Übergangsgeld – Die Leistung wird nicht aufgestockt

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  • Beitrag zuletzt geändert am:2. April 2021
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609122_web_R_by_Thorben Wengert_pixelio.de (1)Der Anspruch auf Krankengeld ruht, wenn Übergangsgeld gezahlt wird (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Die entsprechende Zeit wird trotzdem auf den zeitlichen Höchstanspruch auf Krankengeld angerechnet (vgl. § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Das niedrigere Übergangsgeld wird auch nicht durch Krankengeld aufgestockt (vgl. § 49 Abs. 3 SGBV).

Krankengeld-Spitzbetrag (Aufstockung)

Der Anspruch auf Krankengeld ruht, soweit und solange der Anspruch zeitlich mit dem Bezug von Übergangsgeld zusammentrifft (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Nach dem Wortlaut des Gesetzes ruht der Anspruch auf Krankengeld in Höhe der anderen Entgeltersatzleistung, weshalb es in bestimmten Fällen zu einem so genannten „Krankengeldspitzbetrag“ kommen kann. Darunter ist der Teil des Krankengeldes zu verstehen, der die andere Entgeltersatzleistung übersteigt. Verglichen werden jeweils die „Brutto-Ansprüche“ (also vor Abzug von Beiträgen) miteinander.

Verbot der Aufstockung

Der Anspruch auf einen Krankengeldspitzbetrag ist ausgeschlossen, wenn eine andere zeitgleich zu beanspruchende Entgeltersatzleistung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt ist (Aufstockungsverbot; vgl. § 49 Abs. 3 SGB V). Entgeltersatzleistungen in diesem Sinne gelangen mit einem niedrigeren Zahlbetrag als dem des bisherigen Entgelts zur Auszahlung. Die Vorschrift des § 49 Abs. 1 SGB V ist damit für einen Krankengeldspitzbetrag im Wesentlichen ohne praktische Bedeutung.

Anspruch auf Übergangsgeld

Übergangsgeld wird u. a. während Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Rentenversicherungsträger gezahlt (vgl. § 45 SGB IX i. v. m. §§ 20, 21 SGB VI). Ein Krankengeldspitzbetrag kann nicht gezahlt werden, weil es sich beim Übergangsgeld um eine Entgeltersatzleistung handelt, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt ist.

Dieses gilt auch für das Übergangsgeld der Unfallversicherung bei Leistungen zur Teilhabe (vgl. §§ 49, 50 SGB VII).

Das Aufstockungsverbot widerspricht nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz (vgl. Art. 3 GG)

Beispiel

Ein Arbeitnehmer ist seit Jahren versicherungspflichtig beschäftigt und Mitglied einer Krankenkasse. Er ist seit dem 20. Oktober 2012 arbeitsunfähig krank. Nach dem Ende des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung erhält der Versicherte seit dem 1. Dezember 2012 Krankengeld in Höhe von 50 € kalendertäglich (Zahlbetrag des Krankengeldes; Bruttokrankengeld). In der Zeit vom 10. Februar bis zum 3. März 2013 erbringt der Rentenversicherungsträger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zahlt für diesen Zeitraum Übergangsgeld in Höhe von 42,86 € kalendertäglich. Die Arbeitsunfähigkeit besteht bis auf Weiteres.

Der Versicherte hat während der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Krankengeld. Der Anspruch ruht allerdings (in voller Höhe) in der Zeit, in der der Arbeitgeber Entgelt fortzahlt. Der Anspruch ruht auch in der Zeit, in der Übergangsgeld durch den Rentenversicherungsträger gezahlt wird. Ein Krankengeldspitzbetrag ist nicht zu zahlen, weil es sich beim Übergangsgeld um eine abgesenkte Entgeltersatzleistung handelt.

Ausnahme: Freiwillig Versicherte der Rentenversicherung

Bei in der gesetzlichen Rentenversicherung freiwillig Versicherten, die Arbeitseinkommen erzielen und Beiträge zur Rentenversicherung aus der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nach § 167 SGB VI zahlen, führt diese Vorgehensweise allerdings zu unberechtigten Nachteilen. Das Übergangsgeld wird aus 80% des Einkommens ermittelt, das den vor Beginn der Leistungen für das letzte Kalenderjahr (Bemessungszeitraum) gezahlten Beiträgen zugrunde lag (vgl. § 21 Abs. 2 SGB VI) und ist somit erheblich geringer als das Krankengeld. Deshalb ist das bei freiwillig Rentenversicherten auf der Basis der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage errechnete und gezahlte Übergangsgeld bei gleichzeitig bestehender Arbeitsunfähigkeit durch einen Krankengeld-Spitzbetrag aufzustocken. Um sicherzustellen, dass lediglich die Differenzen aufgrund der gesetzlichen Berechnungsmodalitäten zulasten dieses Personenkreises gehen, ist zur Ermittlung des Krankengeld-Spitzbetrags das Krankengeld vor Abzug von Beiträgen um den Betrag der Berechnungsgrundlage des Übergangsgeldes zu kürzen, der sich nach der Anwendung des § 21 Abs. 2 SGB VI ergibt.

BSG, Urteil vom 12.3.2013, B 1 KR 17/12

Foto: Thorben Wengert  / pixelio.de

Dieser Beitrag hat 7 Kommentare

  1. Gerd Schumacher

    Demnächst eine AHB (Reha) und bekomme Übergangsgeld als Lediger ca. 125.– Euro täglich. Bin privat versichert als Arbeitnehmer und hatte bisher Netto 5500.– Euro.
    Es besteht ein Krankentagegeld was bezahlt wird da aus der Lohnfortzahlung seit 8 Wochen wegen Krankheit über Euro 200.– täglich. Ist es rechtens, dass hier die Privatversicherung höchstens dann 75.– zahlen will. (also Anrechnung) obwohl der Beitrag voll für das KT abgebucht wurde. Hatte aber im Schnitt über 12 Monate eine Monatsgehalt von 6400.– Was ist hier Grundlage der Zuzahlung der Privatversicherung. Sie wollen nur das letzte Gehalt vor Krankheit berechnen. Alles sehr undurchsichtig. Was müssen die Versicherungen hier wirklich zahlen?

  2. Marion

    Aufgrund eines Verkehrsunfalles befinde ich mich auf Drängen der Rentenversicherung in einer Reha.Die Rentenversicherung ist der Meinung kein Übergangsgeld Zahlen zu müssen und schiebt es auf die Krankenkasse.Die ist jedoch in Bezug auf dessen nicht zuständig.Da die Rentenversicherung mich in die Reha gebracht hat müsste diese auch Zahlen.Sie weigert sich jedoch.Nun stehe ich kurz vor dem Ruin,da ich unter anderem ein Haus besitze aber keine finanzielle Eingänge habe.In der Reha bin ich nunmehr seit 4 Wochen und noch immer ist kein Geld eingegangen.Was soll ich nur machen??? Vielleicht kann man mir Helfen! Vielen Dank

    1. Katharina

      Hallo Marion. Mein Mann hat zurzeit genau die gleiche Situation. Bei der Krankenkasse wurde mir gesagt, man sollte von der klinik in der man ist, eine liegebescheinigung ausstellen lassen und bitten die Rentenversicherung das Geld im Vorfeld zu überweisen. Ansonsten bekommt man das Geld nach dem Rehe zu Ende ist. Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen.
      Katharina

  3. Andreas Brockel

    Hallo,

    bei mir sieht es folgendermaßen aus: Ich war bis 2012 selbstständig und bin dann erkrankt,
    habe erst ALG 1 bezogen, dann wurde ich kränker, kam in Reha mit Ü-Geld, danach weiter AU bis zur Aussteuerung, dann wieder ALG 1, erneute Reha, wieder Ü-Geld, danach wieder ALG 1 Anspruch,

    Mit Ablauf der Frist wechselte ich dann durch den DRV-Bund in Übergangsgeld durch „Teilhabe am Arbeitsleben“ (Umschulung), im Oktober 2017, dann gesundheitlicher Rückschlag,
    Abbruch der Umschulung, erneuter Bezug von Krankengeld, nur das die Krankenkasse sich das recht nimmt, warum auch immer, mir ein Drittel weniger Krankengeld zahlt.

    Von April bis Mai diesen Jahres war ich in erneuter Reha, weil die Krankenkasse mit Rauswurf drohte, bekam regelgerechtes Ü-Geld, nur die Krankenkasse zahlt vermindert, dabei wurde ich doch schon durch die Minderung des Ü-Geldes finanziell beschnitten,und jetzt durch die Krankenkasse wieder? ich bin finanziell ganz schön eingeschränkt.

    Ist das alles legitim?

    Gruß
    Andreas B.

  4. Fiedler

    bin selbständig und war zur Reha.
    Klage seit 2013- noch kein Termin bei Gericht- auf Spitzbetrag.
    wird es Erfolg haben?

    1. Ralf Neumann

      Ich befinde mich ebenfalls zur Zeit im Rechtsstreit. Ob es Erfolg haben wird, kann ich noch nicht versprechen. Aber ich kann versprechen, dass es anstrengend wird. Wir sollten uns austauschen (rn@rneu.de).
      Gruß
      Ralf

      1. Werner W.

        Ich habe aktuell das gleiche Problem, als Selbständiger, freiwillig in der gesetzlichen Versicherung, kein Krankengeld bei sehr niedrigem Übergangsgeld zu bekommen. Wie ging der Rechtsstreit aus?
        Gruß Werner W.

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