Ein Verwaltungsakt ist den Beteiligten des Verwaltungsverfahrens bekannt zu geben (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt entfaltet mit der Bekanntgabe seine Wirksamkeit (vgl. § 39 Abs. 1 SGB X). Damit wird der Verwaltungsakt als staatlicher Hoheitsakt existent; er kann einerseits angefochten werden (äußere Wirksamkeit) und löst andererseits bestimmte Rechtswirkungen aus (innere Wirksamkeit).
Für den Sozialversicherungsträger ist der Verwaltungsakt nunmehr bindend und kann nur unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben werden (vgl. §§ 44 ff. SGB X). Der Verwaltungsakt entfaltet eine Tatbestandswirkung, die von anderen inländischen Behörden und Gerichten zu beachten ist. Schließlich wird durch die Bekanntgabe der Lauf von Rechtsbehelfsfristen in Gang gesetzt.
Voraussetzungen
Eine wirksame Bekanntgabe erfordert, dass
- der Sozialversicherungsträger eine entsprechende Amtshandlung vornimmt, die ihm zurechenbar ist und seinem Bekanntgabewillen entspricht,
- der Verwaltungsakt dem Empfänger zugeht oder zugestellt wird und
- der Empfänger verfahrenshandlungsfähig ist.
Form
Die Bekanntgabe ist an keine bestimmte Form gebunden; die Form liegt vielmehr im Ermessen des Sozialversicherungsträgers. Dieses gilt nicht, wenn eine bestimmte Form der Bekanntgabe vorgeschrieben ist. Die Form der Bekanntgabe muss allerdings stets der Form des Verwaltungsakts entsprechen oder qualifizierter sein. Ein Verwaltungsakt kann somit mündlich, schriftlich oder durch konkludentes Handeln bekannt gegeben werden.
Zeitpunkt
Die Bekanntgabe ist erfolgt, wenn der Verwaltungsakt in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist und bei gewöhnlichem Verlauf und normaler Gestaltung der Verhältnisse mit dessen Kenntnisnahme zu rechnen ist. Tatsächliche Kenntnisnahme durch den Empfänger ist für eine wirksame Bekanntgabe nicht erforderlich.
Beispiele
- Der Adressat eines Verwaltungsakts hat eine Wohnung inne, die den räumlichen Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse bildet. Er hält sich allerdings krankheitsbedingt an seinem Urlaubsort auf; die Rückreise kann vorübergehend nicht angetreten werden. Ein an die Urlaubsanschrift gerichteter Verwaltungsakt wird wirksam bekannt gegeben.
- Ein Verwaltungsakt wird an die Wohnanschrift des Adressaten gerichtet; dieser leert den Hausbriefkasten nur gelegentlich und wirft den Inhalt ungelesen in den Müll. Der Verwaltungsakt ist zu dem Zeitpunkt zugegangen, zu dem normalerweise mit der Leerung des Hausbriefkastens gerechnet werden kann; der Verwaltungsakt gilt damit als bekannt gegeben.
- Der Adressat eines Verwaltungsakts verweigert treuwidrig die Annahme ei-ner persönlich übergebenen Urkunde. Der Verwaltungsakt ist dennoch zu-gegangen und gilt als bekannt gegeben.
Zugangsfiktion
Wird ein schriftlicher Verwaltungsakt in der Bundesrepublik Deutschland durch die Post übermittelt, gilt er mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (vgl. § 37 Abs. 2 SGB X; Zugangsfiktion). Bei der elektronischen Übermittlung gilt der Verwaltungsakt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Die Annahme des Zeitpunkts der Bekanntgabe stellt eine Verwaltungsvereinfachung zugunsten des Beteiligten dar. Für die Bestimmung des Zeitpunkts ist es unerheblich, ob der dritte Tag nach der Aufgabe zur Post auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag fällt. Eine Fristverlängerung wird dadurch nicht bewirkt.
Es gilt die unwiderlegbare Vermutung, dass der Verwaltungsakt mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post bekannt gegeben ist; das gilt auch bei einem früheren Zugang. Der Beteiligte entkräftet die Vermutung, wenn er einfach bestreitet, dass der Verwaltungsakt zugegangen ist oder behauptet, dass er zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Der Sozialversicherungsträger ist im Zweifel hinsichtlich der Tatsache des Zugangs sowie des Zeitpunkts beweis-pflichtig.
Adressat und Drittbetroffene
Der Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist (Adressat) oder der von ihm betroffen wird (Drittbetroffener; vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Drittbetroffene werden spätestens mit der Bekanntgabe zu Beteiligten des Verwaltungsverfahrens. Eine wirksame Bekanntgabe setzt die verfahrensrechtliche Handlungsfähigkeit des Adressaten oder des Drittbetroffenen voraus. Ist diese nicht gegeben, ist der Verwaltungsakt gegenüber dem gesetzlichen Vertreter bekannt zu geben. Bei mehreren gesetzlichen Vertretern genügt die Zustellung an einen von ihnen (vgl. § 7 Abs. 3 VwZG).
Der Verwaltungsakt ist bei mehreren Beteiligten jedem der Beteiligten bekannt zu geben. Der Verwaltungsakt kann nach der Bekanntgabe gegenüber einem Beteiligten auch von den anderen Beteiligten angefochten werden. Die Rechtsbehelfsfrist gegenüber jedem einzelnen Beteiligten läuft unabhängig davon erst mit der individuellen Bekanntgabe.
Öffentliche Bekanntgabe
Eine besondere Form der Bekanntgabe des Verwaltungsakts ist die öffentliche Bekanntgabe (vgl. § 37 Abs. 3, 4 SGB X). Die öffentliche Bekanntgabe ist zulässig, wenn dieses durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgt, indem der verfügende Teil des Verwaltungsakts in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder
- ortsüblich oder
- in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art
bekannt gemacht wird. Die Begründung und die Rechtsbehelfsbelehrung gehören nicht zum verfügenden Teil und werden nicht öffentlich bekannt gegeben. Der Verwaltungsakt und seine Begründung sind für zwei Wochen auszulegen; in der öffentlichen Bekanntgabe ist anzugeben, wo diese eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben.