Wenn eine Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt befristet ist, dann bewilligt die Krankenkasse auch nur für diesen Zeitraum das Krankengeld (abschnittsweise Bewilligung). Eine Fortsetzungserkrankung ist spätestens am letzten Tag des Bewilligungsabschnitts ärztlich festzustellen, damit ein ununterbrochenes Versicherungsverhältnis und damit ein ununterbrochener Anspruch auf Krankengeld besteht. Auch bei Meinungsverschiedenheiten zwischen der Krankenkasse und ihrem Versicherten über den fortbestehenden Krankengeldanspruch sollte der Versicherte die weitere Arbeitsunfähigkeit durch eine ärztliche Bescheinigung nachweisen und der Krankenkasse zeitnah melden.
Auf die ärztliche Feststellung kommt es an
Der Anspruch auf Krankengeld entsteht bei einer Krankenhausbehandlung oder einer Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung auf Kosten der Krankenkasse von ihrem Beginn an (vgl. § 46 Satz 1 Nr. 1 SGB V), im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (vgl. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V).
Die Versicherung muss den Anspruch auf Krankengeld einschließen
Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und den Anspruch auf Krankengeld (Umfang des Versicherungsschutzes) ist das Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs. Dafür kommt es weder auf den Beginn der Krankheit noch auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit an. Entscheidend ist vielmehr der Beginn der Krankenhausbehandlung oder der Tag nach der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit.
Die Mitgliedschaft eines Versicherungspflichtigen bleibt erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht (vgl. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Dazu reicht der nahtlose Anschluss eines Anspruchs auf Krankengeld an eine vorhergehende Mitgliedschaft aus, um die Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zu erhalten.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer ist bis zum 30. September 2013 versicherungspflichtig beschäftigt. Er erkrankt am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses. Der behandelnde Arzt stellt am selben Tag eine Arbeitsunfähigkeit bis auf Weiteres fest. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht am 1. Oktober 2013. Er schließt sich unmittelbar an die Mitgliedschaft aufgrund der versicherungspflichtigen Beschäftigung an und erhält diese aufrecht. Damit besteht ein Anspruch auf Krankengeld.
Die fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit muss ärztlich festgestellt werden
Krankengeld wird durch die Krankenkasse abschnittsweise für die Dauer der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit zugebilligt. Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeitwird jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig geprüft.
Für den Anspruch ist es deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Bewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (spätestens am letzten Tag). Wenn die Arbeitsunfähigkeit später festgestellt wird, dann ist der erneute Anspruch nach den versicherungsrechtlichen Verhältnissen zu beurteilen, die am Tag des Entstehens des Anspruchs (vgl. § 46 SGB V) bestehen.
Auch die Fortsetzungserkrankung ist der Krankenkasse innerhalb einer Woche nach dem Beginn des neuen Abschnitts zu melden (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V).
Beispiel
Ein Arbeitnehmer ist bis zum 30. September 2013 versicherungspflichtig beschäftigt. Er erkrankt am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses. Der behandelnde Arzt stellt am selben Tag eine Arbeitsunfähigkeit bis zum13. Oktober 2013 fest. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht am 1. Oktober 2013. Er schließt sich unmittelbar an die Mitgliedschaft aufgrund der versicherungspflichtigen Beschäftigung an und erhält diese aufrecht. Damit besteht ein Anspruch auf Krankengeld bis zum 13. Oktober 2013. Danach ist der Versicherte Mitglied der obligatorischen Anschlussversicherung ohne Anspruch auf Krankengeld.
Der Versicherte sucht am 14. Oktober 2013 einen Arzt auf, der erneut Arbeitsunfähigkeit feststellt. Der Anspruch auf Krankengeld würde am 15. Oktober 2013 entstehen. Zu diesem Zeitpunkt steht der Versicherte aber in einem Versicherungsverhältnis ohne Anspruch auf Krankengeld. Obwohl die Arbeitsunfähigkeit ununterbrochen besteht, entsteht kein neuer Anspruch auf Krankengeld.
Ausnahmen gelten, wenn den Versicherten keine Schuld trifft
Ausnahmen sind durch die Rechtsprechung anerkannt. Versicherte, denen wegen einer Fehldiagnose irrtümlich das Ende der Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wird, müssen diese Entscheidung nicht hinnehmen. Die Unrichtigkeit kann auch nachträglich (z. B. durch einen ärztlichen Gutachter) nachgewiesen werden. Die Fehldiagnose ist dann für den Krankengeldanspruch unschädlich.
Die fehlende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit kann dem Versicherten auch dann nicht entgegengehalten werden, wenn er seinerseits alles in seiner Macht Stehende getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert worden ist (z. B. aufgrund einer fehlerhaften Beratung nach § 14 SGB I über die Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs).
Die unterlassene ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist dann für den Krankengeldanspruch unschädlich, wenn die rechtzeitige Feststellung durch Umstände verhindert oder verzögert wurde, die nicht dem Verantwortungsbereich des Versicherten zuzurechnen sind . Das ist z. B. bei einer Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Versicherten anzunehmen.
Auch in diesen Ausnahmefällen ist die fortgesetzte Arbeitsunfähigkeit durch ärztliche Bescheinigungen nachzuweisen und der Krankenkasse innerhalb einer Woche nach dem Beginn des neuen Abschnitts zu melden.
BSG, Urteil vom 4.3.2014, B 1 KR 17/13 R
Hinweis
Seit dem 23.7.2015 ist es ausreichend, wenn die ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt (vgl. § 46 Satz 2 SGB V). Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.
Bildquelle: Matthias Preisinger / pixelio.de
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