Krankenkasse – Versicherte wählen die Krankenkasse

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  • Beitrag zuletzt geändert am:2. April 2021
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Versicherte (vgl. §§ 5, 9 SGB V) sind Mitglieder der von ihnen gewählten Kasse (vgl. § 173 Abs. 1 SGB V). Sie können zwischen verschiedenen Krankenkassen wählen (vgl. § 173 Abs. 2 Satz 1 SGB  V). Die gewählte Kasse ist verpflichtet, den Versicherten aufzunehmen. Gesundheitszustand oder Alter des Versicherten sind unerheblich. Preis-Leistungs-Vergleiche mit Informationen über interessante Zusatzleistungen, Prämienzahlungen oder Zusatzbeiträge ermöglicht das Internet (z. B. www.gesetzlichekrankenkassen.de).

Wählbare Krankenkassen

Versicherte können folgende Krankenkassen wählen:

  • die Ortskrankenkasse des Beschäftigungs- oder Wohnorts,
  • jede Ersatzkasse, deren Zuständigkeit sich nach der Satzung auf den Beschäftigungs- oder Wohnort erstreckt,
  • eine Betriebs- oder Innungskrankenkasse, wenn sie in einem Betrieb beschäftigt sind,
    für den eine Betriebs- oder Innungskrankenkasse besteht,
  • eine Betriebs- oder Innungskrankenkasse, wenn die Satzung der Betriebs- oder Innungskrankenkasse dies vorsieht,
  • die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Knappschaft als Träger der Krankenversicherung),
  • die Krankenkasse, bei der vor Beginn der Versicherungspflicht oder Versicherungsberechtigung zuletzt eine Mitgliedschaft oder eine Familienversicherung (vgl. § 10 SGB V) bestanden hat,
  • die Krankenkasse, bei der der Ehegatte versichert ist.

Das Wahlrecht wird gegenüber der gewählten Krankenkasse durch eine Willenserklärung ausgeübt, die nicht an eine bestimmte Form gebunden ist (vgl. § 175 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Schriftform vorzuziehen. Die gewählte Krankenkasse darf die Mitgliedschaft nicht ablehnen (Kontrahierungszwang; vgl. § 175 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Das Wahlrecht kann nach Vollendung des 15. Lebensjahres ausgeübt werden (sozialrechtliche Handlungsfähigkeit; vgl. § 175 Abs. 1 Satz 3 SGB V).

Versicherte der landwirtschaftlichen Krankenversicherung haben kein Wahlrecht zu einer anderen Krankenkasse. Eine  Versicherung nach dem KVLG 1989 ist in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung durchzuführen, unabhängig von dem Bestehen einer 18-Monats-Bindungsfrist aufgrund des ausgeübten Wahlrechts in der allgemeinen Krankenversicherung.

Ausübung des Wahlrechts

Ein Wechsel der Krankenkasse ist an folgende Voraussetzungen gebunden (vgl. § 175 SGB V):

  • Der Versicherte gibt eine wirksame Willenserklärung gegenüber der gewählten und wählbaren Krankenkasse ab.
  • Die 18-monatige Bindungsfrist (vgl. § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V) ist abgelaufen (Ausnahmen: Sonderkündigungsrecht bei der Einführung oder Erhöhung eines Zusatzbeitrags, Prämienreduzierung, Unterbrechung der Mitgliedschaft, Wechsel zu einer Krankenkasse derselben Kassenart, sofern die Satzung dies vorsieht; vgl. § 175 Abs. 4 Satz 9 SGB V).
  • Bei Wahltarifen ist die dreijährige Bindungsfrist (vgl. § 53 Abs. 8 Satz 1, 2 SGB V) zu beachten.
  • Die Mitgliedschaft bei der bisherigen Krankenkasse wurde fristgerecht gekündigt.
  • Die bisherige Krankenkasse stellt unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung, eine Kündigungsbestätigung aus.
  • Die gewählte Krankenkasse stellt unverzüglich nach Vorlage der Kündigungsbestätigung eine Mitgliedsbescheinigung aus.
  • Die Mitgliedsbescheinigung der gewählten Krankenkasse wird der zur Meldung verpflichteten Stelle bzw. der abgewählten Krankenkasse (wenn keine zur Meldung verpflichtete Stelle vorhanden ist) innerhalb der Kündigungsfrist vorgelegt.

Bindungsfristen

Die 18-monatige Bindungsfrist (vgl. § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V) wird bei der Ausübung des Wahlrechts durch

  • den Versicherten oder
  • eine wahlersetzende Anmeldung der zur Meldung verpflichteten Stelle

ausgelöst.

Die Bindungsfrist ist ein Zeitraum von 18 zusammenhängenden Zeitmonaten und wird von dem Zeitpunkt an berechnet, an dem die Mitgliedschaft bei der gewählten Krankenkasse beginnt. Ist die Bindungsfrist beim Eintritt eines neuen Versicherungsgrundes noch nicht abgelaufen, kann der Versicherte frühestens zum Ablauf der Bindungsfrist die Mitgliedschaft kündigen und von seinem
Krankenkassenwahlrecht Gebrauch machen.

Kündigung

Die abgewählte Krankenkasse hat dem Versicherten unverzüglich, spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung bei der Krankenkasse, eine Kündigungsbestätigung auszustellen. Die neu gewählte Krankenkasse darf die Mitgliedschaft grundsätzlich erst nach Vorlage der Kündigungsbestätigung der bisherigen Krankenkasse begründen.

Eine Kündigung der Mitgliedschaft ist zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt (vgl. § 175 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Wird die Kündigung für einen Zeitpunkt ausgesprochen, zu dem ein Krankenkassenwechsel noch nicht möglich ist, ist die Kündigung in eine Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt umzudeuten (vgl. § 140 BGB).

Errichtung einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse

Versicherungspflichtige sind nicht an ihre Krankenkasse gebunden, wenn sie durch

  • die Errichtung einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse oder
  • die Ausdehnung einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse oder
  • durch betriebliche Veränderungen

Mitglied einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse werden können (vgl. § 175 Abs. 5 SGB V). Der Beschäftigte muss innerhalb von zwei Wochen nach dem Zeitpunkt der Errichtung, Ausdehnung oder betrieblichen Veränderung die Betriebs- oder Innungskrankenkasse wählen. In diesen Fällen ist innerhalb der zweiwöchigen Beitrittsfrist eine Kündigung bei der bisherigen Krankenkasse zu erklären. Das kurzfristige Wahlrecht gilt nicht für betriebsfremde Arbeitnehmer.

Sonderkündigungsrecht

Mitgliedern steht ein Sonderkündigungsrecht zu, wenn die Krankenkasse einen Zusatzbeitrag

  • neu erhebt,
  • diesen erhöht oder
  • eine Prämienzahlung verringert

(vgl. § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Mitglieder, die an ihren Wahltarif gebunden sind, haben kein Sonderkündigungsrecht.

Das Mitglied muss bis zur erstmaligen Fälligkeit der Beitragserhebung, der Beitragserhöhung oder der Prämienverringerung sein
Sonderkündigungsrecht ausüben. Die Krankenkasse hat ihre Mitglieder auf das Sonderkündigungsrecht spätestens einen Monat vor der erstmaligen Fälligkeit hinzuweisen. Kommt die Krankenkasse ihrer Hinweispflicht gegenüber einem Mitglied verspätet nach, verschiebt sich für dieses Mitglied die Erhebung oder die Erhöhung des Zusatzbeitrags und die Frist für die Ausübung des
Sonderkündigungsrechts um den entsprechenden Zeitraum. Sofern von dem Sonderkündigungsrecht fristgerecht Gebrauch gemacht wird, endet die Mitgliedschaft zum Ende des übernächsten auf den Eingang der Kündigung folgenden Monats (vgl. § 175 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Nach Ablauf der zweimonatigen Frist zur Ausübung des Sonderkündigungsrechts kann die Mitgliedschaft nicht mehr auf der Grundlage des § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V gekündigt werden. Bei verspätet ausgesprochenen Kündigungen ist somit die 18-monatige Bindungsfrist zu erfüllen.

Beschäftigte und ehemalige Beschäftigte von Krankenkassen sowie deren Verbänden

Beschäftigte einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse haben neben den allgemeinen Wahlrechten die Möglichkeit, die Betriebs- oder Innungskrankenkasse zu wählen, bei der sie beschäftigt sind (vgl. § 174 Abs. 2 SGB V). Auch die Mitarbeiter der entsprechenden Verbände können zusätzlich zu den allgemeinen Wahlrechten eine der am Wohn- oder Beschäftigungsort bestehende Betriebs- oder Innungskrankenkasse wählen. Ein derartiges Wahlrecht steht auch Rentnern zu, die vor dem Rentenbezug bei einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse bzw. bei einem Verband dieser Kassenarten beschäftigt waren (vgl. § 174 Abs. 3 SGB V).

Versicherungspflichtige ohne anderweitige Absicherung im Krankheitsfall

Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V werden zunächst Mitglied der Krankenkasse oder des Rechtsnachfolgers der Krankenkasse, bei der sie zuletzt versichert waren (vgl. § 174 Abs. 5 SGB V). Nach dem Ablauf der Bindungsfrist können die allgemeinen Wahlrechte ausgeübt werden. Wenn eine zuletzt zuständig gewesene Krankenkasse nicht existiert, dann können sofort die allgemeinen Wahlrechte ausgeübt werden.

Ehegattenwahlrecht

Mitglieder haben die Möglichkeit, Mitglied der Krankenkasse zu werden, bei der ihr Ehegatte versichert ist (vgl. § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB V). Für die Ausübung dieses Wahlrechts gelten die Vorschriften des § 175 SGB V.

Schließung oder Auflösung einer Krankenkasse

Mit der Schließung oder Auflösung einer Krankenkasse (vgl. §§ 146a, 152, 153, 162, 163, 170 SGB V) endet auch die Mitgliedschaft bei dieser Krankenkasse. Den Mitgliedern steht in diesem Zusammenhang ein Krankenkassenwahlrecht zu, welches sie in analoger Anwendung des § 175 Abs. 3 Satz 2 SGB V innerhalb von zwei Wochen nach der Schließung oder Auflösung der Krankenkasse ausüben können, sofern sie nicht schon vorher eine andere Krankenkasse gewählt haben. Die zweiwöchige Frist zur Wahlrechtsausübung beginnt mit dem in einem amtlichen Mitteilungsorgan (z. B. Bundesanzeiger) bekannt gemachten Tag der Schließung oder Auflösung der Krankenkasse.

Bild: Andreas Morlok  / pixelio.de

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