes faktisches Arbeitsverhältnis. Faktische Arbeitsverhältnisse setzen einen, wenngleich unwirksamen, Arbeitsvertrag oder zumindest einen vertragsähnlichen dem bürgerlichen Recht zuzuordnenden Entstehungstatbestand voraus. Die Entgeltfortzahlung ist bis zur wirksamen Anfechtung zu erbringen.

3.7.1.5 Tod des Arbeitnehmers

Das Arbeitsverhältnis endet wegen seines persönlichen Charakters mit dem Tod des Arbeitnehmers. Die Pflicht zur Arbeitsleistung ist an die Person des Arbeitnehmers gebunden und nicht übertragbar oder vererbbar. Der Entgeltfortzahlungsanspruch endet also spätestens mit dem Tod des Arbeitnehmers. Falls Ansprüche auf Arbeitsentgelt bereits entstanden und fällig sind, aber noch nicht gezahlt wurden, sind diese Ansprüche vererbbar.

3.7.2 Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Der Arbeitgeber kündigt dann aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit, wenn die Arbeitsunfähigkeit wesentliche Bedingung der Kündigung ist (vgl. Bsp. 31) . Es kommt auf die objektive Ursache, nicht auf das Motiv der Kündigung an. Maßgebend sind die objektiven Umstände bei Ausspruch der Kündigung. Der Arbeitgeber kündigt nicht aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit, wenn diese erst nach einer ausgesprochenen Kündigung eintritt oder bekannt wird.

Der Begriff „aus Anlass“ wird weit ausgelegt. Es genügt, wenn die Kündigung ihre objektive Ursache und wesentliche Bedingung in der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hat und den entscheidenden Anstoß für den Kündigungsentschluss gegeben hat.

Hieraus folgert die überwiegende Auffassung im arbeitsrechtlichen Schrifttum, die Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG setze die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers beim Ausspruch der Kündigung voraus. Eine zukünftige Arbeitsunfähigkeit muss mit großer Sicherheit bevorstehen (z. B. aufgrund einer fest terminierte Operation).

Bsp. 31: Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit

Der Arbeitgeber kündigt,

  • weil eine Ersatzkraft für den erkrankten Arbeitnehmer eingestellt wird, um Betriebsablaufstörungen wegen der krankheitsbedingten Abwesenheit zu vermeiden,
  • wegen einer sich an die Arbeitsunfähigkeit anschließenden Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit des Arbeitnehmers,
  • wegen eines mit der Arbeitsunfähigkeit in Zusammenhang stehenden gesetzlichen Beschäftigungsverbots,
  • einem arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen, ohne eine sozialen Auswahl (vgl. § 1 Abs. 3 KSchG) zu treffen, wenn die Arbeitsunfähigkeit einen entscheidenden Grund für die Kündigung darstellt.

Die gleiche Beurteilung gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass

  • der Fortdauer einer Arbeitsunfähigkeit,
  • einer nicht rechtswidrigen Sterilisation,
  • eines nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs,
  • eines rechtswidrigen aber straffreien Schwangerschaftsabbruchs oder
  • einer Organtransplantation

kündigt.

Eine Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit während der vierwöchigen Wartezeit (vgl. § 3 Abs. 3 EFZG) entbindet den Arbeitgeber ebenfalls nicht davon, Entgeltfortzahlung zu leisten (vgl. Bsp. 32).

Bsp. 32: „Anlasskündigung“ während der Wartezeit

Ein Arbeitnehmer steht seit dem 1. Mai 2013 in einem Arbeitsverhältnis. Dieses wird aus Anlass einer am 15. Mai 2013 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit gekündigt. Der Arbeitnehmer hat während der Wartezeit bis zum 28. Mai 2013 keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Für die Zeit vom 29. Mai bis zum 9. Juli 2013 hat der Arbeitgeber Entgelt fortzuzahlen (längstens bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit).

3.7.2.1 Darlegungs- und Beweislast

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt worden ist, trifft im Streitfall als anspruchsbegründende Tatsache den Arbeitnehmer. Dabei ist der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Arbeitnehmers auch im Prozessrecht zu gewährleisten. Deshalb finden die Grundsätze einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast Anwendung.

Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer keinen Auswahlfehler des Arbeitgebers geltend macht, sondern die Kündigung aus anderen Gründen für rechtswidrig hält. Im ersten Schritt muss jedoch der Arbeitnehmer, der die Gründe, die zu seiner Kündigung geführt haben, oft nicht kennt, einen Sachverhalt vortragen, der die Rechtswidrigkeit der Kündigung indiziert. Der Arbeitgeber muss sich dann qualifiziert auf das Vorbringen des Arbeitnehmers einlassen, um es zu entkräften (vgl. § 138 Abs. 2 ZPO).

Kommt der Arbeitgeber dieser sekundären Behauptungslast nicht nach, gilt der schlüssige Vortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Trägt der Arbeitgeber hingegen die betrieblichen, persönlichen oder sonstigen Gründe vor, die den Vorwurf der Rechtswidrigkeit ausschließen, so hat der Arbeitnehmer die Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der Kündigung dennoch ergeben soll, zu beweisen.

Fallen Kündigung und Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder deren Verlängerung zeitlich zusammen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins (prima-facie-Beweis) dafür, dass die Arbeitsunfähigkeit oder deren Fortdauer Anlass der Kündigung war. Dies zu widerlegen ist dann Sache des Arbeitgebers.

Wird das Arbeitsverhältnis vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit gekündigt, liegt keine Anlasskündigung vor. Erhebt der Arbeitnehmer zulässig Kündigungsschutzklage, so ist für die soziale Rechtfertigung der Kündigung der Arbeitgeber beweispflichtig (vgl. § 1 Abs. 2 KschG).

3.7.2.2 Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt von Arbeitsunfähigkeit

Grundsätzlich endet mit Erlöschen des Arbeitsverhältnisses auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Bei einer vor dem Eintritt von Arbeitsunfähigkeit ausgesprochenen Kündigung entfällt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung mit Ablauf der Kündigungsfrist. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung nicht für sechs Wochen gezahlt hat.

Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG muss die Arbeitsunfähigkeit bei Ausspruch der Kündigung nicht objektiv vorliegen. Der Arbeitgeber, für den Anlass der Kündigung die bevorstehende Arbeitsunfähigkeit ist, kündigt das Arbeitsverhältnis ebenfalls „aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit“. Es bedarf lediglich hinreichend sicherer Anhaltspunkte der bevorstehenden Arbeitsunfähigkeit. Bloße Vermutungen oder vage Ankündigungen können keine Grundlage dafür sein, dass die Arbeitsunfähigkeit objektive Ursache der Kündigung ist. Steht dagegen die künftige Arbeitsunfähigkeit so gut wie sicher fest, kann sie die Grundlage der Kündigung sein. Das ist gerade bei einem fest vereinbarten Operationstermin der Fall, wenn die Operation mit Arbeitsunfähigkeit verbunden ist. Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit tritt eben nicht stets unvorhersehbar und schicksalhaft ein, sondern unterliegt vielfach der Planung durch Patienten und Ärzte.

3.7.2.3 Kündigung vor Ablauf der Nachweisfrist am Anfang einer Arbeitsunfähigkeit

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG liegt vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit sich als eine die Kündigung wesentlich mitbestimmte Bedingung darstellt. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit bekannt war. Ein Arbeitgeber, der vor Ablauf der Nachweisfrist des § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG gekündigt und nicht abgewartet hat, ob der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit nachweist, kann nicht geltend machen, er habe bei Ausspruch der Kündigung von der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers keine Kenntnis gehabt.

Die vom Arbeitgeber abzuwartende Nachweisfrist beträgt drei Kalendertage. Sie beginnt mit dem Fehlen des Arbeitnehmers, nicht erst mit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit.. Es soll verhindert werden, dass der Arbeitgeber bei einem Fehlen des Arbeitnehmers sofort kündigt und dann geltend macht, er habe von einer Arbeitsunfähigkeit nichts gewusst. Wartet der Arbeitgeber die Nachweisfrist ab und kündigt er dann, ohne von der Arbeitsunfähigkeit Kenntnis zu haben, kann er davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer unentschuldigt fehlt, auch wenn dieser zwischenzeitlich erkrankt ist.

3.7.2.4 Kündigung vor Ablauf der Nachweisfrist bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber vor Ablauf von drei Tagen nach dem Ende einer zunächst bescheinigten Arbeitsunfähigkeit gekündigt und nicht abgewartet hat, ob der Arbeitnehmer eine Bescheinigung über die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit nachweist. Der Arbeitgeber kann nicht geltend machen, er habe bei Ausspruch der Kündigung von der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit keine Kenntnis gehabt.

3.7.2.5 Entgeltfortzahlungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag

Die Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG kommt auch dann in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit nicht gekündigt, sondern auf Initiative des Arbeitgebers hin einvernehmlich beendet wird. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG entfällt im Regelfall, wenn das Arbeitsverhältnis nach einer vom Arbeitgeber aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers ausgesprochenen Kündigung im gegenseitigen Einvernehmen beendet wird.

Bei der Beurteilung von Ansprüchen im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis kommt es nicht entscheidend auf die formale Seite – Aufhebungsvertrag oder Kündigung -, sondern auf den Anlass, den materiellen Auslösungsgrund, an. Die gleichen Überlegungen müssen auch für den Fall gelten, in dem der Arbeitgeber die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit durch einem Aufhebungsvertrag betreibt, ohne zuvor gekündigt zu haben. § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG will verhindern, dass der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit zum Anlass einer Kündigung nimmt, um sich auf diese Weise der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung zu entziehen. Diesem gesetzgeberischen Zwecke würde nur unvollkommen entsprochen, wenn der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung nicht verpflichtet wäre, sofern es ihm gelingt, den Arbeitnehmer zu einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu veranlassen und deshalb eine Kündigung entbehrlich wird.

3.7.2.6 Wirkung einer Verzichtserklärung/Ausgleichsquittung

Sofern ein Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in einer Ausgleichsquittung bestätigt, dass er seine Arbeitspapiere und den Restlohn erhalten hat, und er zugleich die auf dem Formular vorgedruckte Erklärung unterschreibt, dass damit alle seine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sind und er keine Forderungen gegen den Arbeitgeber gleichgültig aus welchem Rechtsgrund – mehr hat, wurde durch diese Handlung der Empfang der Papiere quittiert und möglicherweise die Richtigkeit der Lohnabrechnung anerkannt. Ein weitergehender Verzicht, insbesondere ein Verzicht auf einen etwaigen Entgeltfortzahlungsanspruch, kann in einer solchen „Erklärung“ nicht gesehen werden, es sei denn, aus den Umständen ergibt sich, dass der Arbeitnehmer die Bedeutung seiner Unterschrift erkannt hat.

3.7.2.7 Kündigung durch den Arbeitnehmer aus einem vom Arbeitgeber zu vertretenden wichtigen Grund.

Einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus kann ein Arbeitnehmer bei Arbeitsunfähigkeit auch dann fordern, wenn er aus wichtigem Grund kündigt und der Arbeitgeber diesen Grund zu vertreten hat (vgl. § 626 Abs. 1 BGB). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer von seinem Recht, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen, keinen Gebrauch macht und eine fristgemäße Kündigung wählt.

Wichtige Gründe können

  • Tätlichkeiten,
    • grobe Beleidigungen,
  • ungerechtfertigte Verdächtigungen (z. B. des Diebstahls),
  • unsittliches Verhalten,
  • Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften und
  • bestimmte Vertragsverletzungen wie etwa die unberechtigte Verweigerung der Entgeltzahlung oder Entgeltfortzahlung oder ein Zahlungsverzug des Arbeitgebers

sein.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines vom Arbeitgeber zu vertretenden wichtigen Grundes trifft den kündigenden Arbeitnehmer.

3.7.2.8 Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei verspäteter Rückkehr des Arbeitnehmers aus dem Urlaub

Vereinbarungen über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses sind grundsätzlich zulässig und weder durch Kündigungs- noch durch Kündigungsschutzbestimmungen ausgeschlossen. Die Aufhebung ist jedoch unzulässig, wenn zwingende Vorschriften des Kündigungsrechts umgangen werden. Eine einzelvertragliche Festlegung, nach der das Arbeitsverhältnis ohne Weiteres enden soll, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit nach Ablauf des bezahlten Erholungsurlaubs nicht sofort wieder aufnimmt, ist – unabhängig davon, welche Umstände die Fristversäumnis verursacht haben – rechtsunwirksam, weil sie den durch das Kündigungs- und Kündigungsschutzrecht gewährleisteten Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses vereiteln würde. Soweit eine derartige Vereinbarung auch den Fall der Arbeitsverhinderung infolge Krankheit einschließt, ist ihre Rechtsunwirksamkeit schon wegen des Verstoßes gegen § 9 EFZG über die Unabdingbarkeit des Entgeltfortzahlungsanspruchs gegeben. Das gleiche gilt, wenn der Arbeitnehmer nach einem vereinbarten unbezahlten Sonderurlaub nicht rechtzeitig zurückkehrt. Unabhängig davon kann dieses Verhalten des Arbeitnehmers jedoch einen Grund zur Kündigung durch den Arbeitgeber darstellen.

3.8 Unabdingbarkeit

Von den Vorschriften über die Entgeltfortzahlung kann nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers oder des Heimarbeiters abgewichen werden (vgl. § 12 EFZG; vgl. auch 3.4.4).Dies gilt für kollektivvertragliche Regelungen (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) und einzelvertragliche Regelungen (Arbeitsvertrag). Eine Ausnahme gilt lediglich hinsichtlich der Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts, die abweichend von § 4 Abs. 1, 1a, 3 EFZG durch tarifvertragliche Regelungen zu Ungunsten des Arbeitnehmers festgelegt werden kann (vgl. § 4 Abs. 4 EFZG).
Eine Tarifregelung, die dem Arbeitgeber das Recht einräumt, für jeden Tag der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall den Arbeitnehmer 1,5 Stunden nacharbeiten zu lassen bzw., sofern ein Arbeitszeitkonto vorhanden ist, von diesem Zeitkonto 1,5 Stunden in Abzug zu bringen, weicht zu Ungunsten der Arbeitnehmer von § 4 Abs 1 EFZG ab und ist deshalb unwirksam.

Tarifliche Ausschlussfristen, innerhalb derer der Anspruch auf Arbeitsentgelt und damit auf Entgeltfortzahlung geltend zu machen ist, stellen keine Abweichung vom EFZG dar und sind somit zulässig. Damit ist die Entgeltfortzahlung der während der Arbeitsunfähigkeit aufrechterhaltene Vergütungsanspruch und teilt dessen rechtliches Schicksal. Die Ansprüche sind weder gesetzlich befristet noch ausdrücklich unbefristet. Die Vorschriften des EFZG werden deshalb nicht damit berührt, dass Ansprüche kraft einer tariflichen Ausschlussfrist nach Ablauf bestimmter Fristen erlöschen. Die Ausschlussfrist betrifft eben nicht den Inhalt des Anspruchs, sondern dessen Geltendmachung und zeitliche Begrenzung

4 Anzeige und Nachweispflichten des Arbeitnehmers

4.1 Arbeitsunfähigkeit im Inland

Die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer sind dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen (Anzeigepflicht) und spätestens am ersten Arbeitstag nach Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen (Nachweispflicht; vgl. § 5 Abs. 1 EFZG). Der Arbeitgeber kann auf die Anzeige und den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit verzichten.

Der Arbeitnehmer hat darzulegen und zu beweisen, dass er arbeitsunfähig krank ist. Diesen Beweis führt der Arbeitnehmer i. d. R. durch die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, der ein hoher Beweiswert zukommt . Er kann diesen Beweis aber auch mit jedem anderen zulässigen Beweismittel führen. Es ist zulässig, im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, dass eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits für den ersten Tag krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit beigebracht werden muss.

Die Anzeige- und Nachweispflicht gilt für alle Arbeitnehmer unabhängig vom Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Arbeitnehmer hat seinen Pflichten somit auch während der vierwöchigen Wartezeit ohne Anspruch auf Entgeltfortzahlung (vgl. § 3 Abs. 3 EFZG), bei einer selbstverschuldeten Arbeitsunfähigkeit, einem ruhenden Arbeitsverhältnis oder nach dem Ende des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung während einer länger dauernden Arbeitsunfähigkeit nachzukommen.

Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung hat die Krankenkasse die Kosten für die Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die der Versicherte für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigt, zu übernehmen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 9 BMV-Ä). Bei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zur Erlangung von Krankengeld – in der Regel also nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlungsfrist – haben die Krankenkassen nicht die Kosten zu tragen, da Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zur Erlangung von Krankengeld kostenfrei zu erteilen sind (vgl. § 36 Abs. 2 BMV-Ä).

4.1.1 Anzeige der Arbeitsunfähigkeit gegenüber dem Arbeitgeber

Dem Arbeitgeber ist die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), anzuzeigen (vgl. § 5 Abs. 1 EFZG) . Danach ist der Arbeitgeber im Regelfall am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit während der ersten Betriebsstunden zu unterrichten. Dazu gehört auch eine Prognose des Arbeitnehmers über die Arbeitsunfähigkeit und ihre voraussichtliche Dauer vor dem ersten Arztbesuch. Eine briefliche Information ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend.

Eine Anzeige ist darüber hinaus erforderlich, wenn eine Arbeitsunfähigkeit länger als angenommen oder durch den Arzt bescheinigt andauert.
Eine bestimmte Form ist für die Anzeige nicht vorgeschrieben; sie kann u. a. mündlich oder telefonisch erfolgen. Anzuzeigen ist der Tatbestand der Arbeitsunfähigkeit. Als Ursache der Arbeitsunfähigkeit ist anzugeben, dass sie auf Krankheit beruht. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, die Art der Krankheit mitzuteilen. Verletzt der Arbeitnehmer schuldhaft die Anzeigepflicht, kann dieses zu Schadenersatzansprüchen des Arbeitgebers führen.

Adressat der Anzeige ist der Arbeitgeber. Welche Person konkret über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren ist richtet sich nach den organisatorischen Bedingungen des Unternehmens. Die Kosten der Anzeige trägt der Arbeitnehmer.

4.1.2 Nachweis der Arbeitsunfähigkeit gegenüber dem Arbeitgeber

4.1.2.1 Erstbescheinigung

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauf folgenden Arbeitstag vorzulegen (Erstbescheinigung; vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG . Es ist auf die betriebsüblichen Arbeitstage abzustellen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Die Arbeitsunfähigkeit ist von ihrem ersten Tag an zu bescheinigen.

4.1.2.2 Folgebescheinigung

Die Angabe der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit in der Bescheinigung begrenzt deren Wirksamkeit. Es ist eine erneute ärztliche Bescheinigung beizubringen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger andauert (Folgebescheinigung; vgl. § 5 Abs. 1 Satz 4 EFZG). Für die Vorlage der Folgebescheinigung sieht das Gesetz keine Frist vor. Es erscheint angebracht, die Nachweispflicht in entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG auszulegen.

4.1.2.3 Beweislast

Der Arbeitnehmer hat die Anspruchsvoraussetzungen darzulegen und zu beweisen. In der Regel führt er den Beweis der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG. Die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist das gesetzlich ausdrücklich vorgesehene und insoweit wichtigste Beweismittel für das Vorliegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Einer solchen Bescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu. Dies ergibt sich aus der Lebenserfahrung. Der Tatrichter kann normalerweise den Beweis, dass eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt, als erbracht ansehen, wenn der Arbeitnehmer im Rechtsstreit eine solche Bescheinigung vorlegt.

4.1.2.4 Kurzzeitige Erkrankung

Die Regelung, einen Nachweis schon zu einem früheren Zeitpunkt zu verlangen, eröffnet dem Arbeitgeber die Möglichkeit, abweichend von der gesetzlichen Grundnorm auch bei kurzzeitiger Erkrankung von bis zu drei Tagen einen Nachweis durch ärztliche Bescheinigung zu verlangen (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG). Sie gestattet ihm außerdem, die Frist für die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung gegenüber der gesetzlichen Regelfrist abzukürzen.

Es liegt im Ermessen des Arbeitgebers

  • eine frühere Vorlage zu verlangen und
  • zu entscheiden, ob generell, abteilungsbezogen oder im Einzelfall von § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG abgewichen werden soll.

In der Sache selbst enthält sich das Gesetz damit einer abschließenden Regelung. § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG räumt dem Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern ein einseitiges Bestimmungsrecht ein. Eine vertragliche Regelung ist nicht erforderlich.

Es liegt im Ermessen des Arbeitgebers, sein Recht auszuüben. Dazu ist es nicht erforderlich, dass gegen den Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht besteht, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht. Das Recht des Arbeitgebers kann durch eine ausdrückliche Regelung in einem Tarifvertrag ausgeschlossen werden.

§ 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG begründet einen Anspruch des Arbeitgebers (vgl. § 194 Abs. 1 BGB). Dieser Anspruch kann in einem Einzelfall ausgeübt, arbeitsvertraglich vereinbart oder durch Tarifvertrag geltend gemacht werden.

Nimmt der Arbeitnehmer zu Beginn seiner Krankheit an, er werde nicht länger als drei Kalendertag an der Arbeitsleistung verhindert sein und stellt sich dann später heraus, dass er sich in dieser Annahme geirrt hat, bleibt er von der Nachweispflicht für die ersten drei Tage der Arbeitsunfähigkeit befreit, wenn er für sie keine ärztliche Bescheinigung erhalten kann.

4.1.2.5 Vordrucke

Die vom Arzt zu verwendenden Vordrucke sind zwischen Krankenkassen und Ärzten vereinbart. Nimmt der bei einer Krankenkasse versicherte Arbeitnehmer einen Vertragsarzt in Anspruch, regeln sich dessen Pflichten nach den Vorschriften über die vertragsärztliche Versorgung. Dazu gehört u. a. die Ausstellung von Bescheinigungen, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen. Nimmt der Arbeitnehmer jedoch einen nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt in Anspruch, so ist der Arzt zur Übersendung der ärztlichen Bescheinigung an die Krankenkasse nicht gesetzlich verpflichtet.

Für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist auch eine Bescheinigung wirksam, die von einem nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt ausgestellt ist (z. B. in Notfällen). Allerdings muss auch diese Bescheinigung den Vermerk nach § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG enthalten. Eine von der Krankenkasse ausgestellte Bescheinigung über den Beginn und ggf. die Dauer einer stationären Behandlung genügt als Nachweis der Arbeitsunfähigkeit.

4.1.3 Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung

Ein ärztliches Attest hat einen hohen Beweiswert, es ist der gesetzlich vorgesehene und wichtigste Beweis für die Tatsache der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Bezweifelt der Arbeitgeber die attestierte Arbeitsunfähigkeit, beruft er sich insbesondere darauf, der Arbeitnehmer habe den die Bescheinigung ausstellenden Arzt durch Simulation getäuscht oder der Arzt habe den Begriff der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit verkannt, dann muss er die Umstände, die gegen die Arbeitsunfähigkeit sprechen, näher darlegen und notfalls beweisen, um die Beweiskraft des Attestes zu erschüttern.

Gelingt es dem Arbeitgeber, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern bzw. zu entkräften, so tritt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage des Attestes bestand. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, seinen Vortrag z. B. mit Hinweisen zu den Fragen, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben, welche Verhaltensmaßregeln der Arzt gegeben hat, welche Medikamente gegeben wurden, weiter zu substanziieren. Erst wenn der Arbeitnehmer insoweit seiner Substanziierungspflicht nachgekommen ist und ggf. die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden hat, muss der Arbeitgeber aufgrund der ihm obliegenden Beweislast den konkreten Sachvortrag des Arbeitnehmers widerlegen.

Mit der Patientenkartei und der Vernehmung des behandelnden Arztes kommen dabei regelmäßig Beweismittel in Betracht, die eine weitere Sachaufklärung versprechen. In derartigen Fällen ist auch stets zu prüfen, ob die Umstände, die den Beweiswert des ärztlichen Attests erschüttern, nicht sogar so gravierend sind, dass sie ein starkes Indiz für die Behauptung des Arbeitgebers darstellen, die Krankheit des Arbeitnehmers sei nur vorgetäuscht; dann müsste der Arbeitnehmer dieses Indiz entkräften.

Der dargestellte hohe Beweiswert kommt nur einer ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu. Liegt sie nicht vor, stellt sich die Rechtslage so dar, als habe der Arbeitnehmer kein ärztliches Attest eingereicht. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines ausländischen Arztes ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur dann ordnungsgemäß ausgestellt, wenn sie erkennen lässt, dass er zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit einer Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden und damit eine den Begriffen des deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrechts entsprechende Beurteilung vorgenommen hat.

4.1.4 Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit durch die Krankenkasse

Die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reicht in der Regel aus, um den Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu begründen. Ist diese Voraussetzung erfüllt, kann der Arbeitgeber die Fortzahlung des Arbeitsentgelts nicht mit einem bloßen Bestreiten der Arbeitsunfähigkeit verweigern.

Die Krankenkassen sind verpflichtet, eine Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung begutachten zu lassen, soweit dieses gesetzlich bestimmt ist (vgl. § 275 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Eine gesetzliche Verpflichtung ergibt sich zur Sicherung des Behandlungserfolges oder zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit. Die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit brauchen nicht begründet zu werden (vgl. § 275 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b SGB V). Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit können medizinische, rechtliche oder sonstige Ursachen haben. Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit kann u. a. der Arbeitgeber z. B. deshalb haben, weil die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit nach innerbetrieblichen Differenzen oder nach Ausspruch einer Kündigung bis zur fristgerechten Beendigung oder nach vorheriger Ankündigung durch den Arbeitnehmer erfolgt ist.

Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit sind insbesondere in den Fällen anzunehmen, in denen

  • Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder
  • die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist

(vgl. § 275 Abs. 1a Satz 1 SGB V).

Darüber hinaus sind nach den Richtlinien über die Zusammenarbeit der Krankenkassen mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Zweifel an dem Bestehen von Arbeitsunfähigkeit u. a. dann angebracht, wenn

  • ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Hinblick auf das bescheinigte Krankheitsbild vorliegt,
  • die Arbeitsunfähigkeitsmeldung nach innerbetrieblichen Differenzen oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt,
  • der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit angekündigt hat.

Die Arbeitsunfähigkeit ist unverzüglich nach der Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit zu begutachten. Die Krankenkasse kann trotz eines entsprechenden Verlanges des Arbeitgebers von einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes absehen, wenn sich die medizinischen Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus den der Krankenkasse vorliegenden Unterlagen ergeben.

4.2 Arbeitsunfähigkeit im Ausland

Tritt die Arbeitsunfähigkeit im Ausland ein, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer sowie die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen (z. B. Telefon, Telefax oder Telegramm; vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 EFZG). Die durch die Meldung entstehenden Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen. Der Arbeitgeber, der sich auf Missbrauch beruft, hat damit die Möglichkeit, den Arbeitnehmer durch einen in erreichbare Nähe des Aufenthaltsortes ansässigen Arzt seiner Wahl untersuchen zu lassen. Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse sind zudem verpflichtet, ihrer Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als angezeigt, haben sie ihrer Krankenkasse auch die voraussichtliche Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen.

Aufgrund entsprechender Regelungen in den EWG-Verordnungen bzw. in den bilateralen Abkommen über Soziale Sicherheit besteht für den Arbeitnehmer auch die Möglichkeit, die Anzeige- und Nachweispflicht gegenüber ausländischen Sozialversicherungsträgern zu erfüllen. Diese Bestimmungen gelten sowohl für Arbeitnehmer, die sich vorübergehend im Ausland aufhalten (z. B. Urlaubsreisende) als auch für Personen, die als Grenzgänger außerhalb der Bundesrepublik wohnen, aber bei einem deutschen Arbeitgeber beschäftigt sind.

Der Arbeitnehmer ist bei Rückkehr in das Inland verpflichtet, dem Arbeitgeber und der Krankenkasse seine Rückkehr unverzüglich anzuzeigen.

Die deutsche Krankenkasse ist an die Feststellungen des ausländischen Versicherungsträgers über das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gebunden, soweit sie den Arbeitnehmer nicht im Aufenthaltsland durch einen Arzt ihres Vertrauens untersuchen lässt. Kommt der Versicherte seinen Anzeige- und Nachweispflichten in einem Staat, mit dem ein Sozialversicherungsabkommen besteht, in der vorgeschriebenen Weise beim zuständigen Sozialversicherungsträger nach, ist der Beweis der Arbeitsunfähigkeit ordnungsgemäß geführt. Bei ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit, kann der Arbeitgeber beim ausländischen Sozialversicherungsträger eine gutachterliche Stellungnahme entweder im Rahmen des zwischenstaatlichen Abkommens im Ausland mit körperlicher Untersuchung des Erkrankten oder unter Einschaltung des Medizinischen Dienstes auch ohne körperliche Untersuchung – also nach Aktenlage – verlangen.

5 Anspruch des Arbeitnehmers auf Schadenersatz

Ein gesetzlicher Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers (vgl. z. B. § 823 BGB) geht in dem Umfang auf den Arbeitgeber über, wie dieser Arbeitsentgelt fortgezahlt und Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit, Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur Sozialversicherung und zur Pflegeversicherung sowie zu Einrichtungen der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung abgeführt hat (vgl. § 6 Abs. 1 EFZG). Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber unverzüglich die erforderlichen Angaben zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs zu machen (vgl. § 6 Abs. 2 EFZG). Dem Arbeitnehmer dürfen aus dem Forderungsübergang keine Nachteile erwachsen (vgl. § 6 Abs. 3 EFZG).

Durch die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung wird der Anspruch des Arbeitsunfähigen gegen einen schadenersatzpflichtigen Dritten nicht ausgeschlossen. Der Dritte kann sich nicht darauf berufen, dass durch die Weiterzahlung des Arbeitsentgelts kein Schaden wegen Verdienstausfall entstanden sei. Dieser Teil des Schadenersatzanspruchs geht vielmehr insoweit auf den Arbeitgeber über, als er dem Arbeitnehmer nach dem EFZG das Arbeitsentgelt gezahlt hat. Außerdem steht dem Arbeitgeber ein Ersatz für die von ihm getragenen Anteile an den Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherungsbeiträgen sowie zur Einrichtung der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung zu. Die Vorschriften über Haftungsausschlüsse oder -beschränkungen sind zu beachten (z. B. § 67 Abs. 2 VVG, §§ 104 ff. SGB VII, §§ 404, 412, 254 BGB).

5.1 Höhe des Forderungsübergangs

Entsprechend dem Grundsatz der sachlichen und zeitlichen Kongruenz der Ansprüche geht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Ersatz des Verdienstausfalls nur insoweit auf den Arbeitgeber über, als dieser Arbeitsentgelt tatsächlich fortgezahlt hat. Der Forderungsübergang erfasst außer dem weitergezahlten Arbeitsentgelt die darauf entfallenden Arbeitgeberanteile an den Beiträgen zur Kranken-, Renten-Arbeitslosen und Pflegeversicherung sowie zur Einrichtung der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung, soweit der Arbeitgeber diese Beitragsanteile abgeführt hat. Die Umlage zur Unfallversicherung ist nicht erstattungspflichtig. Das gilt auch für die Umlage zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für die Entgeltfortzahlung.

Die Schadenersatzansprüche gehen so auf den Arbeitgeber über, wie sie in der Person des Arbeitnehmers entstanden sind. Werden Ansprüche des Arbeitnehmers durch sein Mitverschulden beeinflusst, so wirkt sich dies auch auf die Höhe der übergegangenen Forderung aus. Die Vorschriften über Haftungsausschlüsse und -beschränkungen sind hier ebenfalls zu beachten.

5.2 Zeitpunkt der Entstehung der Arbeitgeberansprüche

Abweichend von § 116 SGB X tritt der Forderungsübergang nicht schon zum Zeitpunkt der Schädigung ein, sondern erst mit der tatsächlichen Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz der Arbeitgeberanteile an den Beiträgen zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung sowie zu Einrichtungen der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung ist für den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs die Abführung der Beiträge maßgebend.

Vereinbarungen zwischen dem Schädiger und dem geschädigten Arbeitnehmer in der Zeit zwischen dem Eintritt des schädigenden Ereignisses und dem Zeitpunkt des Forderungsübergangs können diesen beeinträchtigen. Verhindert der Arbeitnehmer schuldhaft den Forderungsübergang ganz oder teilweise, ist der Arbeitgeber insoweit berechtigt, die Entgeltfortzahlung zu verweigern. Erhält der Arbeitgeber erst zu einem späteren Zeitpunkt von entsprechenden Vereinbarungen Kenntnis, hat er gegen den Arbeitnehmer einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen des zu viel gezahlten Arbeitsentgelts.

5.3 Mitteilungspflicht des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber unverzüglich die Angaben zu machen, die zur Realisierung des Schadenersatzanspruchs erforderlich sind. Dazu gehören insbesondere die Angaben über die Person des Schädigers sowie über Ursache und Hergang des schädigenden Ereignisses. Solange der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber diese Angaben vorenthält, ist dieser berechtigt, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu verweigern.

Arbeitnehmer, die durch rechtswidrige Auskunftsverweigerung die Geltendmachung eines übergegangenen Schadenersatzanspruchs vereiteln, haben alle sich daraus ergebenden Vermögensnachteil zu ersetzen. Dabei muss der Arbeitgeber so gestellt werden, als hätte er vom Schädiger in vollem Umfange Ersatz erlangt. Eine Verpflichtung, den Schädiger zu benennen, besteht nicht, wenn dies dem Arbeitnehmer aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder wenn die Angabe den Arbeitnehmer oder ihm nahe stehende Personen (vgl. § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO) der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzt.

5.4 Ausschluss von Nachteilen für den Arbeitnehmer

Der Forderungsübergang darf nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers geltend gemacht werden. Damit ist sichergestellt, dass dem Arbeitnehmer kein Nachteil entsteht, wenn etwa die Ersatzforderung von dem Dritten nicht in vollem Umfange erfüllt werden kann (z. B. Zahlungsunfähigkeit des Schädigers).

5.5 Zusammentreffen mit Ansprüchen aufgrund des Übergangs nach § 116 SGB X

Während stationärer Behandlung geht der Teil des Schadenersatzanspruchs für Verdienstausfall, der gemäß § 116 SGB X auf die Krankenkasse übergegangen ist (Einsparungen des Verletzten im Haushalt), dem Anspruch des Arbeitgebers auf Ersatz des weitergezahlten Arbeitsentgelts vor.

6 Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber hat ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn der Arbeitnehmer seiner Nachweispflicht hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit nicht nachkommt oder den Übergang eines Schadenersatzanspruchs gegen einen Dritten auf den Arbeitgeber verhindert (vgl. § 7 Abs. 1 EFZG).
Verstößt der Arbeitnehmer gegen die Pflicht, seine Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen, ergibt sich daraus kein Recht des Arbeitgebers, die Entgeltfortzahlung zu verweigern. Ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht kann allerdings

  • Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers,
  • eine Abmahnung oder
  • eine Kündigung

nach sich ziehen.

Das Leistungsverweigerungsrecht steht dem Arbeitgeber nur zu, wenn der Arbeitnehmer die Verletzung seiner Obliegenheitspflichten zu vertreten hat (vgl. § 7 Abs. 2 EFZG).

Das Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers ist vorläufig, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit nicht nachweist. Die Entgeltfortzahlung ist auch für die Vergangenheit zu leisten, wenn der Verweigerungsgrund wegfällt, weil der Arbeitnehmer seiner Nachweispflicht entsprochen hat.

Davon zu unterscheiden ist der Sachverhalt, in dem ein Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit in zulässiger und hinreichender Weise bestreitet. Gelingt dem Arbeitnehmer der Beweis der anspruchsbegründenden Arbeitsunfähigkeit weder durch die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch in sonstiger Weise steht dem Arbeitgeber ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht zu.
Verhindert der Arbeitnehmer den Anspruchsübergang, kann der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung endgültig verweigern. Das gilt auch für Wiederholungserkrankungen.

7 Übergang des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung auf die Krankenkasse

Dem Arbeitnehmer steht neben dem Anspruch auf Entgeltfortzahlung aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Krankengeld zu. Dieser Anspruch ruht, soweit und solange der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung leistet (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Erfüllt der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung berechtigt oder unberechtigt nicht, fehlt es am entsprechenden Ruhenstatbestand für das Krankengeld. Krankengeld ist in diesem Fall auszuzahlen.

Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung geht in Höhe des gezahlten Krankengeldes auf die Krankenkasse über (vgl. § 115 Abs. 1 SGB X). Die Krankenkasse tritt in die Rechtsposition des Arbeitnehmers ein und hat die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitsentgelt zu beachten. Der Anspruch muss insbesondere innerhalb tarifvertraglich geregelter Ausschlussfristen angemeldet bzw. klageweise geltend gemacht werden.

Die zu Unrecht nicht gezahlte Entgeltfortzahlung kann mit einer „Lohnklage“ beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden . Die Klage kann sowohl von der Krankenkasse als auch vom Versicherten (gewillkürte Prozessstandschaft) erhoben werden. Der Versicherte hat die Klage mit der Maßgabe zu erheben, dass Zahlung an die Krankenkasse erfolgen soll.

7.1 Voraussetzungen für die Leistungsverweigerung

Der Arbeitgeber hat das Recht, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu verweigern, solange

  • der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung schuldhaft nicht nachkommt, die von ihm nach § 5 Abs. 1 EFZG vorzulegenden ärztlichen Bescheinigungen vorzulegen,
  • der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen im Zusammenhang mit einem Auslandsaufenthalt nicht wahrnimmt oder
  • bei einer länger dauernden Arbeitsunfähigkeit keine Folgebescheinigung vorlegt.

Der Arbeitgeber ist lediglich berechtigt, die Entgeltfortzahlung zeitweilig zu verweigern. Die Verletzung der Mitteilungspflichten des § 5 Abs. 2 Satz 1 EFZG kann je nach den Umständen des Einzelfalls dazu führen, dass der Beweis für das Vorliegen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit als nicht erbracht anzusehen ist.

Teilt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine im Ausland eingetretene Arbeitsunfähigkeit telefonisch mit und fragt der Arbeitgeber nicht nach der Urlaubsanschrift, kann er die Entgeltfortzahlung nicht mit der Begründung verweigern, ihm sei damit die Möglichkeit genommen worden, die Arbeitsunfähigkeit überprüfen zu lassen.

Der Arbeitgeber ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG ferner berechtigt, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu verweigern, solange der Arbeitnehmer ihm die zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs erforderlichen Angaben vorenthält.

Der Arbeitgeber ist außerdem berechtigt, die Entgeltfortzahlung zu verweigern, wenn durch das Verhalten des Arbeitnehmers zwischen dem Eintritt des schädigenden Ereignisses und dem Zeitpunkt des Forderungsübergangs auf den Arbeitgeber der Forderungsübergang verhindert wird (z. B. durch Abfindungsvergleich). Wird der Schadenersatzanspruch durch einen Abfindungsvergleich vermindert oder vernachlässigt der Arbeitnehmer dabei fahrlässig die Interessen des Arbeitgebers (z. B. wenn der Arbeitnehmer bei Abschluss des Vergleichs damit hätte rechnen müssen, später wegen der Unfallfolgen erneut arbeitsunfähig zu werden), so steht dem Arbeitgeber ein Leistungsverweigerungsrecht für den entsprechenden Entgeltanteil zu.

7.2 Mitwirkung der Krankenkasse

Hat der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung berechtigt verweigert, ist § 115 SGB X nicht anwendbar. Die Krankenkasse sollte allerdings in diesen Fällen darauf hinwirken, dass der Arbeitgeber die erforderlichen Informationen und Nachweise erhält, um den Grund für die Verweigerung der Entgeltfortzahlung zu beseitigen. Außerdem ist zu empfehlen, vorsorglich die Erstattungsforderung nach § 115 SGB X geltend zu machen, damit bei Übergang eines Entgeltfortzahlungsanspruchs dieser nicht aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Ausschlussfristen verloren geht.

Erfüllt der Arbeitgeber während der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers dessen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes nicht, geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber in Höhe der erbrachten Sozialleistung auf den Sozialleistungsträger über (vgl. § 115 SGB X). Die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers hinsichtlich eines Verschuldens des Arbeitnehmers an der Arbeitsunfähigkeit bleibt durch den Anspruchsübergang nach § 115 Abs. 1 SGB X unverändert.

7.3 Dauer der Leistungsverweigerung

Der Arbeitgeber ist nur so lange zur Verweigerung der Entgeltfortzahlung berechtigt, wie der Arbeitnehmer den ihm obliegenden Pflichten nicht nachkommt. Die Entgeltfortzahlung ist deshalb nachzuholen, wenn der Verweigerungsgrund nachträglich entfällt.

Kommt der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung zur Beibringung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2, 3 EFZG) nicht nach, folgt hieraus allein kein endgültiges Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers, sondern nur ein Zurückbehaltungsrecht (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG). Es endet, wenn der Arbeitnehmer anderweitig bewiesen hat, arbeitsunfähig krank gewesen zu sein.

Wenn der Arbeitnehmer den Übergang eines Schadenersatzanspruchs auf den Arbeitgeber verhindert, kann der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung endgültig verweigern. Dies gilt sowohl für den laufenden Arbeitsunfähigkeitsfall als auch bei den Wiederholungserkrankungen, die Folge derselben Schädigung sind und in denen der Arbeitgeber wegen der Verhinderung des Forderungsübergangs keinen Ersatz erhalten kann.

Ein zeitweiliges Leistungsverweigerungsrecht kann sich auch in ein endgültiges verwandeln. Dieses kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr die in § 5 EFZG angesprochenen Pflichten erfüllen und seine Arbeitsunfähigkeit auch sonst nicht nachweisen kann. Erfüllt z. B. ein Arbeitnehmer die Anzeigepflicht für eine Arbeitsunfähigkeit im Ausland nicht, kann er diese nach seiner Rückkehr nach Deutschland nicht mehr rechtswirksam nachholen, da die gesetzliche Bestimmung von einer Unterrichtung aus dem Ausland ausgeht.

Ebenfalls verwandelt sich ein vorläufiges in ein endgültiges Leistungsverweigerungsrecht, wenn die erheblich verspätete Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Forderung auf Entgeltfortzahlung als Verstoß gegen Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB), also als rechtsmissbräuchlich erscheinen lässt. Hier müssen aber schon besondere Umstände vorliegen, die eine verspätete Vorlage als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen.

Hat der Arbeitnehmer die Verletzung der ihm nach §§ 5 Abs. 1 und 2 und 6 Abs. 2 EFZG auferlegten Anzeige- und Nachweispflichten nicht zu vertreten, ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, die Entgeltfortzahlung zu verweigern (vgl. § 7 Abs. 2 EFZG). Voraussetzung für eine berechtigte Verweigerung ist demnach, dass der Arbeitnehmer die ihm obliegenden Verpflichtungen vorsätzlich oder fahrlässig nicht erfüllt.

7.4 Bindungswirkung für den Erstattungsanspruch nach § 1 AAG

Liegen die in § 7 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EFZG genannten Tatbestände vor, ist der Arbeitgeber zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu verweigern. Die Entscheidung des Arbeitgebers ist für die Krankenkasse hinsichtlich der Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen nach § 1 AAG bindend. Verzichtet der Arbeitgeber z. B. auf eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für nur wenige Tage und zahlt er das Arbeitsentgelt weiter, hat die Krankenkasse den Erstattungsanspruch nach § 1 AAG zu erfüllen.