Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entsteht frühestens nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber (vgl. § 3 Abs. 3 EFZG). Die Wartezeit kann vertraglich ausgeschlossen oder verkürzt werden.
Die Frist beginnt mit dem Arbeitsverhältnis
Der Anspruch setzt voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit nach dem Abschluss des Arbeitsvertrags eintritt. Die Frist von vier Wochen wird vom vereinbarten Arbeitsbeginn an berechnet. Das gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis vertraglich an einem Tag beginnt, an dem tatsächlich nicht gearbeitet wird (weil es sich z. B. um einen gesetzlichen Feiertag handelt).
Die Berechnung der Frist richtet sich nach §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB.
Wartezeit verkürzt nicht den Anspruch
Die Wartezeit stellt eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung dar; sie verkürzt nicht die Anspruchsdauer. Die vor dem Ablauf von vier Wochen liegende Zeit der Arbeitsunfähigkeit ist nicht auf die Dauer des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung anzurechnen.
Beispiel
Sachverhalt |
Anspruch auf Entgeltfortzahlung |
Anmerkung zum Anspruch auf Entgeltfortzahlung |
Anmerkung zum Anspruch auf Krankengeld |
Ein Arbeitnehmer schließt am 4. Oktober 2013 einen Arbeitsvertrag. Die Arbeitsaufnahme wird für den 1. November 2013 vereinbart. Der Arbeitnehmer ist seit dem 22. Oktober 2013 bis auf Weiteres arbeitsunfähig krank. | ab 29. November 2013 | Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet spätestens am 9. Januar 2014. | Der Anspruch auf Krankengeld richtet sich nach dem Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs auf Krankengeld (vgl. § 46 Satz 1 SGB V; z. B. 23. Oktober 2013). |
Ein Arbeitnehmer schließt am 4. Oktober 2013 einen Arbeitsvertrag mit Arbeitgeber B. Die Arbeitsaufnahme wird für den 1. November 2013 vereinbart. Der Arbeitnehmer ist seit dem 22. Oktober 2013 bis auf Weiteres arbeitsunfähig krank. Zu diesem Zeitpunkt ist der Arbeitnehmer bei Arbeitgeber A beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis mit Arbeitgeber A wurde durch den Arbeitnehmer zum 31. Oktober 2013 gekündigt. | Arbeitgeber A:Vom 22. bis zum 31. Oktober 2013;Arbeitgeber B:ab 29. November 2013 | Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen Arbeitgeber A endet mit dem 31. Oktober 2013, weil zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis endet und nicht wegen Arbeitsunfähigkeit gekündigt wurde. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen Arbeitgeber B endet spätestens am 9. Januar 2014. |
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Ein Arbeitnehmer schließt am 4. Oktober 2013 einen Arbeitsvertrag mit Arbeitgeber B. Die Arbeitsaufnahme wird für den 1. November 2013 vereinbart. Der Arbeitnehmer ist seit dem 2. Oktober 2013 bis auf Weiteres arbeitsunfähig krank. Zu diesem Zeitpunkt ist er bei Arbeitgeber A beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis mit Arbeitgeber A wurde durch den Arbeitnehmer zum 31. Oktober 2013 gekündigt. | Arbeitgeber A:Vom 2. bis zum 31. Oktober 2013;Arbeitgeber B:kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit vom 2. Oktober 2013 an | Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen Arbeitgeber B, weil die Arbeitsunfähigkeit vor dem Abschluss des Arbeitsvertrages eingetreten ist. | Der Anspruch auf Krankengeld richtet sich nach dem Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs auf Krankengeld (vgl. § 46 Satz 1 SGB V; z. B. 3. Oktober 2013). |
Ein Arbeitnehmer schließt am 4. Oktober 2013 einen Arbeitsvertrag mit Arbeitgeber B. Die Arbeitsaufnahme wird für den 1. Dezember 2013 vereinbart. Der Arbeitnehmer ist seit dem 2. November 2013 bis auf Weiteres arbeitsunfähig krank. Die versicherungspflichtige Beschäftigung bei Arbeitgeber A endete mit dem 31. Oktober 2013. | Arbeitgeber B:vom 29. Dezember 2012 an; gegen Arbeitgeber A besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung | Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen Arbeitgeber B endet spätestens am 8. Februar 2014. | Der Anspruch auf Krankengeld richtet sich nach dem Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs auf Krankengeld (vgl. § 46 Satz 1 SGB V; z. B. 3. November 2013). Ggf. besteht ein „nachgehender“ Leistungsanspruch (vgl. § 19 Abs. 2 SGB V). |
Es gibt Ausnahmen von der Wartezeit
Jedes rechtlich selbstständige Arbeitsverhältnis ist mit einer Wartezeit ausgestattet. Von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen.
Enger Zusammenhang der Arbeitsverhältnisse
Zwei aufeinander folgende rechtlich selbstständige Arbeitsverhältnisse mit demselben Arbeitgeber können ausnahmsweise wie ein einheitliches Arbeitsverhältnis behandelt werden, wenn zwischen diesen Arbeitsverhältnissen ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht. Dieses ist jedenfalls dann der Fall, wenn es sich um eine kurze Unterbrechung von knapp drei Wochen handelt und ein tariflich vereinbarter Wiedereinstellungsanspruch besteht. Eine neue Wartezeit ist damit nicht verbunden.
Der Arbeitnehmer verändert seinen Status
Ein Statuswechsel des Arbeitnehmers (z. B. nahtloser Wechsel vom Ausbildungsverhältnis in ein sich anschließendes Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber) begründet ebenfalls keine Unterbrechung; eine neue Wartezeit entsteht nicht. Das gilt ebenso bei einem Betriebsübergang auf einen neuen Arbeitgeber.
Das Arbeitsverhältnis wird unterbrochen
Eine tatsächliche Unterbrechung innerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses (z. B. durch Urlaub oder Krankheit) begründet keine neue Wartezeit.
Der Betrieb wird durch einen anderen Arbeitgeber übernommen
Ein Betriebsübergang (vgl. § 613a BGB) ist keine rechtliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses. Eine Wartezeit entsteht dadurch nicht.
Die Krankenkasse zahlt
Arbeitnehmer, die während der Wartezeit erkranken, erhalten Krankengeld von ihrer Krankenkasse.
Foto: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de
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