Das Regelentgelt ist wie beim Krankengeld die Grundlage der Berechnung des Verletztengeldes. Dabei sind allerdings einige Besonderheiten zu beachten.
Arbeitnehmer
Bezieher von Arbeitsentgelt erhalten Verletztengeld, das entsprechend der Vorschriften über das Krankengeld der Krankenversicherung nach § 47 Abs. 1 und 2 SGB V ermittelt wird (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Zu zahlen ist auch an Arbeitnehmer in einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 SGB IV.
Dabei sind besondere Maßgaben zu berücksichtigen, die das Höchstregelentgelt und die Höhe des Verletztengeldes betreffen.
Das Regelentgelt ist die Grundlage der Verletztengeldberechnung. Es wird aus dem regelmäßig erzielten Arbeitsentgelt ermittelt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Es ist nicht erforderlich, dass von den Einnahmen Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet wurden.
Steuerfreie Zuschläge
Bei der Berechnung des Regelentgelts werden anders als in der Krankenversicherung auch lohnsteuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit als Arbeitsentgelt berücksichtigt (vgl. § 1 Abs. 2 SvEV). Die Zuschläge müssen nicht regelmäßig erzielt werden.
Unternehmer
Bei der Ermittlung des Regelentgelts ist auch erzieltes Arbeitseinkommen zu berücksichtigen (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Vorschrift betrifft Bezieher von Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit, deren Versicherungsfall außerhalb der Tätigkeit als Unternehmer eingetreten ist. Ist der Versicherungsfall infolge einer Tätigkeit als Unternehmer eingetreten, richtet sich das Verletztengeld nach dem Jahresarbeitsverdienst (vgl. § 47 Abs. 5 Satz 1 SGB VII).
Berücksichtigt wird das Arbeitseinkommen aus dem letzten Kalenderjahr vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Maßnahme der Heilbehandlung (Bemessungszeitraum), indem der entsprechende Betrag durch 360 geteilt wird. Eine Begrenzung auf das Nettoeinkommen ist nicht vorgesehen. Das Regelentgelt aus dem Arbeitseinkommen ist ggf. neben dem Regelentgelt aus erzieltem Arbeitsentgelt für die Ermittlung des Verletztengeldes zu berücksichtigen.
Bei dem für die Berechnung des Regelentgelts zu berücksichtigenden Arbeitseinkommen ist vom Arbeitseinkommenbegriff des § 15 SGB IV auszugehen. Arbeitseinkommen ist der Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit (vgl. § 15 Abs. 1 SGB IV).
Der Wortlaut der Vorschrift lässt keinen Raum für einen eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriff des „Arbeitseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit“ neben dem steuerrechtlichen Begriff der Gewinneinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Die Grundentscheidung, ob überhaupt eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, wird nicht von den Sozialleistungsträgern getroffen Ungeachtet dessen, dass das Einkommensteuerrecht den Begriff des Arbeitseinkommens nicht kennt, soll damit für die Frage, ob Einkommen aus selbstständiger Arbeit und damit Arbeitseinkommen erzielt wird, allein das Steuerrecht maßgebend sein, um den Sozialleistungsträgern eine eigenständige und mitunter schwierige Prüfung der Zuordnung und Ermittlung der Höhe von Arbeitseinkommen zu ersparen.
Arbeitseinkommen
Zum Arbeitseinkommen gehören
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb und
- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
(vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 EStG). Andere Einkünfte wie z. B. solche aus Vermietung und Verpachtung gehören nicht zum Arbeitseinkommen.
Das Arbeitseinkommen wird nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelt. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Bei Landwirten, deren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13 a EStG ermittelt wird, ist als Arbeitseinkommen der sich aus § 32 Abs. 6 ALG ergebende Wert anzusetzen (vgl. § 15 Abs. 2 SGB IV).
Die Begrenzung des Verletztengeldes auf das entgangene Netto-Arbeitsentgelt bezieht sich bei Versicherten, deren Regelentgelt sowohl aus dem Arbeitsentgelt als auch aus dem Arbeitseinkommen zu berechnen ist, ausschließlich auf das Arbeitsentgelt. Es sind mithin 2 Berechnungen anzustellen. Aus dem der Regelentgeltberechnung zugrunde liegenden Brutto-Arbeitsentgelt ist zunächst das Verletztengeld zu ermitteln. Zu diesem (ggf. auf das entgangene Netto-Arbeitsentgelt begrenzten) Verletztengeld ist das Verletztengeld aus der Regelentgeltberechnung aufgrund des Arbeitseinkommens hinzuzurechnen.
Mehrfachbeschäftigte oder selbstständig Tätige
Bei Mehrfachbeschäftigten ist das Regelentgelt für das aus jeder abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen gesondert zu berechnen, wenn im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit mehrere Beschäftigungen oder Tätigkeiten ausgeübt werden und die Krankheit den Versicherten in allen Beschäftigungen oder Tätigkeiten arbeitsunfähig macht.
Die unterschiedliche Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse kann zur Folge haben, dass das Regelentgelt aus dem Arbeitsentgelt eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 47 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB V, aus dem Arbeitsentgelt eines anderen Beschäftigungsverhältnisses nach § 47 Abs. 2 Satz 3 SGB V oder aus Arbeitseinkommen nach § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zu berechnen ist. Das Regelentgelt ist aus jeder einzelnen Beschäftigung oder Tätigkeit nach der jeweils zutreffenden Berechnungsart zu ermitteln.
Wird durch die Zusammenfassung mehrerer Regelentgelte das Höchstregelentgelt (360. Teils des Höchstjahresarbeitsverdienstes; vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII) überschritten, ist jedes Teil-Regelentgelt verhältnismäßig zu kürzen.
Höchstregelentgelt
Nachdem das Regelentgelt ermittelt ist, ist es mit dem zu berücksichtigenden Höchstregelentgelt zu vergleichen und, wenn diese Grenze überschritten wird, auf das Höchstregelentgelt zu begrenzen. Das Höchstregelentgelt entspricht dem 360. Teil des Höchstjahresarbeitsverdienstes (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII). Der Höchstjahresarbeitsverdienst ergibt sich aus der Satzung des zuständigen Unfallversicherungsträgers (vgl. § 85 Abs. 2 SGB VII).
Das zu berücksichtigende Höchstregelentgelt richtet sich nicht nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit sondern nach dem Bemessungszeitraum für die Berechnung des Regelentgelts. Maßgeblich ist das Höchstregelentgelt des Kalenderjahres, in das der letzte Tag des Bemessungszeitraums fällt. Verändert sich das Höchstregelentgelt während der Arbeitsunfähigkeit durch eine Satzungsänderung, ergeben sich keine Auswirkungen auf das Verletztengeld. Eine Anpassung des Verletztengeldes an die Entwicklung der Löhne und Gehälter findet nur über die jährliche Anpassung des Verletztengeldes statt (vgl. § 50 Abs. 1 SGB IX).
Höhe des Verletztengeldes
Das Verletztengeld beträgt 80% des kumulierten Regelentgelts; es darf bei Arbeitnehmern das Netto-Arbeitsengelts nicht übersteigen (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VII).Es ist also ein Vergleich des aus dem kumulierten Regelentgelt errechneten Verletztengeldes mit 100% des Netto-Arbeitsentgelts anzustellen. Das Verletztengeld ist ggf. auf das Netto-Arbeitsentgelts zu begrenzen. Dabei ist das Netto-Arbeitsentgelt wie das Regelentgelt nach § 47 Abs. 2 SGB V zu berechnen.
Das Verletztengeld wird nur bei Arbeitnehmern auf das Netto-Arbeitsentgelts begrenzt. Das aus dem Arbeitseinkommen errechnete Verletztengeld beträgt dagegen stets 80 % des Regelentgelts. Eine Begrenzung auf das Netto-Arbeitseinkommens ist nicht vorgesehen.
Günstigkeitsvergleich
Wenn der Versicherungsfalls während einer Schul- oder Berufsausbildung eintritt, dann ist der Jahresarbeitsverdienst neu festzusetzen, wenn dies für den Versicherten günstiger ist (vgl. §§ 47 Abs. 8, 90 Abs. 1, 3 SGB VII). Dies geschieht von dem Zeitpunkt an, in dem die Ausbildung ohne den Versicherungsfall voraussichtlich beendet worden wäre. Der Neufestsetzung wird das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, das in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarifvertrag vorgesehen oder sonst ortsüblich ist.
Eine Berufsausbildung dient der Vermittlung bzw. dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten, die zur späteren Ausübung des Berufes benötigt werden. Daran anknüpfend hat die Rechtsprechung für die Anwendung des § 90 SGB VII eine geregelte, zu einem qualifizierten beruflichen Abschluss führende Ausbildung vorausgesetzt. Dieses Begriffsverständnis deckt sich mit der im Berufsbildungsgesetzes beschriebenen Aufgabenstellung, nach der die Berufsausbildung die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln und den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen hat. Nicht als Berufsausbildung gewertet wurde im Gegensatz dazu eine bloße berufliche Weiterbildung zur Erlangung eines bestimmten Status oder zur Verbesserung der Qualifikation und der beruflichen Chancen und Verdienstmöglichkeiten, und zwar auch dann nicht, wenn während der Weiterbildungsphase – vergleichbar einer Ausbildungssituation – die reguläre Berufstätigkeit unterbrochen und ein niedrigeres Entgelt bezogen wurde. Auch diese Abgrenzung findet ihre Entsprechung im Berufsbildungsgesetz, welches zwischen Berufsausbildung auf der einen und beruflicher Fortbildung auf der anderen Seite unterscheidet.
Bezieher von Leistungen nach dem SGB II und SGB III
Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld erhalten Verletztengeld in Höhe des Betrags der Leistung nach dem SGB III, der zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit bezogen wurde (vgl. § 47 Abs. 2 SGB VII i. V. m. § 47b Abs. 1 SGB V). Einmalzahlungen werden bereits bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes und des Unterhaltsgeldes berücksichtigt, so dass es unmittelbare Auswirkungen auf den Verletztengeldanspruch gibt.
Bei Versicherten, die während des Bezuges von Kurzarbeitergeld arbeitsunfähig erkranken, wird das Verletztengeld nach dem regelmäßigen Arbeitsentgelt berechnet, das zuletzt vor Eintritt des Arbeitsausfalls erzielt wurde (vgl. § 47 Abs. 2 SGB VII i. V. m. § 47b Abs. 3 SGB V). Die Regelung kann dagegen nicht auf das Transferkurzarbeitergeld (vgl. § 216b SGB III) erstreckt werden. Letzteres kann als Sonderleistung nur bei der Bewältigung einer langfristigen Umstrukturierung mit erheblicher Personalanpassung an Arbeitnehmer gezahlt werden, deren Arbeitsverhältnis gekündigt ist oder die entlassen werden sollen. Für diesen Personenkreis wird das Krankengeld nach § 47 SGB V berechnet, indem der letzte abgerechnete Entgeltabrechnungszeitraum vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit herangezogen wird.
Bezieher von Arbeitslosengeld II erhalten Verletztengeld in Höhe des Betrages des Arbeitslosengelds II (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 2 SGB VII). Bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes II werden Einmalzahlungen nicht berücksichtigt, weil es sich nicht um eine beitragsfinanzierte sondern um eine aus Steuermitteln finanzierte Leistung handelt. Hat ein Bezieher von Arbeitslosengeld II einen Anspruch auf Verletztengeld, erbringen die Träger der Leistung nach dem SGB II die bisherige Leistung als Vorschuss auf die Leistungen der Unfallversicherung weiter (vgl. § 25 Satz 1 SGB II). Der Unfallversicherungsträger ist in diesem Umfang erstattungspflichtig (vgl. § 25 Satz 3 SGB II, § 102 SGB X).
Unternehmer
Ist der Versicherungsfall infolge einer Tätigkeit als Unternehmer oder als gleichgestellte Person eingetreten, wird Verletztengeld je Kalendertag in Höhe des 450. Teils des Jahresarbeitsverdienstes gezahlt (vgl. § 47 Abs. 5 Satz 1 SGB VII). Die Satzung des Unfallversicherungsträgers bestimmt die Höhe des Jahresarbeitsverdienstes (vgl. § 83 Satz 1 SGB VII).
Zu berücksichtigen ist der bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit geltende Jahresarbeitsverdienst. Ein Günstigkeitsvergleich ist anzustellen, wenn eine Berufskrankheit die Ursache für Arbeitsunfähigkeit ist (vgl. §§ 84, 9 Abs. 5 SGB VII). Erkrankt der Verletzte im Laufe der Zeit wiederholt an den Folgen des Versicherungsfalls, so ist in jedem neuen Leistungsfall auf den im Zeitpunkt der Wiedererkrankung maßgebenden Jahresarbeitsverdienst abzustellen.
Die Verhältnisse im Zeitpunkt der Wiedererkrankung sind vorbehaltlich einer abweichenden Regelung in der Satzung auch dann maßgebend, wenn der Jahresarbeitsverdienst nach Eintritt des Versicherungsfalls heraufgesetzt wurde und der aktuellen Einkommenssituation des Versicherten nicht (mehr) entspricht. Ein freiwillig versicherter Unternehmer, dessen umgestaltetes Unternehmen zu einem anderen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung überwiesen worden ist, hat wegen eines vor dem Trägerwechsel erlittenen Versicherungsfalles im Falle seiner Wiedererkrankung Anspruch auf Verletztengeld auf der Grundlage des mit dem entschädigungspflichtigen Träger zuletzt satzungsgemäß vereinbarten Jahresarbeitsverdienstes.
Neben dem Jahresarbeitsverdienst ist Verletztengeld auch aus erzieltem Arbeitsentgelt aus einer abhängigen Beschäftigung oder Arbeitseinkommen aus einer anderen Unternehmertätigkeit zu berechnen.
Foto: M. G. / pixelio.de
Hallo,
Ich hatte im Juni 2016 einen Arbeitsunfall erlitten. Bin bis heute noch krank geschrieben. Beziehe seit dem 07.08.2016, ein sogenanntes Verletztengeld von der Berufsgenossenschaft des Bauwesens. Ich bekomme pro Tag, 30 Tage im Monat diese Bezüge. Die Höhe ist pro Tag 52,63€. Dies kommt mir aber etwas wenig vor. Im Monat Mai 2016 hatte ich ein Bruttoeinkommen von 3.107,00€. Mei Netto belief sich auf rund 2.000€.
Nun meine Frage, wer kann mir eine ausführliche Berechnung machen, um die Höhe des Verletztengeldes zu ermitteln. Vielen Dank im voraus
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Ich habe 2014-2016 Übergangsgeld im Rahmen von LTA erhalten. Die Berechnung ist ähnlich glaube ich. Aber mal ehrlich, dass wäre ja nix, wenn jeder sich seine Ansprüche selbst ausrechnen kann… dann hätten die schlauen Sachbearbeiter bei den zuständigen Behörden aufgrund der steigenden Anzahl von SCHRIFTLICHEN WIDERSPRÜCHEN auf ihre Bescheide. ☝♀️
Von der AOK habe damals auch nichts Genaues erfahren.
habe eine Mde von 10-14%,bekommt man da von der Bg ein Entgeld?