Entgeltfortzahlung – Beginn und Ende des Anspruchs sicher festlegen

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  • Beitrag zuletzt geändert am:2. April 2021
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179786_web_R_K_by_Klaus-Uwe Gerhardt_pixelio.deDer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist eng an ein bestehendes Arbeitsverhältnis gebunden. Gerade zum Beginn und zum Ende eines Arbeitsverhältnisses kann es zu Unstimmigkeiten kommen.

Entgeltfortzahlung wird für längstens 42 Kalendertage geleistet

Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung besteht während der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG; 42 Kalendertage). Er verlängert sich nicht, wenn während der Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit hinzutritt, die für sich allein ebenfalls Arbeitsunfähigkeit verursachen würde.

Hinweis

Die zuerst eingetretene Ursache für die Arbeitsverhinderung ist für die Dauer ihrer Existenz maßgeblich für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung (BAG, Urteil vom 9.10.2002, 5 AZR 443/01).

Die Dauer kann durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung verlängert werden. Ebenso kann der entsprechende Besitzstand mit Wirkung für die Zukunft zu Ungunsten der Arbeitnehmer verändert werden.

Kein Anspruch, wenn die Krankheit nach der letzten Arbeitsschicht eintritt

Tritt die Arbeitsunfähigkeit nach beendetem Arbeitsverhältnis ein, entsteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Hinweis

Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses nach dem Ende der Arbeitsschicht eintritt (BAG, Urteil vom 17.4.2002, 5 AZR 2/01).

Für junge Arbeitsverhältnisse gibt es eine Wartezeit

Der Anspruch entsteht frühestens nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses (vgl. § 3 Abs. 3 EFZG).

Beispiel

Der seit Jahren beschäftigte Arbeitnehmer A ist seit dem 10. Oktober 2013 arbeitsunfähig krank. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht am 10. Oktober 2013.

Arbeitnehmer B hat am 5. Oktober 2013 mit seinem Arbeitgeber vereinbart, das Arbeitsverhältnis am 1. November 2013 zu beginnen. Es kommt wegen einer seit dem 25. Oktober 2013 bis auf Weiteres bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht zur vereinbarten Arbeitsaufnahme. Es besteht vom 29. November 2013 an ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Verschiedene Krankheiten zur selben Zeit verlängern nicht den Anspruch

Eine Krankheit, die zu einer bereits bestehenden Erkrankung hinzutritt, verlängert nicht den Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Ein Hinzutritt von Krankheit ist nicht gegeben, wenn zwei verschiedene Krankheiten nacheinander Arbeitsunfähigkeit verursachen. Dieses gilt selbst dann, wenn nach dem Ende der ersten Arbeitsunfähigkeit die Beschäftigung nicht wieder aufgenommen wurde und nur wenige – außerhalb der Arbeitszeit liegende – Stunden Arbeitsfähigkeit bestand. Die erneute Arbeitsunfähigkeit begründet einen eigenen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Es handelt sich jedenfalls dann um eine erneute Arbeitsunfähigkeit, wenn die Krankheit nach dem Schichtende des Arbeitnehmers eingetreten ist.

Beispiel

Ein seit Jahren in einem Arbeitsverhältnis beschäftigter Arbeitnehmer erkrankt und ist deswegen seit dem 15. Juli 2013 arbeitsunfähig. Der behandelnde Arzt stellt am 2. August 2013 um 16.30 Uhr fest, dass inzwischen Arbeitsfähigkeit eingetreten ist. Der Arbeitnehmer erleidet auf dem Heimweg nach dem Arztbesuch einen Verkehrsunfall und ist erneut arbeitsunfähig. Da es sich nicht um eine hinzugetretene Krankheit handelt, entsteht aufgrund der erneuten Arbeitsunfähigkeit vom 2. August 2013 an ein eigenständiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Die Anspruchsdauer wird nach gesetzlichen Regeln berechnet

Die Anspruchsdauer von sechs Wochen wird nach § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. I BGB berechnet. Die Anspruchsdauer endet somit spätestens sechs Wochen nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Ereignistag) mit Ablauf des Tages, der nach seiner Benennung dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit entspricht. Diese Bestimmung der Frist ist regelmäßig dann anzuwenden, wenn die Arbeitsunfähigkeit während der Arbeitszeit oder nach dem Ende der Arbeitsschicht eintritt.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer wird am 19. Juli 2013 (Freitag) arbeitsunfähig krank. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet spätestens am 30. August 2013 (Freitag).

Wenn die Arbeitsunfähigkeit an einem Arbeitstag vor der Arbeitsaufnahme eintritt, ist der erste Tag der Arbeitsunfähigkeit bei der Berechnung des Anspruchszeitraums zu berücksichtigen. Der Anspruch endet dann spätestens am 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit. Das gilt auch, wenn ein Arbeitnehmer, dessen Entgelt nach Kalendertagen bemessen ist, an einem arbeitsfreien Tag arbeitsunfähig wird.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer wird am 2. Juli 2012 (Arbeitstag; Montag) vor der Arbeitsaufnahme arbeitsunfähig krank. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet spätestens am 12. August 2012 (Sonntag).

Bei einem Arbeitnehmer, der an einem arbeitsfreien Tag erkrankt und dessen Arbeitsengelt nach Arbeitstagen bemessen ist, wird der erste Tag der Arbeitsunfähigkeit bei der Berechnung der Anspruchsdauer nicht berücksichtigt.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer wird am 4. August 2013 (Sonntag) arbeitsunfähig krank. Der Sonntag ist arbeitsfrei. Das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers ist nach Arbeitstagen bemessen. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet spätestens am 15. September 2013 (Sonntag).

Krankheitszeiten während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses werden nicht berücksichtigt

Erkrankt der Arbeitnehmer während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses (z. B. während der Elternzeit oder während eines freiwilligen Wehrdienstes) wird die Zeit des Ruhens nicht auf den Anspruchszeitraum angerechnet. Der Sechswochenzeitraum beginnt deshalb nicht mit der Erkrankung, sondern erst mit der tatsächlichen Verhinderung an der Arbeitsleistung infolge der Krankheit. Das ist der Zeitpunkt der Aktualisierung des Arbeitsverhältnisses.

Ein ruhendes Arbeitsverhältnis während der Entgeltfortzahlung (die Arbeitsleistung ist witterungsbedingt unmöglich) lässt den Anspruch auf Entgeltfortzahlung ebenfalls ruhen. Die entsprechende Zeit wird nicht auf die Anspruchsdauer angerechnet.

Beispiel

Ein Soldat wird zum 30. Juni 2013 arbeitsunfähig krank aus dem freiwilligen Wehrdienst entlassen. Die Arbeitsunfähigkeit bestand in der Zeit vom 15. Juni bis zum 20. August 2013. Der Arbeitgeber leistet für die Zeit vom 1. Juli bis zum 11. August 2013 Entgeltfortzahlung.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer ist in der Zeit vom 5. Januar bis zum 1. April 2013 arbeitsunfähig krank. In seinem Betrieb wird in der Zeit vom 9. bis zum 13. Januar 2013 witterungsbedingt nicht gearbeitet. Der Arbeitnehmer erhält in der Zeit vom 5. bis zum 8. Januar (4 Tage) und vom 14. Januar bis zum 20. Februar 2013 (38 Tage) Entgeltfortzahlung wegen Krankheit.

Foto: Klaus-Uwe Gerhardt  / pixelio.de

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