Übergangsgeld der Rentenversicherung – Anspruch, Dauer und Höhe

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  • Beitrag zuletzt geändert am:2. April 2021
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509527_web_R_by_Martin Büdenbender_pixelio.deÜbergangsgeld ist eine Entgeltersatzleistung (wirtschaftliche Hilfe), die von verschiedenen Sozialleistungsträgern erbracht wird. Sie dient der Sozialen Sicherheit. Das Übergangsgeld der Rentenversicherung wird im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gezahlt.

Voraussetzungen

Anspruch auf Übergangsgeld haben Versicherte der Rentenversicherung, wenn sie

  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
  • Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder
  • sonstige Leistungen zur Teilhabe

erhalten.

Für einen Übergangsgeldanspruch bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder sonstigen Leistungen zur Rehabilitation ist zusätzlich erforderlich, dass unmittelbar vor Beginn der Rehabilitation

  • Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt und im Bemessungszeitraum mindestens ein Beitrag zur Rentenversicherung entrichtet wurde oder
  • eine Entgeltersatzleistung (z. B. Krankengeld, Arbeitslosengeld, Verletztengeld) bezogen wurde und dieser Ersatzleistung ein rentenversichertes Entgelt zugrunde liegt.

Neben Mutterschaftsgeld wird kein Übergangsgeld gezahlt. Der Anspruch auf Übergangsgeld ruht in voller Höhe (§ 65 Abs. 4 SGB IX).

Dauer

Übergangsgeld ist für die Dauer einer Leistung zu zahlen (§ 65 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 2 SGB IX). Eine Beurlaubung während der Dauer einer Leistung ist für das Übergangsgeld unschädlich.

Wenn eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation durch eine Krankenhausbehandlung zulasten einer Krankenkasse unterbrochen wird, ist während der Unterbrechung durch die Krankenkasse Krankengeld zu zahlen.

Übergangsgeld zwischen verschiedenen Leistungen

Ein Zwischen-Übergangsgeld wird gezahlt, wenn nach Abschluss einer Leistung zur

  • medizinischen Rehabilitation,
  • Teilhabe oder
  • Teilhabe am Arbeitsleben

(weitere) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind und es an der wirtschaftlichen Sicherstellung des Versicherten fehlt. Dies kann z. B. wegen eines fehlenden Krankengeldanspruchs oder der Vermittlungsmöglichkeit in eine zumutbare Beschäftigung der Fall sein (§ 71 Abs. 1 SGB IX).

Der Anspruch ist davon abhängig, dass der Versicherte die Gründe für den nicht unmittelbaren Antritt der Maßnahme an die vorherigen nicht selbst zu vertreten hat (z. B. bei fehlenden Ausbildungskapazitäten).

Unterbrechung von Leistungen

Das Übergangsgeld ist weiter zu zahlen, wenn eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben

  • mit Anspruch auf Übergangsgeld durchgeführt,
  • allein aus gesundheitlichen Gründen unterbrochen und
  • voraussichtlich wieder in Anspruch genommen

wird (§ 71 Abs. 3 SGB IX).

Hinsichtlich der Wiederaufnahme der Leistung ist bei Beginn der Unterbrechung eine Prognoseentscheidung zu treffen. Das Übergangsgeld wird für längstens 6 Wochen weitergezahlt.

Es kann zu mehreren Unterbrechungen aus gesundheitlichen Gründen kommen. Mit jeder Unterbrechung beginnt ein neuer 6-Wochen-Zeitraum.

Arbeitslosigkeit nach Abschluss einer Leistung

Das Übergangsgeld wird im Anschluss an eine erfolgreich abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (Anschluss-Übergangsgeld) bis zu 3 Monaten weitergezahlt, wenn der Versicherte

  • arbeitslos ist,
  • sich bei der Arbeitsagentur arbeitslos gemeldet hat und
  • einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 3 Monaten nicht geltend machen kann

(§ 71 Abs. 4 Satz 1 SGB IX). Eine Arbeitsaufnahme beendet den Anspruch auf Übergangsgeld.

Eine Arbeitsunfähigkeit unterbricht den Anspruch auf Übergangsgeld. Ggf. ist Krankengeld durch eine Krankenkasse zu zahlen. Eine Arbeitsunfähigkeit während des Anspruchszeitraums verlängert den 3-Monats-Zeitraum nicht.

Stufenweise Wiedereingliederung

Das Übergangsgeld wird im Anschluss an eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation weitergezahlt, wenn

  • der Versicherte arbeitsunfähig ist,
  • eine stufenweise Wiedereingliederung von der Rehabilitationseinrichtung empfohlen und eingeleitet wird,
  • der Versicherte und sein Arbeitgeber der stufenweisen Wiedereingliederung zustimmen,
  • sich die stufenweise Wiedereingliederung unmittelbar an die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation anschließt

(§ 71 Abs. 5 SGB IX). Der Anspruch auf Übergangsgeld endet mit dem Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederung.

Übergangsgeld anlässlich einer stufenweisen Wiedereingliederung (§ 44 SGB IX) wird von der gesetzlichen Rentenversicherung nur während der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder im unmittelbaren Anschluss (§ 71 Abs. 5 SGB IX) daran erbracht. Der «unmittelbare Anschluss» meint nicht einen nahtlosen Anschluss. Entscheidend ist vielmehr der sachliche Zusammenhang zwischen der stufenweisen Wiedereingliederung und der vorhergehenden Leistung zur medizinischen Rehabilitation.

Höhe

Rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer

Der Berechnung des Übergangsgeldes werden 80 % des Regelentgelts aus dem maßgeblichen Bemessungszeitraum zugrunde gelegt (Berechnungsgrundlage; § 21 Abs. 1 SGB VI i. V. m. §§ 66, 67 SGB IX).

Der Bemessungszeitraum umfasst mindestens 4 Wochen und muss vor dem Beginn der Leistung abgerechnet sein (§ 67 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).

Das Regelentgelt aus dem laufenden Arbeitsentgelt wird um 1/360 des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts erhöht, soweit es beitragspflichtig ist (Hinzurechnungsbetrag; § 67 Abs. 1 Satz 6 SGB IX).

Das kumulierte Regelentgelt darf die kalendertägliche Beitragsbemessungsgrenze (Rentenversicherung) nicht übersteigen (§ 67 Abs. 4 SGB IX). Die Berechnungsgrundlage (80 % des kumulierten Regelentgelts) ist auf das entgangene Nettoarbeitsentgelt begrenzt.

Das Übergangsgeld beträgt

  • für Leistungsempfänger, die wenigstens ein Kind haben oder von ihrem erwerbslosen Ehegatten oder Lebenspartner gepflegt werden, 75 %
  • für die übrigen Leistungsempfänger 68 %

der Berechnungsgrundlage (§ 66 Abs. 1 Satz 3 SGB IX).

Freiwillig Versicherte oder versicherungspflichtige Selbstständige

Für

  • Leistungsempfänger mit Arbeitseinkommen und
  • von der Versicherungspflicht befreite Arbeitnehmer mit Arbeitsentgelt,

die im Kalenderjahr vor Beginn der Leistung zur medizinischen Rehabilitation Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet haben, wird die Berechnungsgrundlage aus 80 % des diesen Beiträgen zugrunde liegenden Einkommens ermittelt (§ 21 Abs. 2 SGB VI).

Berücksichtigt werden neben freiwilligen Beiträgen auch Beiträge, die z. B. aus einer abhängigen Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs einer Entgeltersatzleistung entrichtet wurden.

Das Übergangsgeld beträgt

  • für Leistungsempfänger, die wenigstens ein Kind haben oder von ihrem erwerbslosen Ehegatten oder Lebenspartner gepflegt werden, 75 %
  • für die übrigen Leistungsempfänger 68 %

der Berechnungsgrundlage (§ 66 Abs. 1 Satz 3 SGB IX).

Bezieher von Leistungen nach dem SGB II/III

Wurde bis zum Beginn der Rehabilitation oder der vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit

  • Arbeitslosengeld I
  • Arbeitslosengeld II oder
  • Krankengeld in Höhe des Arbeitslosengeldes I

gezahlt und wurden zuvor Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet, wird das Übergangsgeld in Höhe der bisherigen Entgeltersatzleistung weitergezahlt (§ 21 Abs. 4 SGB VI).

Das Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes II wird nicht vom Rentenversicherungsträger an den Versicherten gezahlt (§ 25 SGB II). Vielmehr leisten die Träger der Leistungen nach dem SGB II das Arbeitslosengeld II für die Dauer der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vorschussweise weiter und erhalten hierfür vom Rentenversicherungsträger Ersatz.

Arbeitslosigkeit im Anschluss an eine Leistung

Bei Arbeitslosigkeit im Anschluss an eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben beträgt das Übergangsgeld 67 % bzw. 60 % der Berechnungsgrundlage (§ 71 Abs. 4 Satz 2 SGB IX).

Sonderfälle

Die Berechnungsgrundlage für das Übergangsgeld während Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ergibt sich aus §§ 66 bis 68 SGB IX.

Bei diesen Leistungen ist auch dann ein Übergangsgeld zu berechnen, wenn der Versicherte aktuell weder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt noch Entgeltersatzleistungen bezogen hat. Die Berechnungsgrundlage für das Übergangsgeld wird aus 65 % des auf ein Jahr bezogenen tariflichen oder des ortsüblichen Arbeitsentgelts ermittelt, das für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger maßgeblich ist. Dies gilt, wenn

  • die Berechnung nach den §§ 66, 67 SGB IX zu einem geringeren Betrag führt oder
  • der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als 3 Jahre zurückliegt.

Für den Kalendertag wird der 360. Teil dieses Betrages angesetzt.

§ 68 Satz 1 Nr. 2 SGB IX ist auf das Übergangsgeld der Rentenversicherung nicht anzuwenden.

Anpassung

Übergangsgeld wird jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraums erhöht (§ 70 SGB IX). Hierzu wird das der Berechnung zugrunde gelegte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen mit dem festgelegten Anpassungsfaktor multipliziert. Das Übergangsgeld der Bezieher von Leistungen nach dem SGB II/III wird nicht angepasst. Dafür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

Einkommensanrechnung

Auf das Übergangsgeld sind folgende gleichzeitig erzielte Einkünfte anzurechnen:

  • Nettoarbeitsentgelt ohne Einmalzahlungen (z. B. Entgeltfortzahlung);
  • 80 % des Arbeitseinkommens von Selbstständigen, wenn die Erwerbstätigkeit neben dem Übergangsgeldbezug ausgeübt wird;
  • Erwerbsminderungsrenten und (teilweise) Verletztenrenten unter bestimmten Voraussetzungen;
  • Verletztengeld;
  • Altersrenten unter bestimmten Voraussetzungen;
  • Geldleistungen einer öffentlich-rechtlichen Stelle, die im Zusammenhang mit der Leistung gewährt werden;
  • Leistungen, die von einer Stelle im Ausland erbracht werden und nach inländischem Recht angerechnet würden

(§ 72 Abs. 1 SGB IX).

Beiträge

Die Beiträge werden von 80% des Regelentgelts berechnet und vom Rentenversicherungsträger getragen (Ausnahme: Pflegeversicherung, Beitragszuschlag für Kinderlose).

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Foto:  Martin Büdenbender  / pixelio.de