Kinderpflege – Anspruch, Höhe und Dauer des Krankengeldes

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  • Beitrag zuletzt geändert am:4. März 2024
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Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse haben Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld, häufig auch als Kinderkrankengeld bezeichnet, wenn sie nach ärztlicher Feststellung zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben oder bei einer stationären Behandlung des Kindes als Begleitperson mitaufgenommen werden. Voraussetzung ist ferner, dass eine andere im Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann (außer bei Mitaufnahme). Außerdem darf das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder muss eine Behinderung haben und auf Hilfe angewiesen sein. Die Leistungsdauer ist außer bei einer Mitaufnahme begrenzt. Im Falle eines schwerstkranken Kindes unterliegt der Anspruch keiner zeitlichen Begrenzung. Bei einem Arbeitsunfall des Kindes zahlt der Unfallversicherungsträger unter denselben Voraussetzungen Kinderpflegeverletztengeld.

Rechtsgrundlagen

Anspruchsgrundlage für die Leistung der Krankenkasse ist § 45 SGB V. Wenn ein Arbeitsunfall des Kindes die Ursache ist, richtet sich der Anspruch nach § 45 Abs. 4 SGB VII. Das Bundessozialgericht hat zum Leistungsanspruch von Alleinerziehenden im Urteil vom 26.6.2007 (B 1 KR 33/06 R) entschieden. Kinderpflegekrankengeld ruht nicht, wenn es bereits vor der Elternzeit bezogen wurde (BSG, Urteil v. 18.2.2016, B 3 KR 10/15 R). Der GKV-Spitzenverband und die Spitzenorganisationen der Kranken- und Unfallversicherung kommentieren das Kinderpflegekrankengeld umfassend im Gemeinsamen Rundschreiben vom 6.12.2017 i. d. F. v. 23.3.2022.

Beaufsichtigung, Betreuung, Pflege

Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn

  • es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, dass sie wegen Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben,
  • eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld besteht,
  • eine andere im Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und
  • das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder eine Behinderung hat und auf Hilfe angewiesen ist.

Berufstätige Eltern entscheiden selbst, wer von ihnen die Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege des erkrankten Kindes übernimmt (BSG, Urteil v. 20.6.1979, 5 AZR 361/78). Der Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld kann auf den anderen Ehegatten/Lebenspartner übertragen werden. Dabei werden nicht die Leistungen erweitert sondern auf einen Elternteil konzentriert. Die Übertragung ist möglich, wenn

  • beide Elternteile gesetzlich krankenversichert sind,
  • beide Elternteile einen Anspruch auf Krankengeld haben,
  • der andere Elternteil das erkrankte Kind aus beruflichen Gründen nicht betreuen kann oder
  • der andere Elternteil seinen Anspruch bereits ausgeschöpft hat.

Der Arbeitgeber muss mit der erneuten Freistellung einverstanden sein. Zweifelsfragen werden zwischen den beteiligten Krankenkassen einvernehmlich geklärt.

Neben dem Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld nach § 45 Abs. 1 SGB V (Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege) kann alternativ ein Anspruch auf Krankengeld nach § 44b SGB V (Mitaufnahme einer Begleitperson bei Krankenhausbehandlung) bestehen (§ 44b Abs. 3 SGB V).

Wenn die Begleitperson gleichzeitig die Voraussetzungen des § 45 SGB V und des § 44b SGB V erfüllt, kann sie zwischen beiden Leistungsansprüchen wählen und das unter Umständen höhere Kinderpflegekrankengeld in Anspruch nehmen. Tage, für die Krankengeld nach § 44b SGB V in Anspruch genommen wird, werden nicht auf die Anzahl der Leistungstage nach § 45 Abs. 1, 2 und 2a SGB V angerechnet.

Arbeitnehmer

Der Anspruch steht Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenkasse zu, die mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert sind. Die Art des Versicherungsverhältnisses (z. B. aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder einer freiwilligen Mitgliedschaft) ist unerheblich (§ 44 Abs. 2 SGB V; Ausschluss des Anspruchs auf Krankengeld) ist zu beachten. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der versicherte Arbeitnehmer bestimmte Rentenleistungen bezieht (z. B. Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Vollrente wegen Alters; § 50 Abs. 1 SGB V).

Bezieher von Kurzarbeitergeld haben einen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld, weil die Arbeit aus anderen als den in § 96 SGB III genannten Gründen ausfällt. Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld ist deswegen ausgeschlossen.

Hinweis
Beginnt die Betreuung des Kindes während der Kurzarbeit Null (100%ige Kurzarbeit), besteht kein Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld. Wird die Betreuung des Kindes bereits vor der Kurzarbeit notwendig, ist für den gesamten Freistellungszeitraum Kinderpflegekrankengeld zu zahlen. Kurzarbeitergeld wird erst nach dem Freistellungszeitraum für die Kinderbetreuung gezahlt.

Unständig oder kurzzeitig Beschäftigte ohne einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für mindestens 6 Wochen können eine Wahlerklärung abgeben, um den gesetzlichen Anspruch auf Krankengeld zu erhalten (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB V).

Hauptberuflich selbstständig Tätige

Hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige haben einen Anspruch auf Krankengeld, wenn sie eine Wahlerklärung abgegeben haben (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Der gesetzliche Krankengeldanspruch schließt den Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld ein. Es ist vom Beginn des Pflegezeitraums an zu zahlen. Für Versicherte, die eine Wahlerklärung abgegeben haben, entsteht der Anspruch grundsätzlich von der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit an (§ 46 Satz 4 SGB V). Diese Regelung ist auf das Kinderpflegekrankengeld nicht anzuwenden.

Hinweis
Wenn aus dem Arbeitseinkommen keine positiven Einkünfte bezogen werden, scheidet ein Krankengeldanspruch aus (BSG, Urteil v. 12.3.2013, B 1 KR 4/12 R).

Versicherung des Kindes

Das erkrankte Kind des Versicherten muss bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sein. Dabei kann es sich um eine Versicherung aufgrund

  • einer Familienversicherung nach § 10 SGB V,
  • der Beantragung einer Waisenrente nach § 189 SGB V,
  • des Bezugs einer Waisenrente nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V,
  • einer freiwilligen Versicherung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V oder
  • einer obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V

handeln.

Hinweis
Kinderpflegekrankengeld kann nicht beansprucht werden, wenn das Kind nicht gesetzlich krankenversichert ist (BSG, Urteil v. 31.3.1998, B 1 KR 9/96 R).

Kinder

Versicherte haben einen Anspruch auf Krankengeld, wenn sie in einem Kindschaftsverhältnis zum zu betreuenden Kind stehen. Zu den Kindern in diesem Sinne gehören leibliche oder adoptierte (angenommene) Kinder des Versicherten. Außerdem sind

  • Stiefkinder,
  • Enkel,
  • Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I) und
  • Kinder, die mit dem Ziel der Annahme als Kind in die Obhut des Annehmenden aufgenommen sind,

zu berücksichtigen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB V).

Hinweis
Stiefkinder oder Enkel des Arbeitnehmers werden nur berücksichtigt, wenn diese im Haushalt des Versicherten leben oder von ihm überwiegend unterhalten werden (GR v. 6.12.2017 i. d. F. v. 23.3.2022, Abschn. 4.4). Stiefkinder sind auch die Kinder des Lebenspartners eines Mitglieds.

Ärztliches Zeugnis

Über die Notwendigkeit, das Kind wegen seiner Erkrankung zu beaufsichtigen, zu betreuen oder zu pflegen und deswegen der Arbeit fernzubleiben, ist ein ärztliches Zeugnis auszustellen und der Krankenkasse vorzulegen. Das ärztliche Zeugnis ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. In der Praxis wird der zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten vereinbarte Vordruck genutzt (Muster 21). Das ärztliche Zeugnis enthält mindestens Angaben über die Krankheit, einen möglichen Unfall und die Notwendigkeit und die Dauer, das Kind deswegen zu beaufsichtigen, zu betreuen oder zu pflegen.

Die Pflegebedürftigkeit eines Kindes kann auch im Rahmen einer Videosprechstunde festgestellt werden. Obwohl es dafür an einer gesetzlichen Grundlage fehlt, kann sich der Arzt an den Voraussetzungen orientieren, die bei einer Arbeitsunfähigkeit zu beachten sind (§ 4 Abs. 5 AUR).

Die Pflegebedürftigkeit wird in einer Videosprechstunde im berufsrechtlich zulässigen Rahmen und unter Wahrung des ärztlichen Sorgfaltsmaßstabs festgestellt. Die Nutzung des digitalen Mediums muss ärztlich vertretbar sein und die Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation müssen ärztlichen Standards entsprechen.

Hinweis
Das Kinderpflegekrankengeld ist zu beantragen. Dazu kann der zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten vereinbarte Vordruck (Rückseite) genutzt oder ein formloser Antrag gestellt werden.

Die Krankenkasse kann die Voraussetzungen für den Anspruch auf Krankengeld durch den Medizinischen Dienst (MD) prüfen lassen (§ 275 Abs. 1 SGB V).

Beaufsichtigung, Betreuung, Pflege

Krankengeld wird gezahlt, wenn der Versicherte ein in seinem Haushalt lebendes erkranktes Kind beaufsichtigt, betreut oder pflegt und deswegen der Arbeit fernbleibt. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn im Haushalt des versicherten Arbeitnehmers andere Personen leben, die die Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege übernehmen können. Der Versicherte gibt darüber eine entsprechende Erklärung gegenüber seiner Krankenkasse ab.

Andere im Haushalt lebende Person

Eine andere Person kann die Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege übernehmen, wenn diese mit dem Arbeitnehmer in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, nicht selbst berufstätig und pflegefähig ist. Es muss sich dabei nicht um den Ehe- oder Lebenspartner des Arbeitnehmers oder eine mit dem Kind verwandte oder verschwägerte Person handeln. Der Arbeitnehmer muss sich nicht auf eine andere Person verweisen lassen, die außerhalb des Haushalts lebt.

Hinweis
Unter Haushalt ist nach allgemeinem Sprachgebrauch die häusliche, wohnungsmäßige, familienhafte Wirtschaftsführung zu verstehen (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 3 KR 23/99 R).

Altersgrenze

Vollendung des 12. Lebensjahres
Der Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld besteht für Kinder, die das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Wenn das 12. Lebensjahr während des Bezugs von Kinderpflegekrankengeld vollendet wird, endet der Anspruch mit diesem Zeitpunkt. Krankengeld wird bis zum Tag vor dem 12. Geburtstag gezahlt (§ 26 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 187 Abs. 2 Satz 2 und § 188 Abs. 2 BGB).

Beispiel
Ein Arbeitnehmer bezieht seit dem 27.3.2023 Krankengeld wegen der Pflege seines erkrankten Kindes. Das Kind ist am 30.3.2011 geboren und vollendet mit Ablauf des 29.3.2023 (24:00 Uhr) das 12. Lebensjahr. Das Krankengeld wird bis zum 29.3.2023 gezahlt, obwohl das Kind weiterhin krank und pflegebedürftig ist.

Kinder mit Behinderungen
Für Kinder, die eine Behinderung haben und auf Hilfe angewiesen sind, gilt keine Altersgrenze. Kinder sind behindert, wenn sie

  • körperliche,
  • geistige,
  • seelische oder
  • Sinnesbeeinträchtigungen

haben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und sie an der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hindern (§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB IX). Sie sind auf Hilfe angewiesen, wenn sie dauerhaft und regelmäßig über das altersübliche Maß hinausgehende Hilfe bei einzelnen Verrichtungen des täglichen Lebens benötigen.

  • Unkonzentriertheit, Nervosität, Labilität sowie ein Rückstand der geistigen Entwicklung stellen für sich allein keine Behinderung dar (BSG, Urteil v. 31.1.1979, 11 RA 19/78).
  • Behinderungen können angeboren oder erworben sein. Dem Gesetz lässt sich nicht entnehmen, ob der Anspruch auf Krankengeld davon abhängig ist, dass die Behinderung zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetreten ist. Deswegen ist der in der Praxis vertretenen Auffassung nicht zuzustimmen, die Behinderung müsse innerhalb der Altersgrenzen des § 10 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 SGB Veingetreten sein. Entscheidend ist vielmehr, dass das Kind mit Behinderung bei einer Krankenkasse versichert ist und mit dem Arbeitnehmer im selben Haushalt lebt.

Mitaufnahme als Begleitperson

Versicherte haben seit dem 1.1.2024 einen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld, wenn ein Elternteil bei stationärer Behandlung des versicherten Kindes aus medizinischen Gründen (§ 11 Abs. 3 SGB V) mitaufgenommen wird (§ 45 Abs. 1a SGB V). Die Mitaufnahme ist ohne Ausnahme medizinisch notwendig, wenn das behandlungsbedürftige Kind das 9. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 11 Abs. 3 Satz 2 SGB V).

Der Anspruch ist wie nach § 45 Abs. 1 SGB V auf gesetzlich krankenversicherte Kinder beschränkt, die das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind.

Mitaufgenommene Elternteile haben keinen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld, wenn der Anspruch auf Krankengeld ausgeschlossen ist (z.B. aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit; § 45 Abs. 1a Satz 4 i.V.m. § 44 Abs. 2 SGB V). Als Kinder gelten auch Stiefkinder, Enkel oder Pflegekinder (§ 45 Abs. 1a Satz 4 i.V.m. § 10 Abs. 4 SGB V).

Der Anspruch ist zeitlich nicht begrenzt. Das Kinderpflegekrankengeld zahlt die Krankenkasse des begleitenden Elternteils.

Zu einer stationären Behandlung gehören vollstationäre und teilstationäre Krankenhausbehandlungen (§ 39 SGB V), stationäre Vorsorgeleistungen (§ 23 SGB V) sowie die stationäre Rehabilitation nach § 40 Abs. 2 SGB V. Die medizinischen Gründe sowie die Dauer der stationären Mitaufnahme bescheinigt die stationäre Einrichtung. Damit wird der Anspruch gegenüber der Krankenkasse nachgewiesen und das Kinderpflegekrankengeld beantragt. Bei Kindern, die das 9. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wird nur die Dauer der Mitaufnahme bescheinigt.

Alternativer Anspruch

Kinderpflegekrankengeld kann sowohl nach § 45 Abs. 1 SGB V als auch nach § 45 Abs. 1a SGB V beansprucht werden (§ 45 Abs. 1a Satz 5 SGB V). Die Ansprüche schließen sich nicht aus. Insbesondere werden die im Rahmen des unbegrenzten Anspruchs nach § 45 Abs. 1a SGB V verwendeten Anspruchstage nicht auf den zeitlich begrenzten Anspruch nach § 45 Abs. 1 SGB V angerechnet.

Begleitende Eltern können zwischen den Ansprüchen nach § 45 Abs. 1a SGB V, § 45 Abs. 4 SGB V (Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege schwerstkranker Kinder) oder § 44b SGB V (mitaufgenommene Begleitperson) wählen (§ 45 Abs. 1a Satz 6 SGB V).

Der Anspruch nach § 45 Abs. 1a SGB V erlischt, wenn der Anspruch nach § 45 Abs. 4 SGB V oder § 44b SGB V gewählt wird.

Schwerkranke Kinder

Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, sofern das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder eine Behinderung hat und nach ärztlichem Zeugnis an einer Erkrankung leidet,

  • die fortschreitend progredient verläuft und bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht hat,
  • bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativ-medizinische Behandlung notwendig oder von einem Elternteil erwünscht ist und
  • die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt.

Der Anspruch besteht nur für ein Elternteil. Ein Betreuungswechsel auf Wunsch der Eltern wird in der Praxis akzeptiert. Die medizinischen Voraussetzungen sind ggf. durch den Medizinischen Dienst zu prüfen (§ 275 Abs. 1 SGB V).

  • Der Anspruch besteht, soweit und solange die medizinischen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind.
  • Der Anspruch besteht ohne zeitliche Befristung.
  • Der GKV-Spitzenverband empfiehlt wegen der besonderen psychischen Belastung der Eltern, die Leistung auch über die Vollendung des 12. Lebensjahres hinaus zu zahlen.
  • Der Anspruch ist nicht ausgeschlossen, wenn eine andere im Haushalt lebende Person das Kind beaufsichtigen, betreuen oder pflegen könnte.
  • Der Anspruch endet mit dem Tod des Kindes.
  • Das Kinderpflegekrankengeld wird in entsprechender Anwendung des § 47 SGB V für Kalendertage berechnet und gezahlt.
  • Der Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld besteht auch, wenn das schwerstkranke Kind
    • stationär in einem Kinderhospiz versorgt wird,
    • ambulante Leistungen eines Hospizdienstes erhält oder
    • sich in einer palliativ-medizinischen Behandlung in einem Krankenhaus befindet.

Berechnung und Höhe

Arbeitnehmer
Das Krankengeld wird nach dem während der Freistellung ausgefallenen Nettoarbeitsentgelt berechnet. Ähnlich wird auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall berechnet. Das Nettoarbeitsentgelt wird aus dem Bruttoarbeitsentgelt ermittelt, soweit davon Beiträge zur Krankenversicherung berechnet wurden. Bruttoarbeitsentgelt wird somit nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung berücksichtigt (2024: 5.175 EUR mtl.; 2023: 4.987,50 EUR mtl.). Das Nettoarbeitsentgelt ist wegen der Begrenzung ggf. fiktiv zu ermitteln.

  • Das Brutto-Krankengeld beträgt 90 % des Nettoarbeitsentgelts.
  • Einmalzahlungen werden berücksichtigt, wenn sie in den letzten 12 Kalendermonaten vor der Freistellung gezahlt und davon Beiträge zur Krankenversicherung entrichtet wurden. Das Brutto-Krankengeld beträgt dann unabhängig von der Höhe der Einmalzahlung 100 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts.
  • Das kalendertägliche Krankengeld darf 70 % der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung nicht übersteigen (2024: 120,75 EUR; 2023: 116,38 EUR).

Hauptberuflich selbstständig Tätige
Bei hauptberuflich selbstständig Tätigen beträgt das Kinderpflegekrankengeld 70 % des kalendertäglichen Arbeitseinkommens, von dem zuletzt vor dem Bezug des Kinderpflegekrankengeldes der Krankenversicherungsbeitrag berechnet wurde.

Liegt das tatsächlich erzielte Arbeitseinkommen unter der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nach § 240 SGB V, ist nur das tatsächlich erzielte Arbeitseinkommen zu berücksichtigen (BSG, Urteil v. 30.3.2004, B1 KR 31/02, B 1 KR 32/02 R).

Zahlung

Das Kinderpflegekrankengeld ist von dem Tag an zu zahlen, an dem die Voraussetzungen vorliegen. Während des Anspruchszeitraums wird das Krankengeld kalendertäglich gezahlt. Ein vollständig mit Kinderpflegekrankengeld belegter Kalendermonat wird mit 30 Tagen berücksichtigt. Ansonsten wird für die tatsächlichen Kalendertage des Anspruchszeitraums gezahlt.

Dauer

Grundanspruch
Der Zahlungszeitraum umfasst in jedem Kalenderjahr für jedes Kind höchstens 10 Arbeitstage. Der Anspruch ist bei mehreren Kindern auf 25 Arbeitstage im Kalenderjahr begrenzt. Der Anspruch steht jedem Elternteil zu.

Corona-Pandemie (Anschlussregelung)

  • Wegen der Corona-Pandemie war die gesetzlich geregelte Anspruchsdauer nicht ausreichend. Sie ist deswegen ab 1.1.2020 für jedes Kind auf höchstens 15 Arbeitstage (insgesamt nicht mehr als 35 Arbeitstage) und für alleinerziehende Versicherte auf längstens 30 Arbeitstage (insgesamt nicht mehr als 70 Arbeitstage) erweitert worden (§ 45 Abs. 2a SGB V. Die Regelung war bis zum 31.12.2020 befristet.
  • Für die Zeit vom 5.1.2021 bis zum 31.12.2023 wurde die Anspruchsdauer erneut verlängert (§ 45 Abs. 2a SGB V). Der Betreuungsfall musste dafür in der Zeit ab 5.1.2021 eingetreten sein. Kinderpflegekrankengeld konnte für längstens 30 bzw. bei mehreren Kindern für 65 Arbeitstage bezogen werden. Für alleinerziehende Versicherte wurde der Anspruch auf 60 bzw. 130 Arbeitstage verlängert worden. Mit der zum 31.12.2023 abgelaufenen Regelung zur Anspruchsdauer wäre zum 1.1.2024 der reguläre Leistungszeitraum für Kinderpflegekrankengeld heranzuziehen (§ 45 Abs. 2 SGB V).
  • Davon abweichend wird der Anspruch zunächst für die Jahre 2024 und 2025 jeweils auf 15 Arbeitstage pro Kind und Elternteil (insgesamt nicht mehr als 35 Arbeitstage) bzw. 30 Arbeitstage für Alleinerziehende (insgesamt nicht mehr als 70 Arbeitstage) erhöht (§ 45 Abs. 2a Satz 1 und 2 SGB V).

Alleinerziehende Versicherte

Bei alleinerziehenden Versicherten beträgt die Höchstanspruchsdauer je Kind im Kalenderjahr 20 Arbeitstage bzw. für mehrere Kinder insgesamt 50 Arbeitstage. Eine verlängerte Anspruchsdauer ergibt sich für die Kalenderjahre 2020 bis 2025. Alleinerziehend ist ein Elternteil, dem das alleinige Personensorgerecht für das mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt lebende Kind zusteht.

Hinweis
Erhalten die Eltern im Fall des nicht nur vorübergehenden Getrenntlebens das gemeinsame Personensorgerecht aufrecht, hat jeder Elternteil einen Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld. Dieser ist begrenzt auf maximal 10 Arbeitstage bzw. für mehrere Kinder auf insgesamt 25 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres. Das nicht nur vorübergehende Getrenntleben muss nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften bestimmt worden sein.

Alleinerziehend kann darüber hinaus auch ein Elternteil sein, dem nicht das alleinige Personensorgerecht zusteht. Als alleinerziehend i. S. d. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB V) gelten daher auch Versicherte, die als erziehender Elternteil faktisch alleinstehend sind. Für den erweiterten Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld von 20 Arbeitstagen ist nicht das alleinige Sorgerecht entscheidend. Vielmehr ist auf das tatsächliche Alleinstehen bei der Erziehung abzustellen. Dies liegt z. B. vor, wenn das Kind grundsätzlich im gemeinsamen Haushalt mit einem Elternteil lebt und sich nur alle 2 Wochen am Wochenende beim anderen Elternteil aufhält (BSG, Urteil v. 26.6.2007, B 1 KR 33/06).

Bei dem Begriff alleinerziehend ist nur noch auf Elternteile abzustellen, die

  • faktisch alleinstehend sind,
  • mit dem Kind in einem Haushalt zusammenleben und
  • mindestens gemeinsam mit einem anderen das Sorgerecht für das Kind haben (Ausnahme: Stief-, Enkel- sowie Pflegekinder).

Faktisch alleinerziehend

  • Alleinerziehend kann auch ein Elternteil sein, dem kein alleiniges Personensorgerecht zusteht.
  • Ein Elternteil kann faktisch alleinerziehend sein, wenn das andere Elternteil für einen längeren Zeitraum nicht im gemeinsamen Haushalt lebt (z. B. durch einen Krankenhausaufenthalt, eine Leistung zur Rehabilitation, eine berufliche Tätigkeit in weiter Entfernung vom Wohnort oder im Ausland; BSG, Urteil v. 26.6.2007, B 1 KR 33/06 R).

Ist der betroffene Elternteil als faktisch bei der Erziehung alleinstehend zu betrachten, wird ihm der Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld für 20 Arbeitstage eingeräumt. Bei der Entscheidung über die Dauer des Anspruchs auf Kinderpflegekrankengeld sollten die Wünsche der getrennt lebenden und gemeinsam sorgeberechtigten Eltern berücksichtigt werden. Den Eltern kommt insofern – wie im Fall des Zusammenlebens – ein Wahlrecht mit der Besonderheit zu, dass sich der individuell zustehende Anspruch verdoppeln kann. Für den anderen Elternteil ist der Anspruch auf Kinderpflegekrankengeld in solchen Fällen ausgeschlossen. Eine entsprechende Erklärung der Eltern gegenüber der Krankenkasse wird als ausreichend angesehen. Der Arbeitgeber muss damit einverstanden sein und den verlängerten Freistellungsanspruch zugestehen.

Hinweis
Sind die Elternteile bei verschiedenen Krankenkassen versichert, sollte durch eine Bescheinigung der Krankenkasse des nicht betreuenden Elternteils nachgewiesen werden, ob und ggf. in welchem Umfang bereits Kinderpflegekrankengeld für diesen Elternteil gewährt wurde.

Nichteheliche Lebensgemeinschaft

Die Ansprüche auf das Kinderpflegekrankengeld sind so zu beurteilen, als stünde beiden Elternteilen das Personensorgerecht gemeinsam zu, wenn

  • der allein personensorgeberechtigte Elternteil in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebt und
  • das erkrankte Kind auch in einem Kindschaftsverhältnis zu dem nichtehelichen Lebenspartner steht.

Soweit das erkrankte Kind in keinem Kindschaftsverhältnis zu dem nichtehelichen Lebenspartner steht, ist nur der allein personensorgeberechtigte Elternteil anspruchsberechtigt. Das Kinderpflegekrankengeld ist ausgeschlossen, soweit

  • nichteheliche Partner oder andere Personen im Haushalt des allein personensorgeberechtigten Elternteils leben und
  • in der Lage sind, das Kind im Krankheitsfall zu beaufsichtigen, zu betreuen oder zu pflegen.